Hamas-Führung in Kairo: Ägypten konfrontiert die Terrororganisation mit der Lage im Süden Gazas

Hamas-Führung in Kairo: Ägypten konfrontiert die Terrororganisation mit der Lage im Süden Gazas


In Kairo trifft Ägyptens Geheimdienstchef auf die Hamas-Delegation – nicht als Partner, sondern als schwer belasteten Akteur eines brüchigen Waffenstillstands. Hinter den Kulissen tobt der Kampf um die letzten Tunnelzellen im Süden Gazas.

Hamas-Führung in Kairo: Ägypten konfrontiert die Terrororganisation mit der Lage im Süden Gazas

Die Begegnung in Kairo, zu der Ägyptens Geheimdienstchef eine hochrangige Hamas-Delegation empfing, zeigt die ganze Zerbrechlichkeit der Lage im südlichen Gazastreifen. Die Terrororganisation reist nicht als souveräner Gesprächspartner an, sondern als militärisch geschwächte Kraft, die politischen Rückhalt dringend braucht. Seit dem Waffenstillstand, den Ägypten, Katar und die Vereinigten Staaten vermittelt haben, versucht Hamas, sich als verantwortungsbewusster Akteur darzustellen – eine Fassade, die bei näherem Blick sofort bricht. Denn während die Organisation öffentlich beteuert, sie halte sich an die »erste Phase des Abkommens«, richten sich ihre Anschuldigungen gegen Israel gerade in dem Moment, in dem sie die Kontrolle über ihre letzten Tunnelzellen zu verlieren droht.

In Jerusalem sieht man die Szene mit klarem Blick: Hamas versucht, Zeit zu gewinnen. Die Delegation reiste nach Kairo, um Einfluss zu behalten, nicht um Stabilität zu schaffen. Das zeigt schon der Inhalt ihrer Erklärung. Die Terrororganisation beschuldigt Israel pauschal, den Waffenstillstand zu verletzen, liefert aber keinerlei nachprüfbare Beispiele. Gleichzeitig fordert sie einen neuen Mechanismus, der angebliche Verstöße dokumentieren soll – eine Forderung, die vor allem ein Ziel hat: Verantwortung verschieben und die eigene Verletzung des Abkommens verdecken. Denn wer auf Transparenz pocht, könnte sie selbst anbieten. Hamas tut das Gegenteil.

Der wohl brisanteste Punkt der Gespräche betrifft jene Terrorzellen, die sich weiterhin im Tunnelsystem von Rafah befinden. Der Kontakt zu ihnen sei abgebrochen, behauptet Hamas. Doch dahinter steht kein technisches Problem, sondern ein strategisches Desaster. Teile der Tunnel liegen in Gebieten, die von israelischen Streitkräften kontrolliert werden. Dort sitzen erfahrene Kämpfer fest, die seit Wochen weder strukturiert kommunizieren noch operativ handeln können. Für Ägypten ist das ein sicherheitspolitisches Risiko. Jede Bewegung bewaffneter Hamas-Mitglieder in Richtung Sinai könnte das mühsam stabilisierte Grenzgebiet gefährden. Dass dieser Punkt in der Begegnung eine wichtige Rolle spielte, zeigt, wie nervös die Vermittlerstaaten sind.

Auch die Ereignisse der vergangenen Tage machen deutlich, wie fragil der Waffenstillstand ist. Israels Armee meldete die Tötung mehrerer hochrangiger Hamas-Mitglieder, nachdem ein Terrorist durch einen Tunnel ins israelisch kontrollierte Gebiet vorgedrungen war und dort Soldaten angriff. Die Aktion zeigt, dass Hamas trotz der Feuerpause weiterhin versucht, operative Zellen zu erhalten und Angriffe zu planen. Damit unterläuft sie genau das Abkommen, dessen Einhaltung sie Israel gegenüber einfordert. Die Terrororganisation spricht von »Verstößen«, während ihre eigenen Kämpfer gleichzeitig mit gezielten Angriffen provozieren. In der Logik der Hamas ist dieses Verhalten konsistent. In der Realität zerstört es die Grundlage für jeden glaubwürdigen politischen Prozess.

Gesundheitsbehörden in Gaza sprechen von zivilen Opfern durch israelische Luftangriffe. Doch der Kontext bleibt entscheidend: Israels Militär reagiert auf konkrete Bedrohungen, die von jenen verbliebenen Hamas-Strukturen ausgehen, die ihre Tunnelanlagen weiterhin als Schutzräume, Waffendepots und Ausgangspunkte für Angriffe nutzen. Solange Hamas diese Netzwerke nicht offenlegt, sondern schützt, bleibt jeder Waffenstillstand ein Zwischenzustand, der jederzeit kollabieren kann.

Dass Hamas in Kairo betont diplomatisch auftritt, gehört zu ihrer Taktik. Nach Monaten massiver militärischer Verluste und wachsender internationaler Ungeduld versucht die Organisation, den Eindruck von politischer Handlungsfähigkeit zu bewahren. Doch die Vermittler kennen diese Muster. Ägypten, das traditionell die Rolle des stabilisierenden Vermittlers spielt, weiß, dass Hamas weniger an einer Lösung als an der Erhaltung ihrer Reststrukturen interessiert ist. Für Katar ist Glaubwürdigkeit entscheidend, für die USA die dauerhafte Reduzierung der Gewalt. Und für Israel bleibt unverändert zentral, dass die Terrororganisation ihre militärische Infrastruktur nicht wieder aufbauen kann.

Die Begegnung in Kairo zeigt deshalb vor allem eines: Die politischen Rituale laufen weiter, doch der Kern des Problems ist unverändert. Hamas bleibt eine Terrororganisation, deren Existenzprinzip auf Konfrontation, Gewalt und Untergrundnetzwerken beruht. Ein Waffenstillstand kann sie taktisch nutzen, aber nicht dauerhaft mittragen. Die Menschen in Israel wissen das. Die Vermittler wissen es ebenfalls. Und selbst Ägypten erkennt, dass es keinen echten Fortschritt geben kann, solange die Tunnel unter Rafah die letzte Bastion eines Systems sind, das Gewalt über jede politische Realität stellt.

Die Frage ist daher nicht, ob das Treffen in Kairo den Waffenstillstand retten kann. Es zeigt vielmehr, warum dieser Waffenstillstand so zerbrechlich bleibt: weil eine Seite nicht an Stabilität interessiert ist, sondern an Überlebensräumen. Und diese Räume schrumpfen – im wörtlichen wie im politischen Sinn.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Tasnim News Agency, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=154207874


Montag, 24 November 2025

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