Die Uhr tickt: Libanon unter Druck, Hisbollah zu entwaffnen – Gespräche mit Israel werden ausgeweitetDie Uhr tickt: Libanon unter Druck, Hisbollah zu entwaffnen – Gespräche mit Israel werden ausgeweitet
Während sich die Waffenruhe zwischen Israel und dem Libanon ihrem ersten großen Belastungstest nähert, wächst der internationale Druck. Die Gespräche im gemeinsamen Waffenstillstandskomitee gehen längst über technische Fragen hinaus. Im Kern steht nun eine Entscheidung, die über Krieg oder Stabilität entscheiden könnte.
Fast ein Jahr nach Inkrafttreten der von den USA vermittelten Waffenruhe zwischen Israel und dem Libanon verschiebt sich der Fokus der Gespräche deutlich. Bei der mittlerweile 15. Sitzung des gemeinsamen Komitees im südlibanesischen Naqoura ging es nicht mehr nur um die Überwachung der Feuerpause, sondern um zivile, wirtschaftliche und vor allem sicherheitspolitische Fragen mit enormer Sprengkraft.
Im Zentrum steht die Hisbollah. Israel fordert seit Monaten, dass der Libanon seine Verpflichtung einlöst und die schiitische Terrororganisation entwaffnet. Diese Zusage ist Bestandteil der Waffenruhe von 2024. Die Frist rückt näher, ein Durchbruch ist nicht in Sicht. Jerusalem macht unmissverständlich klar, dass es nicht bereit ist, einen dauerhaften Zustand zu akzeptieren, in dem eine vom Iran gesteuerte Miliz weiter schwer bewaffnet an der Nordgrenze operiert.
Die Gespräche spiegeln eine strategische Linie Washingtons wider. Unter Präsident Donald Trump drängen die Vereinigten Staaten darauf, den Waffenstillstand zu einem stabilen politischen Arrangement auszubauen. Ziel ist es, eine erneute militärische Eskalation zu verhindern, bevor sie unausweichlich wird. Dass die Agenda ausgeweitet wurde, ist kein Zufall, sondern Ausdruck wachsender Nervosität.
Erstmals nahmen auch zivile Vertreter an den Beratungen teil. Diskutiert wurde über die Rückkehr zehntausender Vertriebener in ihre Dörfer entlang der Grenze, über Wiederaufbau und wirtschaftliche Perspektiven. All das ist wichtig. Doch hinter diesen Themen steht eine zentrale Frage: Wer garantiert künftig Sicherheit südlich des Litani-Flusses?
Israel macht keinen Hehl daraus, dass es allein auf den libanesischen Staat setzt, nicht auf internationale Absichtserklärungen. In den Gesprächen ging es daher auch um die Stationierung der libanesischen Armee in Regionen, die bislang fest in der Hand der Hisbollah waren. Jahrzehntelang war das Militär der Miliz militärisch unterlegen. Nun soll es, gestützt durch internationale Hilfe, zur tragenden Säule der Ordnung werden.
In Beirut weiß man, wie heikel dieses Thema ist. Präsident Joseph Aoun betonte zwar die Priorität der Rückkehr der Grenzbevölkerung, vermied aber jede klare öffentliche Position zur Entwaffnung der Hisbollah. Die politische Realität im Libanon ist geprägt von innerer Lähmung, sektiererischen Machtstrukturen und der Angst vor inneren Unruhen. Genau das nutzt die Hisbollah seit Jahren aus.
Israel hingegen sieht die Lage nüchtern. Die Waffenruhe hat die Organisation geschwächt, aber nicht neutralisiert. Luftangriffe gegen Wiederaufbauversuche der Miliz gehen weiter. Aus israelischer Sicht ist klar: Eine bewaffnete Hisbollah bleibt eine existentielle Bedrohung, unabhängig von diplomatischen Formaten oder wirtschaftlichen Hilfsprogrammen.
Dass in den Gesprächen nun auch über wirtschaftliche Kooperation gesprochen wird, zeigt den Ernst der Lage. Stabilität soll Anreize schaffen, Eskalation unattraktiv machen. Doch diese Rechnung geht nur auf, wenn die Sicherheitsfrage gelöst wird. Ohne Entwaffnung der Hisbollah bleibt jeder Wiederaufbau ein Kartenhaus.
Die nächste Sitzung des Komitees ist für Anfang Januar angesetzt. Bis dahin dürfte der internationale Druck weiter steigen. Der Libanon steht vor einer Richtungsentscheidung. Setzt er auf staatliche Souveränität und Ordnung oder bleibt er Geisel einer Miliz, die ihre Loyalität nicht Beirut, sondern Teheran schuldet.
Für Israel ist die Geduld begrenzt. Die Botschaft ist klar: Wird die vereinbarte Entwaffnung nicht umgesetzt, behält sich Jerusalem eigenes Handeln vor. Die Waffenruhe mag noch halten. Doch sie ist fragiler, als es die diplomatischen Floskeln vermuten lassen.
Autor: Redaktion
Bild Quelle:
Samstag, 20 Dezember 2025