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Israels Schritt nach Naqoura: Ein diplomatisches Signal, das Beirut nicht ignorieren kann

Israels Schritt nach Naqoura: Ein diplomatisches Signal, das Beirut nicht ignorieren kann


Erstmals schickt Israel einen zivilen Vertreter zu den Waffenstillstands­gesprächen in Naqoura – ein bewusster Schritt in Richtung Stabilität. Während der Libanon im inneren Chaos feststeckt, zeigt Jerusalem Initiative und Verantwortung.

Israels Schritt nach Naqoura: Ein diplomatisches Signal, das Beirut nicht ignorieren kann

Zum ersten Mal seit Beginn der Naqoura-Gespräche schickt Israel einen zivilen Vertreter in die Grenzstadt im Süden des Libanon. Uri Resnick vom Nationalen Sicherheitsrat führt die israelische Delegation an. Auf libanesischer Seite übernimmt der frühere Botschafter in Washington, Simon Karam. Dieser strukturell kleine Schritt hat politischen Charakter: Israel signalisiert, dass es bereit ist, jenseits militärischer Kanäle nach Auswegen aus der Dauerkrise zu suchen.

Der amerikanische Druck war dabei ein wichtiger Faktor. Die Sondergesandte Morgan Ortagus und der US-Botschafter in Beirut drängten beide Seiten, neben Offizieren auch diplomatisches Personal einzubinden. Dieser Schritt soll die Gespräche entmilitarisieren und ihnen eine politische Dimension geben, die bisher fehlte. Für Israel ergibt sich daraus eine Chance: Die Sprache der Diplomatie ersetzt nicht die Realität der Bedrohung durch die Hisbollah, aber sie schafft einen zusätzlichen Kanal, der bislang verschlossen blieb.

Ein Libanon ohne Staat – und ohne Richtung

Während Israel strukturiert und mit klarer politischer Führung handelt, befindet sich der Libanon im Zustand permanenter Instabilität. Eine Regierung, die sich kaum auf eigene Entscheidungen einigen kann, eine Wirtschaft am Rand des Zusammenbruchs, und eine Terrororganisation, die stärker ist als die nationale Armee: Dieses Gefüge macht jeden diplomatischen Schritt kompliziert. Dass Beirut dennoch bereit ist, einen ehemaligen Botschafter zu entsenden, zeigt allerdings, wie groß der Druck von außen ist – und wie sehr das Land internationale Vermittlung braucht.

Israel versteht dieses Umfeld. Die israelische Delegation reist nicht nach Naqoura, weil es illusionsgetrieben wäre, sondern weil jeder ernsthafte Prozess im Libanon von außen stabilisiert werden muss. Dass Jerusalem diesen Weg nun beschreitet, zeigt die strategische Geduld eines Staates, der sich nicht von regionalem Chaos treiben lässt.

Ein kontrollierter Versuch – kein Risiko ohne Absicherung

Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten bestätigte, dass Benjamin Netanyahu persönlich angewiesen hat, einen Vertreter des Nationalen Sicherheitsrates zu entsenden. Dieser Schritt ist kein Ausdruck von Naivität. Israel versteht die Grenze zum Libanon als eine der sensibelsten Regionen des Landes. Die Eskalationen der vergangenen Jahre, vor allem seit den Angriffen der Hisbollah, haben gezeigt, wie schnell die Lage kippen kann.

Dennoch: Diplomatie ersetzt nicht Verteidigungsfähigkeit, aber sie ergänzt sie. Wer in Naqoura sitzt, tut das nicht anstelle des Militärs, sondern zusätzlich. Israel baut keine Hoffnung auf den Libanon als politischen Partner, aber es schafft einen Kanal, der im Ernstfall genutzt werden kann, um internationale Verantwortung sichtbar zu machen – und um die Hisbollah politisch zu isolieren.

Ein Versuch, ein Minimum an Normalität zu schaffen

Die USA sprechen von einem „strategischen Interesse“. Für Israel geht es um etwas Grundsätzlicheres: Stabilität an der Nordgrenze. Ein langer Konflikt mit der Hisbollah ist nicht nur eine Frage militärischer Stärke, sondern auch eine Frage internationaler Legitimationsräume. Jede diplomatische Bewegung, die zeigt, dass Jerusalem bereit ist, an politischen Lösungen zu arbeiten, stärkt die eigene Position.

Gleichzeitig entsteht durch die Teilnahme eines israelischen Diplomaten der Anschein einer Normalität, die es lange nicht gab. Selbst wenn es nur ein symbolischer Schritt ist – Symbole haben Kraft. Sie zeigen, wer bereit ist zu führen, und wer lediglich reagiert.

Ein Moment, der festhält, was wirklich zählt

Israel betritt Naqoura mit klarem Blick: Die Hisbollah bleibt ein Feind. Der Libanon bleibt instabil. Und dennoch: Die diplomatische Präsenz ist ein Akt staatlicher Verantwortung. Es ist kein Frieden. Es ist keine Entwarnung. Aber es ist ein Schritt, der zeigt, dass Israel entscheidet – und nicht getrieben wird.

In einer Region, die oft von Illusionen überschattet ist, markiert dieser Moment keinen Durchbruch, sondern Orientierung. Und genau das braucht es: klare Linien, klare Verantwortung, klare Haltung.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Minority Reporters - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=101326075


Donnerstag, 04 Dezember 2025

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