Syrien lässt jüdischen Händler nach 20 Tagen Haft freiSyrien lässt jüdischen Händler nach 20 Tagen Haft frei
Ein jüdischer Kaufmann aus Damaskus wird ohne Anklage entlassen. Der Fall zeigt die fragile Lage religiöser Minderheiten in Syrien und wirft ein grelles Licht auf ein Justizsystem, das Vertrauen zurückgewinnen will.
Salem Hamdani ist wieder zu Hause. Nach zwanzig Tagen Haft in Syrien wurde der jüdische Händler aus Damaskus freigelassen, weil die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht belegt werden konnten. Ihm war vorgeworfen worden, gestohlene Antiquitäten aus dem Nationalmuseum von Damaskus verkauft zu haben. Beweise fanden die Ermittler nicht. Die Akte wurde geschlossen. Ohne Schuldspruch. Ohne öffentliche Erklärung der Behörden.
Der Fall wirkt auf den ersten Blick wie ein einzelnes Justizirrtum. Tatsächlich erzählt er weit mehr über die Situation einer der kleinsten und verletzlichsten Gemeinschaften im Nahen Osten. Die jüdische Gemeinde in Syrien zählt nur noch wenige Dutzend Menschen. Ihre Existenz spielt sich im Schatten jahrzehntelanger Auswanderung, politischer Repression und regionaler Feindbilder ab. Jeder Zugriff der Sicherheitsorgane wird in dieser Realität sofort als Signal verstanden. Auch dieser.
Hamdani wurde festgenommen, verhört und inhaftiert. Freunde berichten, er habe kooperiert, seine Unschuld beteuert und auf die Aufklärung vertraut. Ein enger Vertrauter erklärte später öffentlich, der Händler sei während der Haft respektvoll behandelt worden. Das ist eine Aussage, die in Syrien keineswegs selbstverständlich ist und deshalb bewusst betont wird. Sie soll beruhigen. Doch sie ersetzt keine Transparenz.
In der jüdischen Gemeinde von Damaskus machte sich dennoch Angst breit. Viele sahen in der Festnahme weniger einen Verdacht wegen Kulturgutraubs als vielmehr eine Handlung, die mit der religiösen Identität des Betroffenen zusammenhing. Diese Sorge ist historisch gewachsen. Jüdisches Leben in Syrien war über Jahrzehnte Einschränkungen, Überwachung und Diskriminierung ausgesetzt. Vertrauen in staatliche Institutionen ist dort kein abstrakter Begriff, sondern eine tägliche Frage der Sicherheit.
Ein offizieller Vertreter der jüdischen Gemeinschaft hatte bereits vor der Freilassung Zuversicht geäußert, dass das Verfahren korrekt enden werde. Diese Hoffnung hat sich erfüllt. Dennoch bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Bis heute gibt es keine öffentliche Erklärung der syrischen Behörden, warum Hamdani festgenommen wurde, welche Ermittlungsansätze verfolgt wurden und weshalb diese letztlich ins Leere liefen. In einem Rechtsstaat wären solche Antworten selbstverständlich. In Syrien bleiben sie aus.
Der Vorgang reicht über die Grenzen des Landes hinaus. In Jerusalem wurde er aufmerksam verfolgt. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sprach das Thema der Minderheitenverfolgung in Syrien bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem amtierenden US Präsidenten Donald Trump in Florida offen an. Für Israel ist die Lage von Juden, Drusen und anderen Minderheiten jenseits der Grenze keine abstrakte Menschenrechtsfrage. Sie ist Teil der eigenen Sicherheitsdoktrin.
Netanyahu machte deutlich, dass jede Annäherung an die neue Führung in Damaskus an klare Bedingungen geknüpft ist. Sicherheit an der Grenze steht an erster Stelle. Keine Terrorstrukturen. Keine Angriffe. Und Schutz für Minderheiten. Worte, die in Israel als nüchtern gelten, in der Region jedoch als klare politische Botschaft verstanden werden.
Die neue syrische Führung unter Ahmed al Sharaa versucht international Vertrauen aufzubauen. Der Fall Hamdani hätte eine Gelegenheit sein können, Rechtsstaatlichkeit sichtbar zu demonstrieren. Die Freilassung war ein notwendiger Schritt. Die fehlende öffentliche Begründung bleibt ein Versäumnis.
Für Salem Hamdani persönlich endet die Geschichte ohne Verurteilung, aber nicht ohne Folgen. Zwanzig Tage Haft hinterlassen Spuren. Für die jüdische Gemeinschaft in Damaskus bleibt die Erkenntnis, wie schnell Normalität kippen kann. Für Israel ist der Fall ein weiteres Argument, warum Sicherheitsfragen und der Schutz von Minderheiten untrennbar miteinander verbunden sind.
Syrien steht an einem Punkt, an dem jede einzelne Entscheidung zählt. Nicht nur militärisch oder diplomatisch, sondern moralisch. Wer Vertrauen will, muss erklären. Wer Stabilität verspricht, muss Minderheiten schützen. Der Fall Hamdani ist abgeschlossen. Die Fragen, die er aufwirft, sind es nicht.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Symbolbild KI generiert
Mittwoch, 31 Dezember 2025