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Somaliland, das Rote Meer und Israels Kalkül: Ein Schritt mit Signalwirkung

Somaliland, das Rote Meer und Israels Kalkül: Ein Schritt mit Signalwirkung


Die Anerkennung Somalilands durch Israel ist kein symbolischer Akt, sondern Teil einer sicherheitspolitischen Neuvermessung rund um das Rote Meer. Doch wie groß ist der strategische Gewinn wirklich.

Somaliland, das Rote Meer und Israels Kalkül: Ein Schritt mit Signalwirkung

Mit der offiziellen Anerkennung Somalilands hat Israel eine Entscheidung getroffen, die weit über Ostafrika hinausreicht. Auf den ersten Blick wirkt der Schritt ungewöhnlich. Somaliland ist international kaum anerkannt, politisch fragil und wirtschaftlich begrenzt. Doch seine Lage macht das Gebiet geopolitisch relevant. Es liegt am Horn von Afrika, unweit einer der sensibelsten Engstellen des Welthandels, der Meerenge Bab al Mandeb.

Diese schmale Passage verbindet das Rote Meer mit dem Golf von Aden und damit den Mittelmeerraum mit dem Indischen Ozean. Ein erheblicher Teil des globalen Warenverkehrs passiert diesen Punkt. Wer hier Einfluss hat, besitzt Hebelwirkung. Genau dort setzt Israels strategisches Denken an.

In den vergangenen Jahren hat sich das Rote Meer zu einem Raum permanenter Unsicherheit entwickelt. Die vom Iran unterstützten Huthi Milizen haben den Schiffsverkehr wiederholt angegriffen und ganze Handelsrouten zeitweise lahmgelegt. Zuvor hatten somalische Piraten gezeigt, wie verwundbar internationale Schifffahrt selbst mit einfachen Mitteln ist. Für Israel, dessen Wirtschaft stark vom freien Seehandel abhängt, ist diese Entwicklung mehr als eine Randnotiz.

Somaliland bietet geografische Nähe zu dieser Schlüsselregion. Der Hafen von Berbera, in den bereits die Vereinigten Arabischen Emirate investiert haben, liegt strategisch günstig. Eine politische Annäherung ermöglicht Israel Zugang, Kooperation und Informationsaustausch in einer Zone, die zunehmend von rivalisierenden Mächten umworben wird.

Machtkonkurrenz am Horn von Afrika

Das Horn von Afrika ist längst kein vergessener Winkel mehr. Türkei, Iran, die Golfstaaten, China, die USA und europäische Länder sind präsent, direkt oder indirekt. Militärbasen in Dschibuti, türkisches Engagement in Somalia, iranische Einflussnahme über Stellvertreter und Emirati Investitionen zeichnen ein Bild wachsender Konkurrenz.

Israel positioniert sich in diesem Umfeld nicht als dominierende Macht, sondern als Akteur mit klar umrissenen Interessen. Sicherheit der Seewege, Eindämmung iranischer Expansion und strategische Abstimmung mit Partnern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten stehen im Vordergrund.

Gleichzeitig ist die Region von struktureller Schwäche geprägt. Somalia ist seit Jahrzehnten fragmentiert, Sudan versinkt im Bürgerkrieg, Eritrea ist isoliert, Äthiopien ringt mit inneren Konflikten. Auf der gegenüberliegenden Seite des Meeres ist der Jemen faktisch geteilt. Diese Instabilität begrenzt den realen Nutzen geopolitischer Präsenz.

Die Huthi Angriffe haben gezeigt, dass moderne Technologie keine Voraussetzung für effektive Störungen ist. Drohnen, Raketen oder einfache Schnellboote reichen aus, um milliardenschwere Handelsströme zu gefährden. Kontrolle über Häfen oder politische Anerkennung allein lösen dieses Problem nicht.

Israels Gewinn bleibt begrenzt, aber bewusst gewählt

Israels Anerkennung Somalilands sollte daher nicht überschätzt werden. Sie verschiebt keine Machtbalance fundamental. Sie schafft keinen Schutzschild gegen Raketen oder Drohnen. Aber sie ist ein Signal. Israel zeigt, dass es bereit ist, außerhalb klassischer diplomatischer Pfade zu handeln, um seine sicherheitspolitischen Interessen abzusichern.

Der Schritt fügt sich in ein größeres Muster ein. Israel denkt regional vernetzt, vom östlichen Mittelmeer über das Rote Meer bis zum Indischen Ozean. Die Sicherung von Handelswegen, die Beobachtung iranischer Aktivitäten und die Kooperation mit pragmatischen Partnern stehen dabei im Mittelpunkt.

Gleichzeitig ist klar, dass das Horn von Afrika kein Schachbrett mit klaren Zügen ist. Es ist ein Raum begrenzter staatlicher Kontrolle, ökonomischer Schwäche und chronischer Instabilität. Viele Akteure haben hier Interessen, doch kaum jemand ist bereit, dauerhaft hohe Kosten zu tragen.

Somaliland selbst gewinnt durch die Anerkennung politisches Gewicht und internationale Aufmerksamkeit. Für Israel ist der Nutzen nüchtern kalkuliert. Kein großer Durchbruch, aber ein weiterer Baustein in einer langfristigen Sicherheitsstrategie, die das Rote Meer nicht mehr als Randzone betrachtet, sondern als Teil der eigenen strategischen Tiefe.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Olik Mari - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=144228873


Sonntag, 28 Dezember 2025

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