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Iran bereitet den nächsten Schlag vor, und Israel weiß das

Iran bereitet den nächsten Schlag vor, und Israel weiß das


Die Berichte über ein mögliches weiteres militärisches Vorgehen Israels gegen Iran kommen nicht aus dem Nichts. Sie sind Ausdruck einer Realität, die sich seit dem Ende des Zwölf Tage Krieges immer deutlicher abzeichnet. Iran arbeitet erneut am Ausbau seiner ballistischen Fähigkeiten. Für Israel ist das kein Randthema, sondern eine strategische Kernfrage.

Iran bereitet den nächsten Schlag vor, und Israel weiß das

Dass Ministerpräsident Benjamin Netanyahu mit Donald Trump über Iran sprechen will, überrascht in Jerusalem niemanden. Die zentrale Begründung hat sich verschoben. Nicht mehr allein das Atomprogramm steht im Fokus, sondern der rasche Wiederaufbau der iranischen Raketenindustrie. Und genau hier liegt eine oft unterschätzte Wahrheit. Ein massiver Bestand an ballistischen Langstreckenraketen kann für Israel eine existenzielle Bedrohung darstellen, auch ohne nukleare Sprengköpfe.

Der Zwölf Tage Krieg im Juni hat diese Realität schmerzhaft sichtbar gemacht. Israel eröffnete den Schlagabtausch mit gezielten Angriffen auf iranische Ziele im Kontext des Atomprogramms. Die amerikanischen Angriffe auf die drei zentralen Nuklearstandorte markierten das Ende der offenen Kampfphase. Doch die entscheidende Frage blieb unbeantwortet. Wie stark wurde Irans strategische Fähigkeit tatsächlich geschwächt.

Während Präsident Trump öffentlich von einer vollständigen Zerschlagung des iranischen Atomprojekts sprach, klangen die Bewertungen in Israel deutlich nüchterner. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit dazwischen. Verzögerung ja, endgültige Neutralisierung nein.

Das Raketenproblem bleibt bestehen

Der aktuelle Fokus auf die ballistischen Raketen ist folgerichtig. Vor dem Krieg hatte Iran das Ziel formuliert, bis 2027 rund zwanzigtausend Langstreckenraketen zu besitzen. Während der Kämpfe wurden etwa 450 Raketen auf Israel abgefeuert. Weniger als geplant, aber genug, um das Potenzial dieses Arsenals offenzulegen. Aus iranischer Sicht war dies das einzige System, das im direkten Schlagabtausch funktionierte. Aus israelischer Sicht zeigte sich, wie selbst ein begrenzter Einsatz die Luftverteidigung massiv beansprucht und die zivile Infrastruktur gefährdet.

Schätzungen zufolge verblieben Iran nach Kriegsende noch rund 1.500 einsatzfähige Langstreckenraketen. Das reicht aus, um in einem weiteren Konflikt erheblichen Schaden anzurichten. Entscheidend ist jedoch der Faktor Zeit. Je schneller Iran seine Produktionskapazitäten wieder hochfährt, desto größer wird der Druck auf Israels Abwehrsysteme und deren Nachschub.

Hier entsteht ein strategischer Wettlauf. Auf der einen Seite Irans Fähigkeit zur industriellen Erholung, auf der anderen Seite Israels und der USA Fähigkeit, Abfangsysteme zu produzieren, zu stationieren und einsatzbereit zu halten. Zeit ist dabei kein neutraler Faktor, sondern ein sicherheitspolitischer.

Die neue israelische Sicherheitslogik

Seit dem 7. Oktober hat sich Israels Sicherheitsdenken grundlegend verändert. Die Erfahrung, dass Bedrohungen jenseits der Grenze ungestört wachsen können, hat zu einem klaren Paradigmenwechsel geführt. Prävention ist zur Leitlinie geworden. Diese Logik zeigt sich in Gaza, in Libanon und in der konsequenten Haltung gegenüber jeder Form von Wiederaufbau militärischer Infrastruktur feindlicher Akteure.

Doch Iran ist keine Hamas und keine Hisbollah. Prävention gegenüber einem regionalen Machtstaat funktioniert anders. Sie ist seltener, riskanter und strategisch aufgeladener. Genau deshalb ist die Diskussion über einen weiteren Schlag gegen Iran so sensibel. Es geht nicht um Routine, sondern um Grundsatzentscheidungen.

Iran ist nach dem Krieg weiterhin der zentrale Gegner Israels. Die Ambitionen im nuklearen Bereich sind nicht verschwunden. Die Bereitschaft zu einem neuen Abkommen mit dem Westen bleibt taktisch, nicht strategisch. Gleichzeitig ist die internationale Kontrolle durch die Internationale Atomenergiebehörde nahezu ausgesetzt. Irans regionale Stellvertreter wurden geschwächt, aber nicht eliminiert. Der Wiederaufbau der Hisbollah hat in Teheran hohe Priorität.

Hinzu kommt, dass Iran die Schwelle zum direkten Angriff längst überschritten hat. Der erste massive Raketenangriff im April 2024, die Eskalation im Oktober und schließlich der Zwölf Tage Krieg haben eine neue Normalität geschaffen. Das Tabu ist gefallen.

Ein weiterer Konflikt ist keine Frage des Ob

Ob es bald zu einer weiteren militärischen Auseinandersetzung kommt, ist weniger entscheidend als die Erkenntnis, dass sie wahrscheinlich ist. Ob kurzfristig oder später, hängt von politischen Entscheidungen, internationalen Konstellationen und dem Tempo der iranischen Aufrüstung ab. Doch die strukturellen Gründe bleiben bestehen.

Israels neue Sicherheitsdoktrin lässt keinen Raum für das Entstehen strategischer Bedrohungen jenseits der eigenen Grenzen. Irans Raketenprogramm entwickelt sich genau in diese Richtung. Zwischen Abschreckung und Prävention bleibt nur ein schmaler Korridor.

Der nächste Konflikt wird komplexer sein. Jeder Akteur hat gelernt, analysiert und angepasst. Jede neue Runde beginnt dort, wo die letzte geendet hat, mit mehr Reichweite, mehr Präzision und mehr Risiko für die Zivilbevölkerung. Vorbereitung ist daher kein politisches Schlagwort, sondern eine Notwendigkeit.

Dass Israel über ein leistungsfähiges Militär, eine starke Luftwaffe, exzellente Nachrichtendienste und ein bewährtes Luftverteidigungssystem verfügt, ist unbestritten. Doch auch das beste System braucht strategische Klarheit und rechtzeitige Entscheidungen.

Iran arbeitet daran, den nächsten Schritt zu gehen. Israel weiß das. Und genau deshalb wird die Frage eines weiteren Eingreifens nicht verschwinden, sondern immer drängender werden.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von M-ATF, from military.ir and iranmilitaryforum.net - http://gallery.military.ir/albums/userpics/10187/New-Fateh-TEL.jpg, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=21508000


Montag, 22 Dezember 2025

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