Nach israelischen Luftangriffen: Libanon warnt vor großer Militäroperation und sucht diplomatische AuswegeNach israelischen Luftangriffen: Libanon warnt vor großer Militäroperation und sucht diplomatische Auswege
Drei Wochen vor Ablauf des Ultimatums zur Entwaffnung der Hisbollah steigt der Druck. Israel greift erneut Ziele im Süden Libanons an, Beirut spricht offen von Warnungen vor einer umfassenden Militäraktion und setzt auf hektische Diplomatie.
Die Lage an der israelisch libanesischen Grenze spitzt sich weiter zu. Nach erneuten Luftangriffen der israelischen Armee auf Hisbollah Ziele im Süden Libanons versucht die libanesische Führung, eine weitere militärische Zuspitzung zu verhindern. Außenminister Jussef Raggi bestätigte öffentlich, dass sein Land Warnungen aus arabischen und internationalen Kreisen erhalten habe, wonach Israel eine groß angelegte militärische Operation vorbereiten könnte. Beirut habe daraufhin die diplomatischen Kontakte intensiviert, um eine solche Entwicklung abzuwenden.
Die israelischen Angriffe erfolgten am Freitagmorgen und waren bereits der zweite intensive Einsatz dieser Art innerhalb weniger Tage. Nach Angaben aus israelischen Sicherheitskreisen richteten sich die Luftschläge gegen Ausbildungs und Trainingskomplexe der Hisbollah, darunter Einrichtungen der Radwan Einheit. Diese Eliteeinheit gilt als zentrale Angriffsreserve der Terrororganisation für Operationen gegen Israel. Für die Bevölkerung im Norden Israels änderten sich die Sicherheitsanweisungen zunächst nicht, was in Jerusalem als Zeichen kontrollierter, gezielter Maßnahmen verstanden wird.
Aus israelischer Sicht sind die Angriffe Teil einer konsequenten Durchsetzung bestehender Vereinbarungen. Die israelische Armee erklärte, militärische Ausbildung, Waffenübungen und der Ausbau terroristischer Infrastruktur stellten eine klare Verletzung der Absprachen zwischen Israel und Libanon dar und seien eine unmittelbare Bedrohung für israelische Soldaten und Zivilisten. In den angegriffenen Lagern seien unter anderem Schießübungen und der Umgang mit unterschiedlichen Waffensystemen trainiert worden, ausdrücklich mit Blick auf mögliche Anschläge.
Der zeitliche Rahmen verleiht der Situation besondere Brisanz. In drei Wochen läuft eine von den Vereinigten Staaten gesetzte Frist ab, nach der die libanesische Regierung die Entwaffnung der Hisbollah einleiten soll. Washington hatte bereits zu Jahresbeginn unmissverständlich klargemacht, dass die Geduld begrenzt sei. In Jerusalem wächst seit Monaten der Eindruck, dass Beirut diese Vorgabe verschleppt und die Hisbollah trotz gegenteiliger Zusicherungen weiter aufrüstet.
Diese Einschätzung teilen offenbar auch internationale Akteure. Europäische Diplomaten berichteten zuletzt von einer deutlichen Warnung der amerikanischen Sondergesandten Morgan Ortagus an die libanesische Führung. Sollte die Hisbollah ihre präzisionsgelenkten Raketen und Drohnen nicht bis Anfang 2026 abgeben, werde Israel mit massiver militärischer Gewalt reagieren. Diese Botschaft ist in Beirut angekommen und erklärt den plötzlich intensiveren diplomatischen Aktionismus.
Gleichzeitig bemüht sich Präsident Joseph Aoun, den Eindruck staatlicher Handlungsfähigkeit zu vermitteln. Berichten zufolge hat er den libanesischen Beitrag im gemeinsamen Mechanismus zur Überwachung der Waffenruhe aufgewertet und zivile Vertreter einbezogen. Doch selbst libanesische Medien räumen ein, dass diese Schritte kaum ausreichen dürften, um Israel von weiteren Schlägen abzuhalten. Die Möglichkeit einer neuen israelischen Offensive wird in Beirut offen diskutiert.
Für Israel steht dabei mehr auf dem Spiel als eine taktische Frage. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Phasen relativer Ruhe von der Hisbollah systematisch genutzt werden, um Fähigkeiten wiederherzustellen und neue Bedrohungen aufzubauen. Vor diesem Hintergrund versteht sich das Vorgehen Jerusalems als präventiv und notwendig. Nicht um einen Krieg zu suchen, sondern um ihn zu verhindern, so die israelische Lesart.
Die kommenden Wochen werden entscheidend sein. Diplomatische Gespräche laufen, Warnungen werden ausgesprochen, militärische Signale gesetzt. Ob daraus eine Stabilisierung oder eine weitere Verschärfung entsteht, hängt maßgeblich davon ab, ob die libanesische Führung bereit und in der Lage ist, der Hisbollah Grenzen zu setzen. Aus israelischer Sicht ist klar: Worte allein reichen nicht mehr.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By U.S. Department of State - https://www.flickr.com/photos/9364837@N06/54806092658/, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=175450980
Samstag, 13 Dezember 2025