Amerikas Projekt Sunrise für Gaza zeigt eine Wahrheit, die viele verdrängenAmerikas Projekt Sunrise für Gaza zeigt eine Wahrheit, die viele verdrängen
Die Regierung Trump präsentiert eine gigantische Wiederaufbauinitiative für Gaza. Doch der Plan legt vor allem offen, was die Region seit Jahren blockiert: Ohne die Entwaffnung der Hamas wird jeder Versuch politischer, wirtschaftlicher oder humanitärer Stabilisierung zur Illusion.
Die USA wollen Milliarden investieren, doch Israels Sicherheit bleibt die zentrale Bedingung. Der Plan benennt sie klarer als viele Regierungen zuvor.
Die USA haben eine Vision vorgestellt, die so weitreichend ist wie keine Initiative seit den Oslo Jahren. Projekt Sunrise, ein Wiederaufbauprogramm im Umfang von mehr als 112 Milliarden Dollar über ein Jahrzehnt, skizziert eine Gaza Region, die aus den Ruinen zu einer modernen urbanen Landschaft mit funktionierenden Instituten, Bildungsstätten, Infrastruktur und technologischen Zentren werden soll. Es sind große Bilder, die der begleitende Entwurf zeigt, groß genug, um Hoffnung zu wecken. Aber groß genug auch, um eine unbequeme Realität sichtbar zu machen.
Denn der Plan enthält eine Bedingung, die schwerer wiegt als jedes finanzielle Detail: Er ist nur umsetzbar, wenn die Hamas vollständig entwaffnet wird. Damit sagen die USA offen, was Israel seit Jahren betont. Sicherheit kommt nicht nach dem Wiederaufbau, sondern davor. Frieden entsteht nicht trotz der Hamas, sondern erst nach ihrem Ende.
Dass Washington sich bereit erklärt, rund zwanzig Prozent der Kosten zu tragen, ist bemerkenswert. Noch bemerkenswerter ist jedoch, dass in der präsentierten Roadmap weder Europa noch die Vereinten Nationen eine strategische Rolle spielen. Stattdessen setzt die US Regierung auf wohlhabende Staaten der Region – Katar, Saudi Arabien, die Emirate, Ägypten, Türkei – Staaten, deren Beziehungen zu Israel heute sehr unterschiedlich, teilweise widersprüchlich sind.
Hier zeigt sich ein strategischer Moment der amerikanischen Nahostpolitik. Trump will den Wiederaufbau nicht staatenlos im luftleeren Raum organisieren, sondern in ein geopolitisches Gerüst einbetten. Ein Gaza ohne Tunnelnetz, ohne paramilitärische Strukturen, ohne ein Terrorregime, das die eigene Bevölkerung unterdrückt und Israel mit Raketen bedroht.
Doch gerade dieser Anspruch lässt die Zweifel wachsen. Experten in Washington bezweifeln offen, dass die Hamas jemals freiwillig auf ihre Waffen verzichten wird. Und sie bezweifeln ebenso, dass Staaten wie Katar oder Türkei bereit wären, einen solchen Kurs mitzutragen. Ohne diese Voraussetzung aber bleibt der ambitionierteste Plan Papier.
Für Israel ist die Entwaffnung der Hamas kein diplomatisches Detail. Sie ist die Bedingung dafür, dass ein weiteres Oktobermassaker ausgeschlossen werden kann. Jede Diskussion über Wiederaufbau oder politische Zukunft verliert ihren Sinn, solange eine Terrororganisation die Zivilgesellschaft in Geiselhaft hält.
Dass die USA diese Wahrheit in ihrer Planung sichtbar machen, markiert einen Wandel. Er folgt auf Jahre der Verwässerung, in denen internationale Akteure so taten, als ließe sich die Hamas in irgendeine zivile Struktur verwandeln. Das Gegenteil ist eingetreten. Die Hamas war und ist ein Akteur, der ausschließlich militärische Erfolge sucht, nicht den Aufbau eines funktionierenden Gemeinwesens.
Gerade deshalb erscheinen die großflächigen Visualisierungen des Projekts fast wie ein Gegenentwurf zur Realität. Hightech Parks, Luxusbauten am Strand, moderne Verkehrssysteme – es ist eine Zukunftsprojektion, die zeigt, was möglich wäre, wenn ein Gewaltakteur endlich aus dem Weg geräumt würde.
Viele Analysten halten es für unwahrscheinlich, dass die internationale Gemeinschaft bereit ist, Dutzende Milliarden Euro in eine Region zu investieren, deren politische Zukunft unklar bleibt. Und sie halten es für ebenso unwahrscheinlich, dass die Hamas jemals demontiert wird, ohne dass Israel militärisch oder ein regionaler Block politisch durchgreift.
So zeigt Projekt Sunrise am Ende weniger die Zukunft von Gaza, als die politischen Brüche, die diese Zukunft bisher verhindern. Es zeigt, dass Frieden und Normalität nur dort entstehen können, wo Gewaltmonopole von Staaten ausgeübt werden – nicht von Terrorgruppen. Und es zeigt, dass Israel in seiner Forderung nach Entwaffnung nicht hart, sondern realistisch ist.
In dieser Hinsicht ist der Plan mehr als ein technisches Konzept. Er ist ein diplomatisches Statement. Ein Signal, dass die USA erstmals seit Jahren offen anerkennen, woran jede Vision für Gaza bisher scheiterte: an einer Organisation, die den Wiederaufbau sabotiert, weil ein zerstörtes Gaza ihr politisches Kapital ist.
Wer heute von Zukunft spricht, muss diese Realität aussprechen. Projekt Sunrise tut es. Das macht es nicht weniger ambitioniert. Aber es macht es endlich ehrlich.
Autor: Bernd Geiger
Bild Quelle: By Ali Shaker/VOA - http://m.voanews.com/a/3430146.html, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=50357877
Samstag, 20 Dezember 2025