Mal nachgefragt: Warum erlitten die Araber 1948 die `Nakba´ – und leiden jeden Tag seitdem?

Mal nachgefragt:

Warum erlitten die Araber 1948 die `Nakba´ – und leiden jeden Tag seitdem?


Warum erlitten die Araber 1948 die `Nakba´ – und leiden jeden Tag seitdem?

Die erstaunliche Sicht des Mannes, der diesen Begriff prägte

Barry Rubin, Pajamas Media, 5. Februar 2012

Es ist ironisch, dass der Westen das Narrativ genau der Leute übernommen hat, die so viel Unheil über den Nahen Osten gebracht haben. Es gibt zwei Gründe: Die Ignoranz der westlichen „Experten“ und die Dominanz der radikalen Interpretationen, die die Schweinerei überhaupt veranstalteten.

Hier ein Beispiel: In einer gerade von Harvard veröffentlichten Abhandlung behauptet jemand mit dem Namen Neil Lewis (wo finden sie diese Leute, die über Nahost-Themen schreiben und keine Ahnung davon haben?) die Vorstellung, die New York Times sei gegenüber Israel unausgewogen, sei eine Mär. Nicht einfach eine teilweise richtige oder übertriebene Behauptung. Oh nein, es ist völlig lächerlich! Wenn überhaupt, schreibt er, ist die New York Times – wie eine von Radikalen kontrollierter britische Universität es vor einiger Zeit bezüglich der beständig antiisraelischen BBC tat – wirklich zu unausgewogen zugunsten Israels! Ohne Zweifel steht Herr Lewis eine ausgezeichnete, mit guten Finanzen versehene Karriere bevor. Sehen Sie sich seine zukünftigen Artikel an, die ... von der New York Times gebracht werden. Oh, warten Sie, was für ein Zufall! Er schreibt bereits für die New York Times! Ah, die mutige neue Welt, in der solche Menschen Zuhause sind!

Besteht da eigentlich kein Interessenkonflikt? Immerhin, wenn Lewis die Zeitung kritisieren würde, würde er sich selbst und seine Kollegen kritisieren, sogar möglicherweise seine Zukunft gefährden. Wer hat vorgeschlagen einen Reporter der New York Times eine Analyse über die Fairness dieser Zeitung anfertigen zu lassen? Und doch ist das irgendwie passend, da die Journalisten der Massenmedien glauben, nur sie könnten die Angemessenheit ihrer Berichterstattung beurteilen. Vor ein paar Jahrzehnten war das vielleicht vorstellbar, aber damals gab es so etwas wie Berufsethos, das Vertrauen in die Anstrengung so objektiv wie möglich zu sein, die Vorstellung, dass Berichterstattung dazu dienen sollte die Nachrichten zu präsentieren statt eine Meinung und eine ideologische Agenda; oder all diese anderen „altmodischen“ Ideen.

Da ich jede Menge konkrete Artikel geschrieben habe, die diese Einseitigkeit en detail dokumentieren, weiß ich, dass dieses Harvard-Teil ein weiterer Triumph der Ideologie über ernsthafte Forschung ist. Mancher hat auf die Dinge hingewiesen, die von Lewis‘ Abhandlung ignoriert und von ihr verdreht werden, doch meine Aufmerksamkeit wurde von einem wunderbaren Beispiel besonderer Fürsprache und historischer Ignoranz angezogen, die so üblich ist, wenn es darum geht auf Israel einzuprügeln und Entschuldigungen für palästinensische Unnachgiebigkeit zu finden. Es gibt hier eine große Überraschung und Ironie, die ich gleich erklären werde.

Lewis schreibt:

Der Jahrestag der Gründung Israels ist im Land eine Gelegenheit für offizielle Freude. Doch von vielen Arabern wird er stattdessen als die „Nakba“ begangen – die Katastrophe, die Zeit, als die Hälfte der arabischen Bevölkerung der Region (geschätzte 700.000 bis 800.000) fliehen musste oder vertrieben wurde. Was genau geschah, bleibt eine hitzige Debatte.

