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Israels internationale Position stabilisiert sich langsam nach Monaten massiven Drucks

Israels internationale Position stabilisiert sich langsam nach Monaten massiven Drucks


Nach einer Phase diplomatischer Isolation mehren sich vorsichtige Anzeichen für Entspannung. Besuche, Telefonate und politische Entscheidungen zeigen: Israel ist international umstritten wie nie, aber nicht mehr allein.

Israels internationale Position stabilisiert sich langsam nach Monaten massiven Drucks

Noch im vergangenen Sommer schien Israels internationale Stellung an einem Tiefpunkt angekommen. Staat um Staat erkannte einen palästinensischen Staat an, globale Medien dominierten Bilder aus Gaza, der Vorwurf einer humanitären Katastrophe prägte Schlagzeilen von Europa bis Lateinamerika. In dieser Atmosphäre hätte eine Parlamentsdebatte über Israels außenpolitische Isolation den Zeitgeist perfekt getroffen.

Doch die entsprechende Debatte in der Knesset fand erst jetzt statt, Monate später, als sich das internationale Umfeld bereits spürbar verändert hatte. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nutzte die Aussprache, um der Opposition Realitätsferne vorzuwerfen. Von einem Zusammenbruch der internationalen Beziehungen könne keine Rede sein, erklärte er, vielmehr sei eine langsame, wenn auch fragile Erholung zu erkennen.

Tatsächlich sprechen die Entwicklungen der vergangenen Tage eine differenziertere Sprache. Kurz zuvor hatte die Europäische Rundfunkunion mit deutlicher Mehrheit entschieden, Israel die Teilnahme am Eurovision Song Contest 2026 zu erlauben. Trotz massiven Drucks und Boykottdrohungen mehrerer Länder verweigerte sich die EBU der politischen Ausgrenzung Israels. Für Jerusalem war dies mehr als ein kulturelles Signal. Es zeigte, dass selbst in einem stark polarisierten europäischen Umfeld eine Grenze existiert, jenseits derer Ausschluss nicht mehr mitgetragen wird. Deutschland spielte dabei eine zentrale Rolle und machte deutlich, dass ein Ausschluss Israels für Berlin nicht akzeptabel gewesen wäre.

Fast zeitgleich reiste mit Friedrich Merz erstmals seit Monaten wieder der gewählte Regierungschef eines großen europäischen Staates nach Israel. Der Besuch hatte symbolisches Gewicht. Noch vor Kurzem hatte Berlin Waffenlieferungen eingeschränkt, was in Jerusalem erhebliche Irritationen auslöste. Nun jedoch folgte ein gegensätzliches Signal. Das israelische Raketenabwehrsystem Arrow 3 wurde auf deutschem Boden stationiert. Netanjahu sprach von einem historischen Moment, in dem der jüdische Staat erstmals aktiv zur Verteidigung Deutschlands beitrage, achtzig Jahre nach der Schoah.

Merz verschwieg Differenzen nicht. Er sprach offen von Spannungen zwischen Israels Sicherheitsinteressen und Deutschlands Bekenntnis zu Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde. Zugleich stellte er klar, dass die sicherheitspolitische Bindung an Israel dauerhaft bleibe. Für Israel ist Deutschland weiterhin der entscheidende Akteur, der innerhalb der Europäischen Union eine Abkehr von harten Sanktionen verhindert.

Auch außerhalb Europas zeigen sich Verschiebungen. In Washington unterzeichneten Israels Außenminister Gideon Sa’ar und sein bolivianischer Amtskollege ein Abkommen zur Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen nach sechzehn Jahren Funkstille. Die Wiederannäherung ist das Ergebnis eines politischen Wechsels in La Paz und verdeutlicht, wie stark Israels Stellung in Lateinamerika von einzelnen Regierungen abhängt. Weitere Wahlen in der Region könnten ähnliche Dynamiken auslösen, etwa in Chile, Brasilien oder Kolumbien.

Ein weiteres stabilisierendes Element kommt aus Asien. Indiens Premierminister Narendra Modi bekräftigte in einem öffentlichen Austausch mit Netanjahu die strategische Partnerschaft beider Länder und das gemeinsame Bekenntnis zur Nulltoleranz gegenüber Terrorismus. Für Israel ist diese Beziehung von erheblicher Bedeutung. Indien ist nicht nur eine geopolitische Großmacht, sondern auch ein Gegenpol zu wachsender Kritik in westlichen Gesellschaften.

All diese Entwicklungen relativieren das Bild einer totalen internationalen Isolation. Das bedeutet jedoch nicht, dass Israels diplomatische Probleme verschwunden wären. Die Kritik bleibt scharf, insbesondere in Teilen Europas. Internationale Verfahren, Proteste und Kampagnen zur Delegitimierung Israels prägen weiterhin das Bild. Auch in der öffentlichen Meinung vieler Länder hat sich Skepsis verfestigt.

Doch zwischen Zusammenbruch und Stabilisierung liegt ein breites Feld. Die aktuelle Phase ist keine Rückkehr zur Normalität, sondern eine vorsichtige Neujustierung. In einigen Regionen gelingt es Israel, verlorenen Boden zurückzugewinnen, in anderen zumindest weiteren Schaden zu begrenzen. Der diplomatische Druck ist nicht verschwunden, aber er wächst nicht mehr ungebremst.

Nach Monaten permanenter Defensive erkennt Jerusalem wieder Ansatzpunkte für Handlungsspielräume. Kleine, symbolische Schritte und strategische Partnerschaften ersetzen keine umfassende Lösung, markieren aber einen Wendepunkt. Israels internationale Stellung bleibt umkämpft, doch sie ist beweglicher, als es noch vor wenigen Monaten schien.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: GPO


Samstag, 13 Dezember 2025

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