Hamas-Tunnel in Gaza: Video zeigt sechs israelische Geiseln beim Chanukka-Kerzenzünden vor ihrer ErmordungHamas-Tunnel in Gaza: Video zeigt sechs israelische Geiseln beim Chanukka-Kerzenzünden vor ihrer Ermordung
Monate vor ihrem Tod hielten sie an Ritualen, Liedern und Hoffnung fest. Neu veröffentlichte Aufnahmen aus Hamas-Gefangenschaft erschüttern Israel und werfen erneut schwere Fragen nach Verantwortung, Versagen und Menschlichkeit auf.
Neu aufgetauchtes Videomaterial der israelischen Armee zeigt sechs israelische Geiseln, die während ihrer Gefangenschaft im Gazastreifen Chanukka-Kerzen anzünden. Die Aufnahmen entstanden Monate bevor alle sechs von der Hamas ermordet wurden. In Israel verbreiteten sich die Bilder innerhalb weniger Stunden und lösten landesweit tiefe Erschütterung, Trauer und Wut aus.
Zu sehen sind Carmel Gat, Eden Yerushalmi, Hersh Goldberg-Polin, Ori Danino, Alexander Lobanov und Almog Sarusi. Sie wurden im August 2024 von israelischen Streitkräften in Rafah tot aufgefunden, nachdem sie zuvor lebend verschleppt worden waren. In dem nun veröffentlichten Video sitzen sie in einem unterirdischen Tunnel, improvisieren Kerzen aus kleinen Bechern und sprechen gemeinsam den Segen Schehechejanu. Danach singen sie traditionelle Lieder. Die Enge, die Dunkelheit und die sichtbare Erschöpfung stehen im scharfen Kontrast zu dem Moment innerer Würde, den sie sich bewahren.
Die Familien der Ermordeten erklärten, die Hamas habe die Videos ursprünglich zu Propagandazwecken gefilmt. Doch genau das sei gescheitert. Nicht die Macht der Terrororganisation, sondern die Menschlichkeit der Geiseln sei das, was aus den Bildern spreche. Licht in völliger Finsternis, so beschrieben es die Angehörigen. Ein stilles Zeugnis jüdischer Identität an einem Ort, der gezielt zur Entmenschlichung geschaffen wurde.
Neben dem Chanukka-Video veröffentlichte das Forum der Familien von Geiseln und Vermissten weitere Aufnahmen und Fotos. Sie zeigen die sechs beim Kartenspielen, beim gegenseitigen Haareschneiden, beim Durchqueren der Tunnel in Rafah und bei Gesprächen mit Hamas-Bewachern. In einem der Videos bittet Carmel Gat einen Terroristen dringend um medizinische Hilfe für Almog Sarusi. Die Bilder machen deutlich, dass die Geiseln lebten, miteinander verbunden waren und versuchten, unter unmenschlichen Bedingungen füreinander Verantwortung zu übernehmen.
Die Veröffentlichung der Aufnahmen hat auch eine politische Debatte neu entfacht. In Fernsehinterviews äußerten sich Angehörige scharf zur israelischen Führung. Rachel Goldberg-Polin, die Mutter von Hersh, sprach von heldenhaften jungen Menschen, die alles getan hätten, um zu überleben. Sie kritisierte, dass ihr Sohn und die anderen im Nachhinein als Gerettete dargestellt würden. Niemand sei gerettet worden, sagte sie sinngemäß, sie seien in Leichensäcken zurückgebracht worden. Diese Worte trafen einen Nerv in der israelischen Öffentlichkeit.
Auch Gil Dickman, ein Cousin von Carmel Gat, reagierte empört auf Äußerungen aus dem Umfeld des Ministerpräsidenten, wonach die Politik der Regierung zur Rückkehr aller Geiseln geführt habe. Das Land sehe diese Bilder, weine und sei voller Zorn, während politische Floskeln die Realität verdrängten. Die sechs seien lebend entführt worden, hätten monatelang überlebt und hätten lebend zurückkehren müssen.
Die Aufnahmen führen schmerzhaft vor Augen, was abstrakte Zahlen oft verdecken. Hinter jeder Geisel stand ein Leben, eine Familie, eine Zukunft. Die Bilder zeigen keine Opfer im Moment des Todes, sondern junge Menschen, die versuchten, sich ihre Identität nicht nehmen zu lassen. Gerade darin liegt ihre Kraft und zugleich ihre Anklage.
In Israel wird das Chanukka-Kerzenzünden traditionell mit dem Sieg des Lichts über die Dunkelheit verbunden. Dass dieses Ritual ausgerechnet in einem Hamas-Tunnel festgehalten wurde, verleiht ihm eine bedrückende Symbolik. Für viele Israelis sind die Bilder zu einem moralischen Spiegel geworden. Sie erinnern an das Versprechen, niemanden zurückzulassen, und an die Verantwortung eines Staates gegenüber seinen Bürgern, auch dann, wenn die Entscheidungen politisch unbequem sind.
Die Familien riefen die Öffentlichkeit dazu auf, beim eigenen Kerzenzünden an jene zu denken, die es nie wieder tun können. An die Ermordeten, an die Gefallenen, an die Verwundeten und an jene Familien, die noch immer auf Antworten warten. Fast 800 Tage nach den Entführungen ist diese Wunde offen. Die Videos schließen sie nicht, sie machen sie sichtbarer.
Autor: Redaktion
Bild Quelle:
Freitag, 12 Dezember 2025