Teil der Wirkung des Begriffs „Nakba“ ist für die Araber natürlich die Hoffnung, dass er ein rhetorisches und moralisches Gegengewicht zu den gefühlsbetonten Begriffen „Holocaust“ und „Schoah“ (Hebräisch für „Katastrophe“) geben könnte. Er ist unter Arabern seit 1949 in Gebrauch, sagt ein Experte.

Das Wort erschien jedoch in der NY Times nicht vor 1998, in einem Artikel, der Teil einer Serie war, die Israel zum 50. Jahrestags seines Bestehens in Augenschein nahm. „Nakba“, das wegen der beträchtlichen Unterstützung für die Palästinenser an solchen Orten auf Universitäts-Campussen zu einem bekannten Begriff wurde, erscheint in der Folge nur ein paar Dutzend Male mehr auf den Nachrichtenseiten der NY Times.

In Lewis‘ Fußnote zu diesem Experten heißt es: „Der Begriff ‚Nakba‘ wurde ab 1949 von Arabern benutzt, nachdem er Teil des Titels eines Buchs von Constantine Zurayk war, einem Professor an der Amerikanischen Universität Beirut, sagte Rashid Khalidi, Edward Said-Profssor für Arabische Studien an der Columbia University.“

Damit impliziert Lewis, dass das Wort „Nakba“ bis 1998 nicht gebraucht wurde, beweise, dass die NY Times pro-israelisch war und das Leid der Palästinenser ignorierte. Wie so vieles, das über den arabisch-israelischen Konflikt gesagt wird, ist auch hier bemerkenswert, dass in weniger als 150 Worten gezeigt werden kann, wie absurd diese Argumentation ist. Sie folgen unten:

Jeder, der je einen Krieg verlor, ist deswegen traurig und hat gelitten. Diskutiert die NY Times die „Nakba“ der Südstaaten-Konföderation, der Deutschen im Ersten und im Zweiten Weltkrieg, der Japaner im Zweiten Weltkrieg usw. durch jeden modernen Konflikt hindurch? Sollte sie von der Trauer der Kommunisten über den Sturz des Sowjetblocks reden? Lewis impliziert, dass die NY Times nie die Tatsache diskutierte, dass die Araber wegen ihrer Niederlage 1948 unglücklich waren oder dass es palästinensische Flüchtlinge gab oder dass sie ganz Israel beanspruchten. Jede Woche, vielleicht mehrmals pro Woche, ist diese Information während eines halben Jahrhunderts oder länger in der NY Times veröffentlicht worden. Das einzige, was die NY Times nicht tat – aber seit einiger Zeit „korrigierte“, indem sie das „Nakba“-Konzept benutzt – ist Israels Gründung als Tragödie darzustellen und zu implizieren, das palästinensisches Leid ausschließlich dem Tun Israels geschuldet ist. Schließlich ist palästinensisches „Nakba“-Gedenken ziemlich neu, von der PA als Propagandaübung konzipiert. Warum neu? Weil die PLO niemals Mitleid des Westens anstrebte, sondern sich als heldenhafte Krieger auf dem Weg zum Sieg präsentierte.

Doch der Mann, der den Gebrauch des Wortes „Nakba“ in diesem Zusammenhang prägte, hat sehr andere Ansichten als Lewis, die NY Times, die PA, die antiisraelischen Demonstranten auf dem Campus und die revolutionären Islamisten.

