Hisbollahs Schattenkrieg: Wie der Mord an einem christlichen Politiker aufgedeckt wurde

Hisbollahs Schattenkrieg: Wie der Mord an einem christlichen Politiker aufgedeckt wurde


Israel legt offen, was der libanesischen Öffentlichkeit jahrelang verschwiegen wurde: Der „Unfalltod“ des christlichen Politikers Elias al-Hatzruni war in Wahrheit eine gezielte Hinrichtung durch die Spezialeinheit 121 der Hisbollah. Der Fall zeigt, wie tief die Miliz in das staatliche Gefüge eingedrungen ist – und wie groß die Gefahr für jeden bleibt, der sich ihrer Macht widersetzt.

Hisbollahs Schattenkrieg: Wie der Mord an einem christlichen Politiker aufgedeckt wurde

Die Nachricht selbst hätte im libanesischen Alltag kaum noch Aufsehen erregt: ein Siebzigjähriger, verstorben bei einem späten nächtlichen Verkehrsunfall auf einer Nebenstraße. Doch die Darstellung der Hisbollah war, wie nun feststeht, kein Unfallbericht – sondern eine Lüge zur Verschleierung einer gezielten politisch motivierten Tötung. Die Enthüllung, die vom israelischen Militärsprecher für die arabische Öffentlichkeit veröffentlicht wurde, offenbart Mechanismen, die den Libanon seit Jahren lähmen: Einschüchterung, Gewalt gegen politische Rivalen und ein Klima, in dem Kritik an der schiitischen Miliz ein lebensgefährliches Wagnis bleibt.

Der Ermordete, Elias al-Hatzruni, war kein prominenter Kopf im regionalen Machtkampf, aber ein hartnäckiger Kritiker der iranisch geführten Strukturen im Süden des Landes. Seine klare Ablehnung der Hisbollah machte ihn zum Feind genau jener Organisation, die im Libanon längst weit mehr ist als bewaffnete Miliz. Laut den israelischen Angaben observierte die Einheit 121 – ein interner Apparat für Überwachung und gezielte Tötungen – al-Hatzruni über längere Zeit, bevor sie zuschlug.

Die Vorgehensweise, die nun öffentlich wurde, zeigt die Kälte eines Systems, das Opposition nicht duldet: Zunächst wurde der Politiker abgefangen, dann vergiftet und misshandelt. Mehrere gebrochene Rippen belegen die Brutalität des Überfalls. Damit der Mord nicht als politischer Akt erkennbar war, platzierten die Täter seinen Körper anschließend in seinem Wagen, der in einen Graben gefahren wurde. Die Botschaft war eindeutig: Ein weiterer unbequemer Gegner soll in den Statistiken der Verkehrstoten verschwinden.

Dass die Operation von Einheit 121 ausgeführt wurde, überrascht Kenner des libanesischen politischen Systems kaum. Die Einheit wird seit Jahren mit Attentaten auf Journalisten, Lokalpolitiker und Offiziere in Verbindung gebracht. Sie handelt im Verborgenen, aber mit der Selbstverständlichkeit einer Institution, die sich keiner staatlichen Kontrolle stellen muss. Die Hisbollah selbst agiert mit der Autorität eines Staates im Staat – gestützt durch Iran, geschützt durch ein Netzwerk aus Geheimdienst, Miliz und sozialen Strukturen, die große Teile der Bevölkerung in Abhängigkeit halten.

In Israel unterstreichen die neuen Informationen eine Realität, die der internationale Diskurs oft ignoriert: Die Miliz ist kein „politischer Akteur mit bewaffnetem Arm“, sondern ein bewaffneter Arm, der politische Gegner beseitigt. Der Libanon, wirtschaftlich verarmt und politisch blockiert, kann dieser Macht kaum etwas entgegensetzen. Nicht weil die Gesellschaft das nicht wollte, sondern weil jede Gegenbewegung frühzeitig unterdrückt wird. Das führt zu einer paradoxen Lage: Der Staat existiert formal, aber die Entscheidungsgewalt liegt bei einer Organisation, die empfindet sich nicht als Teil des Landes, sondern als Vorposten des Iran.

Die Reaktionen im Libanon sind gemischt. Viele wissen um die Dominanz der Miliz, doch die Angst bremst offene Kritik. Gleichzeitig wächst der Unmut über die Art und Weise, wie die Hisbollah das Land immer tiefer in wirtschaftliche Not, diplomatische Isolation und militärische Konfrontation führt. Die Enthüllung über den Mord an al-Hatzruni erinnert daran, wie gefährlich es ist, diese Organisation herauszufordern – und wie drängend die Frage bleibt, ob der Libanon jemals eine echte politische Erneuerung erleben kann, solange ein bewaffneter Akteur über Leben und Tod entscheidet.

Auch für Israel ist der Fall mehr als eine Randnotiz. Die Miliz steht an der Nordgrenze, verfügt über Raketenarsenale, Tunnelnetzwerke und eine stets wachsende Kampftruppe. Doch der Blick auf ihren inneren Apparat zeigt, worum es wirklich geht: eine Ideologie, die Gegner im eigenen Volk verfolgt und tötet. Wer im Ausland über Deeskalation und „politische Integration“ spricht, sieht nicht, dass dieser Apparat stabile staatliche Strukturen verhindert – und stattdessen eine Gesellschaft schafft, die aus Angst schweigt.

Mit der Veröffentlichung des Falls will Israel daher nicht nur eine Lüge korrigieren, sondern auch ein Muster sichtbar machen: Die Hisbollah baut ihre Macht nicht durch Zustimmung der Bevölkerung aus, sondern durch Ausschaltung von Kritikern. Ob der Libanon eines Tages die Kraft findet, sich aus dieser Umklammerung zu lösen, bleibt offen – aber der Mord an al-Hatzruni zeigt, wie dringend diese Frage geworden ist.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Tasnim News Agency, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=154816128


Samstag, 15 November 2025

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