Ein riskanter Vorstoß: Warum das geplante Treffen des US-Gesandten mit Hamas-Verhandlern Israel misstrauisch macht

Ein riskanter Vorstoß: Warum das geplante Treffen des US-Gesandten mit Hamas-Verhandlern Israel misstrauisch macht


Der geplante Austausch zwischen Steve Witkoff und Khalil al-Hayya sendet ein Signal, das Israel kaum ignorieren kann. Denn während Washington auf Bewegung hofft, sieht Jerusalem eine gefährliche Verwischung klarer Grenzen.

Ein riskanter Vorstoß: Warum das geplante Treffen des US-Gesandten mit Hamas-Verhandlern Israel misstrauisch macht

Die Nachricht, dass Steve Witkoff, der Sondergesandte der Vereinigten Staaten, ein Treffen mit Khalil al-Hayya vorbereiten soll, wirkt wie ein Schlaglicht auf die unsichere Lage im Nahen Osten. Ausgerechnet jetzt – mitten in einer Phase brüchiger Ruhe, wachsender Unsicherheit und unvollständiger Aufarbeitung der letzten Monate – erwägen die USA ein direktes Gespräch mit dem Chefunterhändler der Hamas, jener Organisation, die Israel seit Jahrzehnten unmissverständlich als Terrorgruppe definiert und deren Strategie auf Einschüchterung, Gewalt und permanenter Unterwanderung der eigenen Bevölkerung beruht. Die Ankündigung mag diplomatisch motiviert sein, doch für Israel steckt dahinter eine gefährliche Botschaft: Die Grenzen zwischen politischem Gesprächspartner und terroristischem Akteur drohen zu verwischen, und genau das hat sich die Hamas über Jahre hinweg erarbeitet.

Das geplante Treffen soll sich Berichten zufolge um mögliche Schritte im Rahmen eines Waffenstillstands und um zukünftige Weichenstellungen drehen. Konkrete Termine existieren noch nicht, doch allein der Umstand, dass Washington diese Option prüft, sorgt in Jerusalem für Unruhe. Denn jede Form von Dialog verschafft der Hamas genau das, was sie seit jeher anstrebt: Anerkennung, Relevanz, Bühne. Israel weiß aus schmerzlicher Erfahrung, dass die Organisation jede diplomatische Öffnung gezielt nutzt, um Zeit zu gewinnen, Strukturen zu festigen und den eigenen Einfluss auszubauen – sei es in den Trümmern von Gaza oder in den Köpfen der Menschen, die sie unter ihre Kontrolle bringt.

Aus israelischer Sicht verschärft sich die Lage dadurch, dass der Vorstoß der USA in eine Phase fällt, in der die internationale Öffentlichkeit zunehmend unter Druck steht, schnelle Lösungen zu präsentieren. Gleichzeitig arbeiten Kräfte innerhalb der Hamas hart daran, ihre Kontrolle im Gazastreifen wieder zu festigen. Dass führende Stimmen in Washington ausgerechnet jetzt ein Gespräch für legitim halten, wirkt auf Israel wie ein Schritt, der fahrlässig Vertrauen in eine Organisation setzt, die jede Waffenruhe als taktische Gelegenheit begreift.

Das Umfeld, in dem diese Begegnung stattfinden könnte, ist politisch aufgeladen: Donald Trumps Administration verfolgt eine Linie, die einerseits klare Grenzen gegenüber Terrorgruppen ziehen will, andererseits aber Wege sucht, Einfluss geltend zu machen, ohne sich in endlosen Konfliktzyklen zu verrennen. Jared Kushners jüngste Gespräche mit Premierminister Benjamin Netanyahu konzentrierten sich daher auf die Kernfrage, die seit Jahren im Raum steht: Wie lässt sich verhindern, dass die Hamas jemals wieder als militärische oder politische Kraft nach Gaza zurückkehrt? Entwaffnung, Entmilitarisierung, Ausschluss aus jeglicher zukünftigen Verwaltung – das sind keine theoretischen Standpunkte, sondern bitter erarbeitete Lehren aus Jahren der Gewalt.

Im Hintergrund steht zudem ein heikler Fall: rund 200 Hamas-Terroristen, die sich in einem Tunnel auf israelischem Gebiet befinden. Dieses Detail zeigt, wie komplex und gefährlich die Lage bleibt. Denn während Diplomaten über politische Architektur sprechen, sitzen Sicherheitskräfte noch immer auf einer Situation, die jederzeit eskalieren kann. Genau hier liegt das Dilemma: Wer jetzt mit der Hamas verhandelt, vermittelt ihr indirekt ein politisches Gewicht, das Israel nur unter größten Vorbehalten tolerieren kann.

Für die israelische Öffentlichkeit spielt auch die Sorge um die entführten und vermissten Menschen eine entscheidende Rolle. Angehörige der Geiseln haben sich ausdrücklich an Witkoff, Vizepräsident JD Vance und die US-Regierung gewandt, aus Angst, dass ihre Liebsten im Schatten diplomatischer Manöver vergessen werden könnten. Ihre Worte sind ein Mahnmal: Solange die Hamas Menschen festhält oder über ihr Schicksal schweigt, kann kein Gespräch unbelastet sein.

Die kürzlich ausgestrahlte 60-Minutes-Sendung, in der Witkoff und Kushner offen über die Verhandlungen sprachen, hat gezeigt, wie tief die Erschütterungen sitzen. Ihr Bericht über die emotionale Rückkehr der Geiseln, die Überraschung nach dem Angriff auf Doha und die mühsame Konstruktion der Waffenruhe führte den Zuschauern vor Augen, wie fragil jede vermeintliche Stabilität bleibt. Genau deshalb wirkt der mögliche Kontakt mit der Hamas auf israelischer Seite wie ein Widerspruch zu den eigenen Grundsätzen: Solange die Hamas versucht, Gaza unter ihre Gewalt zurückzuziehen, darf ihr kein politisches Podium eröffnet werden.

Der diplomatische Spielraum ist eng, und Israel weiß, wie teuer selbst kleine Fehler werden können. Ein Treffen zwischen einem US-Gesandten und einem Hamas-Unterhändler könnte ein Weg sein, Druck auszuüben oder Informationen zu gewinnen – doch es könnte ebenso zu Signalen führen, die die Terrororganisation stärkt und die israelische Sicherheitslage langfristig untergräbt. Der Preis eines Missverständnisses wäre hoch. Für Israel geht es dabei nicht um Symbolik, sondern um Leben, Sicherheit und die Zukunft eines Landes, das seit Jahrzehnten mit einer Organisation konfrontiert ist, die keine Koexistenz anstrebt, sondern Macht durch Angst.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By The White House - https://www.flickr.com/photos/202101414@N05/54503674703/, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=164882754


Sonntag, 16 November 2025

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