Regierung ringt um harte Linie gegen extremistische SiedlergruppenRegierung ringt um harte Linie gegen extremistische Siedlergruppen
Nach einer Serie schwerer Übergriffe von jüdischen Extremisten in Judäa und Samaria sucht die Regierung nach wirksamen Mitteln – doch in Jerusalem prallen politische Grundsätze, sicherheitspolitische Warnungen und gesellschaftliche Verantwortung frontal aufeinander.
Die jüngste Sondersitzung im Amtssitz des Premierministers hat offengelegt, wie tief die Risse inzwischen verlaufen, wenn es um den Umgang mit nationalistischer Gewalt in Judäa und Samaria geht. Das Treffen, einberufen von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, brachte Spitzen der Regierung, der Sicherheitsbehörden und der zuständigen Ministerien zusammen. Alle einte der dringende Anlass: Die Zahl der Übergriffe durch extremistische Gruppen aus dem Umfeld der sogenannten Hügeljugend hat in den vergangenen Wochen sichtbar zugenommen – Angriffe auf Palästinenser, Brandstiftungen, zerstörte Fahrzeuge, aber auch Gewalt gegen IDF-Soldaten und israelische Zivilisten.
Was die Sitzung so bedeutsam macht: Zum ersten Mal seit Monaten stellte sich die Regierung der Tatsache, dass diese Gewalt nicht nur die Sicherheit in Judäa und Samaria belastet, sondern zunehmend Israels internationale Stellung gefährdet. Selten war das so deutlich wie nach den Kommentaren des US-Botschafters Mike Huckabee, der die Ausschreitungen offen als „Terrorakte“ bezeichnete – Worte, die in Jerusalem hängen blieben.
Innenpolitisch begann die Debatte bei den juristischen Werkzeugen. Die Frage, ob administrative Haftbefehle gegen jüdische Extremisten wieder eingeführt werden sollen, spaltete das Kabinett. Verteidigungsminister Israel Katz stellte sich klar dagegen. Er unterstrich, dass die frühere Praxis aus seiner Sicht mehr Hass und Radikalisierung produziert habe, anstatt Gewalt zu verhindern. Manche Kollegen sahen das anders und drängten auf eine Wiedereinführung, doch zu einer Entscheidung kam es nicht.
Parallel dazu sprach der Kommandeur des Zentralkommandos der IDF, Generalmajor Avi Bluth, Klartext. Seine Einschätzung war ernüchternd: Die üblichen Lösungsansätze aus Erziehung, Prävention und Sozialarbeit greifen bei den betreffenden Gruppen kaum. Die Jugendlichen, die zum Kern der extremistischen Riots gehören, leben vielfach ohne Bindung an staatliche oder schulische Strukturen, fern von jeder Institution, die sie erreichen könnte. Wer glaubt, man könne sie „reintegrieren“, unterschätze die Realität vor Ort.
Das Bildungsministerium legte dennoch einen umfassenden Plan über 80 Millionen Schekel vor: Teams aus Psychologen, Sozialarbeitern und Pädagogen sollen direkt in die entlegenen Außenposten entsandt werden. Die Hoffnung: Persönliche Gespräche, Kontaktangebote und niedrigschwellige Interventionen könnten zumindest einen Teil der Gewaltspirale bremsen. Doch selbst Vertreter des Ministeriums räumten ein, dass nicht wenige Täter gar nicht aus Judäa und Samaria stammen, sondern aus anderen Landesteilen anreisen, um gezielt Unruhe zu stiften.
In der Sitzung wurde spürbar, wie sehr sich die Lage zuspitzt. Die Regierung steht unter Druck: Die IDF muss auf zwei Fronten zuverlässig funktionieren – gegen die Terrororganisationen, die im Norden und Süden weiterhin Bedrohungen aufbauen, und parallel gegen einen kleinen, aber gefährlichen Kreis israelischer Extremisten, die das staatliche Gewaltmonopol offen infrage stellen. Jeder Angriff auf Soldaten, jeder Brand im Dorf eines Nachbarn untergräbt die innere Stabilität, die Israel so dringend braucht.
Der Premierminister hatte die Übergriffe bereits öffentlich verurteilt, doch die Sitzung machte deutlich: Worte reichen nicht mehr aus. Es geht um die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats, um die Verantwortung einer Regierung, die Gewalt von Israelis nicht anders behandeln darf als Gewalt gegen Israelis. Die Spirale nationalistischer Straftaten bedroht nicht nur Palästinenser in Judäa und Samaria, sondern auch das Fundament Israels selbst – einen Staat, der sich auf Ordnung, Gesetz und moralische Selbstbeherrschung stützt.
Die große Frage bleibt offen: Wird die Regierung den Mut aufbringen, die nötigen Entscheidungen zu treffen? Oder ringen politische Rücksichten die Sicherheitslogik nieder? In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob Jerusalem bereit ist, konsequent gegen jene vorzugehen, die Israels Werte verletzen, während sie vorgeben, sie zu verteidigen.
Autor: Redaktion
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Freitag, 21 November 2025