Neue Studie: Vollständige Ernährungsselbstversorgung für Israel kaum realisierbar

Neue Studie: Vollständige Ernährungsselbstversorgung für Israel kaum realisierbar


Forschung der Hebräischen Universität zeigt: Israel könnte sich im Notfall vegetarisch selbst versorgen – aber nur zu sehr hohen volkswirtschaftlichen Kosten.

Neue Studie: Vollständige Ernährungsselbstversorgung für Israel kaum realisierbar

Eine neue Studie der Hebräischen Universität in Jerusalem kommt zu dem Ergebnis, dass Israel zwar theoretisch in der Lage wäre, seine Bevölkerung rein pflanzlich zu ernähren, eine vollständige Ernährungsselbstversorgung jedoch weder wirtschaftlich noch strukturell realistisch sei. Die Untersuchung wurde von Prof. Iddo Kan, Prof. Israel Finkelshtain, Doktorand Yehuda Slater und Prof. Aron Troen erstellt und im Fachjournal Food Policy veröffentlicht.

Die Forscher entwickelten ein detailliertes Modell („VALUE“ – Vegetative Agriculture Land Use Economics), das analysiert, in welchem Ausmaß Israels Agrarsektor den Nahrungsbedarf der Bevölkerung decken könnte. Grundlage waren die landwirtschaftlichen Daten des Jahres 2019.

Nur pflanzenbasierte Ernährung wäre theoretisch möglich

Laut den Berechnungen wäre Israel in der Lage, eine Ernährung nach den Empfehlungen der EAT-Lancet-Kommission – also überwiegend pflanzenbasiert – selbst zu produzieren. Allerdings nur unter erheblichen strukturellen Anpassungen:

  • eine deutliche Verschiebung der Produktion hin zu Getreide, Hülsenfrüchten und Ölsaaten

  • eine Reduktion der aktuell starken Ausrichtung auf Obst- und Gemüseanbau

  • ein hoher Flächenbedarf bei gleichzeitig begrenzten nutzbaren Agrarflächen

Tierhaltungsbasierte Produkte wie Fleisch und Milch könnten im Fall einer Importunterbrechung nicht annähernd im heutigen Umfang erzeugt werden. Die Studie betont, dass die Versorgung einer vollständig vegetarischen Bevölkerung kurzfristig möglich wäre, die Aufrechterhaltung des heutigen Konsummusters jedoch nicht.

Wirtschaftliche Belastung von über 1,5 Milliarden US-Dollar jährlich

Die Forscher berechneten, dass vollständige Selbstversorgung zu einem jährlichen Wohlfahrtsverlust von rund 1,5 Milliarden Dollar führen würde. Um die dafür notwendige Umstrukturierung der Landwirtschaft zu erreichen, wären staatliche Subventionen notwendig, die den Gesamtgewinn des Agrarsektors übersteigen würden.

„Vollständige Autarkie würde zwar eine symbolische Stärke vermitteln, aber zu sehr hohen wirtschaftlichen und sozialen Kosten führen“, so die Autoren.

Internationale Vergleiche: Israel keine Ausnahme

Die Studie verweist darauf, dass viele wirtschaftlich starke Staaten stärker von Lebensmittelimporten abhängig sind als oft angenommen, darunter Japan, die Niederlande oder Malta. Weltweit gibt es weniger als zehn Länder, die sämtliche Nahrungsmittel vollständig selbst anbauen.

Gleichzeitig zeigt die Untersuchung, dass weltweite Krisen – wie Lieferkettenstörungen, Exportstopps oder regionale Konflikte – Israel verwundbar machen. Besonders im Getreidebereich ist das Land weiterhin auf Importe angewiesen.


Weitere Herausforderungen: demografischer Wandel und klimatische Faktoren

Die Forscher identifizieren zusätzliche strukturelle Hindernisse:

  • eine alternde landwirtschaftliche Bevölkerung

  • sinkende Attraktivität des Berufs für jüngere Generationen

  • wachsende klimatische Belastungen, die die Produktionsbedingungen in Israel und weltweit verändern

  • begrenzte Ausdehnungsmöglichkeiten landwirtschaftlicher Nutzflächen

Empfehlung: Kombination aus lokalen Ressourcen und diversifizierten Importen

Anstatt vollständige Autarkie anzustreben, empfehlen die Wissenschaftler ein mehrgleisiges Modell:

  • Förderung technologischer Innovation in der Landwirtschaft

  • Ausbau strategischer Nahrungsmittelreserven

  • Diversifizierung von Importquellen

  • gezielte Unterstützung lokaler Produktion, ohne sie vollständig umzustrukturieren

Das Modell der Forscher wurde bereits in das nationale Programm „Food Security 2050“ des israelischen Landwirtschaftsministeriums integriert.

„Unser Ziel ist es nicht, gegen lokale Landwirtschaft zu argumentieren“, so Prof. Kan. „Es geht darum, tragfähige Strategien zu entwickeln, die Versorgungssicherheit gewährleisten, ohne die ökonomischen Grundlagen des Agrarsektors zu gefährden.“


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By David Shankbone - Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=145032940


Samstag, 22 November 2025

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