Sturm Byron legt Israel lahm: Ein Wintertag, der das ganze Land auf die Probe stelltSturm Byron legt Israel lahm: Ein Wintertag, der das ganze Land auf die Probe stellt
Binnen Stunden wurden Straßen zu Flüssen, Autos zu Fallen und ganze Städte zu Einsatzorten. Sturm Byron zeigt, wie verletzlich selbst ein gut vorbereitetes Land sein kann – und wie viel Stärke in seinen Rettungskräften steckt.
Der zweite Tag von Sturm Byron hat Israel in einen Ausnahmezustand versetzt. Von der Küste bis zum Negev standen Städte unter Wasser, Einsatzkräfte rückten im Minutentakt aus, und Wetterdienste warnten vor weiteren Regenfronten, die ab dem späten Nachmittag noch intensiver werden sollen. Was wie ein typischer Wintersturm begann, entwickelte sich am Donnerstag zu einem landesweiten Belastungstest, dessen Spuren noch tagelang sichtbar bleiben dürften.
Schon am Morgen wurde deutlich, welche Wucht das Tiefdrucksystem entfaltet. In mehreren Städten mussten Menschen aus überfluteten Fahrzeugen befreit werden. Besonders betroffen waren der Großraum Tel Aviv, die Küstenstädte Herzlia und Netanya sowie die Regionen Gush Dan, Haifa und das Westjordanland. Auch im Süden stiegen die Pegel rasant – ein seltener Anblick zu dieser Jahreszeit.
In Yavne arbeiteten Rettungskräfte ununterbrochen, nachdem Autos binnen Minuten im steigenden Wasser versanken. Vierzehn Menschen konnten aus gefährlichen Situationen befreit werden, darunter auch Kinder. Die Stadtverwaltung rief den Notstand aus und bat Familien, ihre Kinder möglichst früh aus Schulen und Kitas abzuholen. Nur wenig später kam aus Nahariya ein ähnlicher Appell: Wer nicht zwingend unterwegs sein müsse, solle zu Hause bleiben. Ein unterirdisches Parkhaus eines Einkaufszentrums wurde vorsorglich evakuiert, um keine Menschen zu gefährden.
Auch im Norden verschärfte sich die Lage. Im Hermon-Gebiet blieben IDF-Einheiten trotz Sturm im Einsatz, während in den Tälern und entlang der Küstenebene Bäche und Flussläufe plötzlich anschwollen. Straßen wurden gesperrt, Unterführungen liefen voll, und der Verkehr kam an vielen Stellen zum Erliegen. In der Wüste Arava und an der Straße 90, einer der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen des Landes, mussten lange Abschnitte gesperrt werden. Die Polizei warnte vor gefährlichen Treibgutströmungen und unberechenbaren Flutwellen, die im Winter immer häufiger auftreten.
Besonders dramatisch war ein Vorfall in Baka al-Gharbiya, wo ein Mann auf dem Dach seines versinkenden Fahrzeugs ausharren musste, bis Rettungskräfte ihn mit einem Schlauchboot erreichen konnten. Solche Szenen sind normalerweise in den Wintermonaten nicht ungewöhnlich – doch die Häufung und Geschwindigkeit der Wasserstände verdeutlichen, wie hinter jedem überfluteten Straßenzug ein potenzielles Risiko für Leib und Leben steckt.
Auch Tragisches blieb nicht aus: In Netanya wurde ein Mann mit schweren Anzeichen von Unterkühlung tot aufgefunden. In Holon verletzte ein herabstürzender Baum eine Autofahrerin, die nur knapp einer schwereren Katastrophe entging. In einer Schule in Rishon LeZion traf ein umgestürzter Baum zwei Kinder, die glücklicherweise nur leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht wurden.
Währenddessen füllten sich die Flüsse im Norden und Süden beinahe explosionsartig. Der erste große Schwall, der sich über die Schluchten des Golan ergoss, zeigte eindrucksvoll die Naturgewalt dieses Sturmes. Auch die israelischen Wetterbehörden machten deutlich: Die intensivste Phase steht erst bevor. Am Abend soll eine neue Regenfront die Küstenebene treffen – mit teils orkanartigen Böen, massiven Regengüssen und erneut erhöhter Gefahr für Überschwemmungen.
Israel kennt Winterstürme, doch Byron verlangt dem Land weit mehr ab als gewöhnliche Regenepisoden. Er zeigt, wie schnell aus Alltag Gefahr wird – und wie wichtig es ist, bei Extremwetter auf Warnungen zu hören. Ohne die Entschlossenheit und Professionalität der Rettungskräfte, die heute im Minutentakt Leben retteten, wäre die Bilanz dieses Tages eine völlig andere.
Autor: Bernd Geiger
Bild Quelle:
Donnerstag, 11 Dezember 2025