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KI-Video mit getöteten Terrorführern: Wie digitale Spottbilder alte antisemitische Narrative neu befeuern

KI-Video mit getöteten Terrorführern: Wie digitale Spottbilder alte antisemitische Narrative neu befeuern


Ein KI-generiertes Video aus der arabischen Netzöffentlichkeit zeigt Israels Armeesprecher scheinbar triumphierend neben getöteten Terrorführern. Was als schwarzer Humor gefeiert wird, reproduziert zugleich ein gefährliches Bild: Juden als zynische Strippenzieher hinter Tod, Macht und Gewalt.

KI-Video mit getöteten Terrorführern: Wie digitale Spottbilder alte antisemitische Narrative neu befeuern

Ein mit Künstlicher Intelligenz erzeugtes Video verbreitet sich seit Tagen rasant in sozialen Netzwerken der arabischen Welt. Es zeigt den israelischen Armeesprecher in arabischer Sprache, Avichay Adraee, in einer inszenierten Selfie-Szene mit führenden Terroristen, die in den vergangenen Jahren von Israel getötet wurden. Die Figuren stehen auf einem Friedhof, über ihnen der Schriftzug „eliminiert“. Das Video stammt nicht aus offiziellen israelischen Kanälen, sondern von einem privaten Akteur und gerade darin liegt seine besondere Wirkung.

Was auf den ersten Blick wie provokanter Humor oder psychologische Kriegsführung erscheint, entfaltet bei genauerem Hinsehen eine tief problematische Dynamik. Das Video ist nicht nur ein viraler Clip. Es ist ein Spiegel dafür, wie schnell sich alte antisemitische Bilder in neuer, digitaler Form reproduzieren lassen.

Der Jude als zynischer Regisseur des Todes

Das zentrale Problem liegt nicht allein im Spott über getötete Terrorführer. Entscheidend ist die Bildsprache. Ein israelischer Offizier, lächelnd, souverän, scheinbar über den Gräbern seiner Feinde stehend, fügt sich nahtlos in ein uraltes antisemitisches Narrativ ein: den Juden als kalten, berechnenden Strippenzieher, der Tod verwaltet, lenkt und genießt.

Dieses Bild ist historisch hoch aufgeladen. Über Jahrhunderte wurden Juden als heimliche Lenker von Kriegen, Seuchen und Gewalt dämonisiert. Das KI-Video aktualisiert dieses Motiv für das digitale Zeitalter. Nicht mit Hassparolen, sondern mit Ironie. Nicht mit Anklagen, sondern mit scheinbar harmloser Kreativität.

Gerade diese Form ist gefährlich. Sie entzieht sich einfacher Kritik, weil sie als Satire, Meme oder Provokation gelesen werden kann. Doch in Gesellschaften, in denen antisemitische Deutungsmuster tief verankert sind, wirkt sie wie ein Verstärker.

Zwischen psychologischer Wirkung und moralischer Verzerrung

Dass das Video nicht von offiziellen israelischen Stellen stammt, macht die Lage nicht harmloser, sondern komplexer. Es zeigt, wie sehr sich der Informationskrieg verselbstständigt hat. Private Akteure produzieren Inhalte, die weltweit Wirkung entfalten, ohne politische oder ethische Verantwortung tragen zu müssen.

Für viele Nutzer wird Israel dadurch nicht als Staat im Verteidigungskampf wahrgenommen, sondern als zynischer Akteur, der den Tod seiner Gegner ästhetisiert. Die Differenz zwischen legitimer militärischer Selbstverteidigung und propagandistischer Verzerrung verschwimmt. Am Ende bleibt ein Gefühl zurück, das sich nicht gegen Terrororganisationen richtet, sondern gegen Juden insgesamt.

Avichay Adraee als Projektionsfläche

Dass Avichay Adraee im Zentrum der Inszenierung steht, ist kein Zufall. Er ist in der arabischen Welt eine der sichtbarsten israelischen Figuren. Seine Präsenz, seine direkte Sprache und seine mediale Schlagfertigkeit machen ihn zur idealen Projektionsfläche. Das KI-Video nutzt diese Bekanntheit, um Israel zu personifizieren – und damit auch jüdische Macht zu emotionalisieren.

Was dabei verloren geht, ist jede Differenzierung. Israel wird auf eine Figur reduziert, diese Figur auf ein Gesicht, dieses Gesicht auf eine Rolle. Genau so funktionieren antisemitische Verkürzungen.

Der digitale Raum als moralisch entgrenztes Schlachtfeld

Das Video zeigt exemplarisch, wie Künstliche Intelligenz nicht nur Fakten manipulieren, sondern moralische Grenzen verwischen kann. Wer lacht, teilt, kommentiert, beteiligt sich oft unbewusst an einer Erzählung, die Gewalt ästhetisiert und Juden kollektivisiert.

Der eigentliche Schaden entsteht nicht durch das einzelne Video, sondern durch seine Normalisierung. Wenn solche Bilder als clever, mutig oder befreiend gelten, verfestigt sich ein Klima, in dem antisemitische Codes wieder sagbar werden – diesmal nicht in Hassreden, sondern in viralen Clips.

Fazit: Humor ohne Verantwortung ist kein Zufall

Dieses KI-Video ist kein harmloser Spaß. Es ist ein Beispiel dafür, wie schnell digitale Inhalte alte Feindbilder reaktivieren können. Wer es unkritisch feiert, verkennt seine Wirkung. Wer es ignoriert, überlässt den Diskurs jenen, die aus Ironie Ideologie machen.

Der Kampf um Bilder ist längst Teil des Konflikts. Umso wichtiger ist es, nicht nur auf militärische oder politische Ebenen zu schauen, sondern auf die Narrative, die sich im Schatten von Algorithmen verbreiten. Denn dort entscheidet sich, ob Juden als Menschen gesehen werden – oder wieder als Symbol für alles Böse.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot X


Montag, 22 Dezember 2025

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