Die trügerische Ruhe im Libanon: Israel bereitet sich auf den unvermeidbaren Konflikt vor

Die trügerische Ruhe im Libanon: Israel bereitet sich auf den unvermeidbaren Konflikt vor


Die Stille täuscht: Während Hisbollah schweigt und sich neu formiert, wächst in Jerusalem die Überzeugung, dass die Zeit für Diplomatie abläuft. Israels Sicherheitsapparat bereitet sich inzwischen offen auf ein Szenario vor, das niemand will – aber alle für möglich halten.

Die trügerische Ruhe im Libanon: Israel bereitet sich auf den unvermeidbaren Konflikt vor

Die Ruhe an der libanesischen Grenze ist keine Entspannung, sondern ein Vorbote einer möglichen nächsten Eskalation. Seit Wochen reagiert Hisbollah nicht auf gezielte israelische Angriffe gegen seine Infrastruktur im Süden des Landes. Diese auffällige Zurückhaltung sorgt in Jerusalem weniger für Erleichterung als für wachsende Besorgnis. Denn in Israels Sicherheitskreisen herrscht die Einschätzung, dass die Terrororganisation die Zwischenzeit nutzt, um ihre militärischen Fähigkeiten zu reparieren, Waffenbestände wieder aufzufüllen und neue Angriffsachsen vorzubereiten – bewusst unterhalb der Schwelle, die zu einem israelischen Gegenschlag führt.

Die Logik des Schweigens: warum Hisbollah derzeit nicht reagiert

Hisbollah weiß, was im Fall einer offenen Konfrontation droht. In Israel ist die Bereitschaft groß, eine Kriegsrunde im Norden nicht mehr zu begrenzen, sondern strategisch zu beenden – inklusive der Zerstörung militärischer Kapazitäten, die seit Jahren gegen Israel aufgebaut wurden. Aus Sicht des Terrornetzwerks wäre ein solcher Krieg jetzt kaum zu verkraften: der Iran ist geschwächt, die Lieferketten stehen unter Druck, und die eigenen Stellungen im Südlibanon wurden durch gezielte israelische Operationen bereits empfindlich getroffen.

Gerade deshalb versucht Hisbollah, die Lage zu „managen“. Keine Raketenserien, keine spektakulären Grenzattacken – nur minimale Reibung. Das Schweigen dient als Schutzschild, um ungestört weiter aufzurüsten. Doch genau diese Strategie verstärkt Israels Misstrauen. Jerusalem sieht die Organisation dabei, wie sie mit internationaler Schutzbehauptung im Rücken wieder genau jene Strukturen errichtet, die vor Jahren im Rahmen von Resolutionen entfernt werden sollten.

Libanons Rolle: zwischen Unfähigkeit und Gleichgültigkeit

Die Regierung in Beirut präsentiert sich nach außen als verantwortungsbewusst. Doch im Süden findet de facto keine Durchsetzung staatlicher Autorität statt. Eine Liste mit präzisen Zielpunkten, die Israel über internationale Kanäle hinterlegte – Tunnel, Waffenlager, Abschussrampen –, blieb unbearbeitet. Nichts wurde zerschlagen, nichts geräumt, nichts kontrolliert.

Für Israel ist das ein strategischer Weckruf: Der Libanon behauptet Kontrolle, übt sie aber nicht aus. Zwischen Anspruch und Realität liegen Kilometer verwahrloster Territorien, die von Hisbollah beherrscht werden. Diese Diskrepanz führt in Jerusalem zu wachsender Frustration – und zu der Erkenntnis, dass Abwarten gefährlicher geworden ist als Handeln.

Was Israel wirklich befürchtet

Sicherheitskreise sprechen mittlerweile offen darüber, dass Hisbollah die aktuelle Phase nutzt, um die Raketenarsenale zu erweitern. Sollten sie wieder vollständig einsatzbereit sein, wären die Folgen für die Zivilbevölkerung verheerend: breit gestreute Kurzstreckenraketen im Norden, Mittelstreckenraketen Richtung Haifa und Küstenregion, Langstreckensysteme, die den Großraum Jerusalem erreichen könnten. Die Vorstellung, dass Israel bei der nächsten Attacke nur reagieren könnte, ist für das Land untragbar — nicht strategisch, nicht moralisch, nicht sicherheitspolitisch.

Der Punkt ohne Rückweg

Die israelische Führung betont, dass sie keine Eskalation sucht. Doch gleichzeitig wird in der Armee intensiv über Szenarien eines größeren militärischen Eingreifens beraten. Nicht als Option der Wahl, sondern als Konsequenz, falls der Libanon weiterhin untätig bleibt und Hisbollah seine Militarisierung fortsetzt. In Sicherheitskreisen heißt es nüchtern: „Wenn das Fenster für Diplomatie schließt, bleibt Israel nur die Option eines präventiven Handelns.“

Ein solcher Schritt wäre dramatisch – aber er ist längst kein hypothetisches Gedankenspiel mehr. Denn die Alternative wäre, eine Organisation gewähren zu lassen, die sich offen zum Angriff auf Israel bekennt und gleichzeitig an einem Netzwerk aus Raketenstellungen, Drohnenbasen und Kommandozentralen arbeitet.

Was auf dem Spiel steht

Der Norden Israels kann nicht dauerhaft in einem Zustand zwischen „fast Krieg“ und „noch kein Krieg“ existieren. Zehntausende Menschen sind seit Monaten evakuiert, ganze Städte bleiben entvölkert, Gemeinden dürfen nicht zurückkehren, weil die Bedrohungslage unverändert hoch ist. Diese Realität ist – aus israelischer Sicht – untragbar. Entweder Libanon übernimmt Verantwortung oder Israel wird gezwungen sein, die Bedrohung selbst zu beseitigen.

Die Stille am Grenzzaun ist deshalb keine Chance auf Frieden. Sie ist eine Pause, die Hisbollah nutzt – und die Israel immer weniger hinnehmen kann.


Autor: Redaktion
Bild Quelle:


Donnerstag, 20 November 2025

haOlam via paypal unterstützen


Hinweis: Sie benötigen kein PayPal-Konto. Klicken Sie im nächsten Schritt einfach auf „Mit Debit- oder Kreditkarte zahlen“, um per Lastschrift oder Kreditkarte zu unterstützen.
empfohlene Artikel
weitere Artikel von: Redaktion

haOlam.de – Gemeinsam in die Zukunft

Nach dem Tod des Herausgebers führen wir haOlam.de weiter. Für dieses umfangreiche Projekt suchen wir finanzielle Unterstützer sowie Anregungen und Hinweise zu technischen Fehlern während der laufenden Überarbeitung.

Kontakt: redaktion@haolam.de

Danke für eure Unterstützung!


meistgelesene Artikel der letzten 7 Tage