Hebron zeigt sein wahres Gesicht: Eine Stadt zwischen religiöser Glut, Hamas-Herrschaft und dem Zerfall jeder HoffnungHebron zeigt sein wahres Gesicht: Eine Stadt zwischen religiöser Glut, Hamas-Herrschaft und dem Zerfall jeder Hoffnung
Ein Besuch in der Stadt, aus der zwei 18-jährige Terroristen zum Mord aufbrachen, offenbart eine Realität, die kaum noch Raum für Illusionen lässt. Hebron 2025 ist ein Brennpunkt aus Indoktrination, Angst – und wenigen Stimmen, die unter hohem Risiko am Gedanken des Zusammenlebens festhalten.
Wer heute durch Hebron fährt, merkt schnell, wie dünn der Faden ist, an dem diese Stadt hängt. Die Straßen sind belebt, Händler verkaufen Kaffee, Stoffe, Süßigkeiten – und doch ist die Atmosphäre schwer. Unter der Oberfläche brodelt etwas, das jeder spürt und niemand ausspricht. Einige Stunden nach einem Besuch in genau diesen Straßen verließen zwei junge Männer aus der Stadt ihre Häuser, fuhren los – und ermordeten in Gush Etzion den 71-jährigen Aharon Cohen.
Der Gegensatz zwischen dem alltäglichen Leben und der allgegenwärtigen Gewalt ist so brutal wie präzise: Hebron ist ein Ort, in dem Normalität nur die Fassade für eine Realität ist, die von Hamas geprägt, durchsetzt und getragen wird. 55 Prozent der Bewohner sympathisieren laut Umfragen offen mit der Terrororganisation. Eine Zahl, die keinen Interpretationsspielraum mehr lässt.
Die Indoktrination beginnt im Klassenzimmer
Mounir, ein Unternehmer aus Hebron, betreibt im jüdischen Gush Etzion eine Werkhalle, in der Israelis und Palästinenser seit Jahren Seite an Seite arbeiten. Für ihn war das selbstverständlich – bis seine Tochter aus der Schule nach Hause kam und fragte, ob er „keine Angst habe, von Israelis getötet zu werden“.
Diese Angst kommt nicht aus dem Nichts. Sie wird in Klassenzimmern erzeugt, in denen Lehrer Kindern eintrichtern, dass Juden potenziell tödliche Bedrohungen seien. Selbst wenn Familien direkten Kontakt zu Israelis haben, können sie dem Klima der Angst und der ideologischen Manipulation kaum entkommen. Mounir nahm seine Tochter mit zur Arbeit, ließ sie die Menschen kennenlernen, die ihr als Feinde dargestellt wurden – doch in der Schule wurde dieses Bild sofort wieder zerstört.
Das ist die eigentliche Macht der Hamas in Hebron: nicht die Waffen, sondern die Erziehung.
Die religiöse Hülle – und das, was darunterliegt
Hebron ist in sich tief religiös. Der Name al-Khalil, „der Freund Gottes“, verweist auf Abraham. Moscheen sind voll, Spenden fließen reichlich – doch ein Teil dieser Gelder landet bei Hamas. Die Organisation nutzt religiöse Strukturen seit Jahren, um ihre Macht zu verankern. In einer Stadt, in der Identität und Glaube eng miteinander verwoben sind, ist diese Verbindung besonders gefährlich.
Selbst Geschäftsleute, die nicht zur Hamas tendieren, sagen offen: „Wir reden ohne Namen, ohne Kamera.“ Seit dem 7. Oktober ist die Angst allgegenwärtig. Wer öffentlich Kritik äußert, riskiert sein Leben. Jeder Satz kann falsch verstanden werden – und jeder Fehler kann tödlich sein.
Die Universität als Symptom der Zerrissenheit
In der Polytechnic-University studieren 13.000 junge Männer und Frauen. Hier lernte einer der Terroristen, die Aharon Cohen ermordeten, das Fach Pflege – ein Beruf, dessen Kern das Retten von Leben ist. Und dennoch wählte er die Gewalt. Das ist kein persönischer Widerspruch, sondern das Produkt einer Umgebung, in der Hass normalisiert und Terror moralisch aufgeladen wird.
Wenn ein künftiger Krankenpfleger zum Mörder wird, zeigt das die Tiefe des Problems.
Zwischen zwei Gesellschaften – und keinem sicheren Boden
In den Straßen rund um Bab al-Zawiya mischen sich Armut, religiöse Hingabe, Überzeugung, Wut und Resignation. Wer in Hebron lebt, sieht den israelischen Sektor nur wenige hundert Meter entfernt – gleichzeitig sieht er, wie jede Annäherung in den Augen der Hamas als Verrat gilt.
Gleichzeitig wächst der Frust über die eigene politische Führung. Viele Menschen in der Stadt haben die Hoffnung auf die Palästinensische Autonomiebehörde längst verloren. Korruption, Perspektivlosigkeit und völlige Abhängigkeit von äußeren Kräften bestimmen den Alltag.
Und doch: Viele wissen genau, was nach dem 7. Oktober passieren sollte. „Die Leute wollten eine Intifada“, sagt Ahmed, einer der Gesprächspartner. „Aber sie verstehen, dass sie nur verlieren würden.“ Die Erkenntnis ist da – aber sie bleibt unfähig, die Dynamik vor Ort zu verändern.
Die zerstörte Wirtschaft und die Rolle der Hamas
Vor dem 7. Oktober arbeiteten 200.000 Palästinenser regelmäßig in Israel. Die daraus resultierenden 80 Millionen Schekel pro Tag waren der Motor der palästinensischen Ökonomie. Mit einem Schlag brach dieser Motor zusammen – und Hamas füllte das Vakuum.
Wer keinen Job mehr hat, bekommt Geld von Hamas. Nicht dafür zu arbeiten, sondern dafür zu hassen. So entsteht der Weg vom arbeitslosen Familienvater zum Terroristen – nicht durch Ideologie allein, sondern durch soziale Kontrolle.
Der Exodus der letzten Brückenbauer
Mounir, der jahrelang den Versuch eines echten Miteinanders verkörperte, hat aufgegeben. Er wird seine Familie nach Dubai bringen. Den Betrieb in Hebron wird er weiterführen, aber er weiß: Für seine Tochter hat diese Stadt keine Zukunft mehr. Für Menschen, die an ein Zusammenleben glauben, gibt es kaum noch Raum.
Man spürt seine Enttäuschung, aber auch seine Klarheit: „Nicht alle Palästinenser wollen Terror. Die Mehrheit will nur leben. Aber die, die laut sind, dominieren. Wenn wir das nicht ändern, wird das Blut weiter fließen.“
Hebron 2025 zeigt, wie gefährlich die Kombination aus religiöser Indoktrination, Angst, wirtschaftlicher Not und Hamas-Herrschaft ist. Eine Stadt, die einmal ein Ort der Begegnung hätte sein können, ist zum Mahnmal geworden – dafür, wie schnell Hass eine ganze Gesellschaft neu formt.
Autor: Bernd Geiger
Bild Quelle:
Samstag, 22 November 2025