Irans Macht bröckelt: Huthis und irakische Milizen entziehen sich der Steuerung

Irans Macht bröckelt: Huthis und irakische Milizen entziehen sich der Steuerung


Teheran verliert Einfluss auf die Huthis im Jemen. Während der Iran nach dem Zusammenbruch seiner regionalen Stellvertreterstruktur taumelt, handeln die Huthis zunehmend eigenständig – und das in einer Zeit, in der der „Widerstandsachse“ die strategische Richtung fehlt.

Irans Macht bröckelt: Huthis und irakische Milizen entziehen sich der Steuerung

Eine der konstantesten Illusionen iranischer Außenpolitik war die Annahme, man könne bewaffnete Gruppen dauerhaft steuern, formen und im entscheidenden Moment lenken. Doch nun zeichnen hochrangige iranische Funktionäre selbst ein anderes Bild. Gegenüber dem Telegraph gaben sie zu: Die Huthis hören nicht mehr. Der wichtigste verbliebene Stellvertreter des Regimes entwickelt Eigendynamik – und das zu einem Zeitpunkt, an dem Teheran ohnehin angeschlagen ist.

Ein Netzwerk zerbricht – und sagt es selbst

Ein leitender iranischer Funktionär brachte es offen auf den Punkt: Die Huthis seien „außer Kontrolle“, handelten „eigenmächtig“ und ignorierten Anweisungen. Und er fügte hinzu, was in Teheran seit Wochen hinter verschlossenen Türen diskutiert wird: Auch irakische Milizen zeigen zunehmende Absetzbewegungen. Gruppen, die über Jahre hinweg als verlängerter Arm des Regimes fungierten, verhalten sich plötzlich so, als hätten sie „nie Kontakt mit Iran gehabt“.

Diese Offenheit überrascht – und sie zeigt die Tiefe der aktuellen Krise. Der 12-Tage-Krieg zwischen Israel und Iran, der erst vor Kurzem endete, hat die regionale Struktur Teherans schwer beschädigt. Hisbollah in Libanon wurde strategisch und personell getroffen, Hamas in Gaza isoliert. Übrig bleibt ein Netzwerk von Gruppen, das zwar aus iranischer Unterstützung hervorging, aber längst nicht mehr unter iranischer Steuerung steht.

Huthis: Aus Verbündeten werden Akteure mit eigenen Zielen

Teherans Versuch, die Kontrolle zurückzugewinnen, führte zuletzt zu einem hochrangigen Besuch eines IRGC-Kommandeurs in Sanaa. Doch selbst dieser direkte Eingriff scheint wenig verändert zu haben. Die Huthis haben ihre Lieferwege neu aufgebaut, ihre Waffen besser versteckt und Strukturen geschaffen, die weniger abhängig von iranischer Anleitung sind.

Ein ehemaliger jemenitischer Diplomat beschrieb die Lage nüchtern: Die Huthis bräuchten niemanden, der sie antreibt. Ihre Ideologie, ihre Narrative und ihre religiöse Selbstverortung sind stark genug, um eine eigene Agenda zu verfolgen – selbst wenn sie weiterhin taktisch mit dem Iran kooperieren.

Im Kern zeigt sich: Die Huthis sind keine klassische Stellmacht mehr. Sie sind ein eigenständiger Akteur, der Iran zwar nutzt, aber nicht mehr folgt.

Wo Iran wegsieht – und die Region spürt die Konsequenzen

Die Spannungen zwischen Teheran und den Huthis eskalierten bereits im April, als die USA massive Luftangriffe durchführten und Iran es bewusst vermied, offen einzugreifen. Die Botschaft kam an: Teheran wollte keine weitere Eskalation. Die Huthis jedoch verstärkten danach ihre Raketenarsenale, festigten die Kontrolle über Sanaa und intensivierten Aktivitäten, die weit über regionale Einflussnahme hinausgehen – von Waffenhandel über Drogenrouten bis zur Erhebung eigener Steuern.

Parallel dazu wächst der Frust irakischer Milizen. Ein iranischer Funktionär räumte ein, diese Gruppen seien mehrfach aufgefordert worden, ihre Aktivitäten zu pausieren – erfolglos. Auch hier verlieren Anweisungen aus Teheran an Gewicht.

Die strategische Ohnmacht Teherans

Dass der Iran nicht einmal an den jüngsten Waffenruhegesprächen in Scharm el-Scheich teilnahm, obwohl das Thema Hamas, Gaza und regionale Spannungen betraf, wirkte wie eine symbolische Bestätigung seiner geschwächten Position. Iranische Funktionäre sagten selbst, man habe „das Spiel verloren“.

Gleichzeitig warnt ein Bericht aus regionalen Sicherheitskreisen, dass innerhalb der Huthis interne Unruhe herrscht und selbst IRGC-Berater in Sanaa keinen Einfluss mehr auf den strategischen Kurs der Bewegung haben. Die Huthis seien, so der Bericht, „ein Spiegelbild der eigenen Verwirrung in Teheran“.

Ein System ohne Richtung – und Stellvertreter, die eigene Wege gehen

Die Rückkehr des berüchtigten Quds-Force-Kommandeurs Abdolreza Shahlaei nach Jemen zeigt, wie verzweifelt Teheran versucht, seinen letzten funktionierenden Partner zu binden. Die USA setzen 15 Millionen Dollar Kopfgeld auf ihn aus – ein Hinweis darauf, wie zentral er für Irans regionale Operationen ist.

Doch selbst Shahlaei kann eine strategische Entwicklung nicht umkehren, die sich längst verselbstständigt hat: Die Huthis handeln wie ein Franchiseunternehmen, das zwar von iranischer Unterstützung profitiert, aber wirtschaftlich, territorial und ideologisch längst eigene Ziele verfolgt.

Iran braucht sie. Die Huthis brauchen Iran weit weniger.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By قناة بلقيس الفضائية Belqees TV - تزايد التوتر في المنطقة .. وإصرار حوثي على تبني هجوم أرامكو رغم اتهام العالم لطهران | تقرير: مراد العريفي, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=148061883


Mittwoch, 26 November 2025

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