Constantine Zurayk war Vizepräsident der Amerikanischen Universität Beirut. Sein Buch hieß „The Meaning of the Disaster“ (Die Bedeutung der Katastrophe). Hier ist die Schlüsselpassage:

Sieben arabische Staaten erklärten dem Zionismus in Palästina den Krieg, halten unfähig davor an und drehen auf dem Absatz um. Die Repräsentanten der Araber halten hitzige Reden in den höchsten Regierungsforen, warnen, was die arabischen Staaten und Völker alles tun werden, sollte diese oder jene Entscheidung umgesetzt werden. Ankündigungen fallen wie Bomben aus den Mündern der Offiziellen bei den Treffen der Arabischen Liga, aber wenn Handeln notwendig wird, verstummt das Feuer und Stahl und Eisen sind verrostet und verbogen, biegt sich und zerfällt schnell.“

Das ist der alte Stil des arabischen Diskurses. Zurayk gab offen zu, dass die arabischen Staaten jeden Kompromiss ablehnten, wilde Drohungen ausstießen und in den neuen Staat Israel einmarschierten, um ihn zu vernichten. Für ihn lehrte die „Nakba“, dass sie ihr System modernisieren und demokratisieren mussten. Nur gründliche Reform konnte die Unzulänglichkeiten der Arabisch sprechenden Welt in Ordnung bringen. Stattdessen fand weitere 55 Jahre das Gleiche statt, gefolgt von diesem neuen Zeitalter, das letztes Jahr aufgeschlagen wurde und vermutlich ein halbes Jahrhundert immer noch das Gleiche bringen wird. Nakba ist zum Gegenteil dessen geworden, was sie für Zurayk sein sollte: Dem Gegner die Schuld zuzuschieben, statt die eigenen Unzugänglichkeiten zuzugeben und in Ordnung zu bringen.

Was ein Ruf nach Reform und Moderation war, ist zu einem Schrei nach Rache geworden. Hätten die palästinensisch-arabischen Kräfte 1946 nicht begonnen einen Krieg vorzubereiten, der vom Mufti Amin al-Husseini angeführt wurde – frisch aus Berlin zurückgekehrt, wo er Hitlers größter nicht europäischer Kollaborateur war (Einzelheiten dazu im neuen Buch von Wolfang Schwanitz und mir, das später dieses Jahr erscheint) – und versteckte, von den Nazis (1942) gelieferte Waffen benutzte, hätte es keine Nakba gegeben.

Oh, und: Ist die „Nakba“ – nutzen wir Zurayks eigene Schilderung – mit den Holocaust-Morden an sechs Millionen Juden durch die Nazis und ihre willigen Kollaborateure vergleichbar? Nun, die Juden hatten keinen Staat und sie erklärten Deutschland weder den Krieg noch marschierten sie mit Armeen ein, auch drohten sie nicht Deutschland von der Landkarte zu wischen, es zu bombardieren und an den Deutschen Völkermord zu verüben.

Wären arabische Staaten einige Kompromisse eingegangen, entweder die Gründung Israels durch flexible Diplomatie zu verhindern oder einen Zweistaatenlösung zu akzeptieren, dann hätte es keine Nakba gegeben.

Wenn die palästinensischen Araber und die arabischen Staaten 1947 den Teilungsplan akzeptiert hätten, hätte es keine Nakba gegeben. Statt Israels Gründung zu betrauern, hätten sie die Gründung Palästinas bejubelt.

Die wahre „Nakba“ war die Ablehnung der Teilung, die 1948 einen palästinensisch-arabischen Staat geschaffen hätte. Ein solcher Staat hätte bereits sein 60-jähriges Bestehen gefeiert. Es hätte keine Kriege von 1956, 1967, 1973 oder 1982 gegeben; keine Flüchtlinge; keinen Terrorismus. Selbst heute ist dieser Punkt auf Arabisch nur durch eine Hand voll mutige, isolierte und ignorierte Menschen diskutiert worden.

In Wirklichkeit war die Nakba das Ergebnis eines Versuchs Israel zu vernichten und doch wird sie heute als Begründung für die Fortsetzung des Versuchs der Vernichtung Israels benutzt.

Doch das Konzept der Nakba, von dem Zurayk schrieb, war viel breiter angelegt – das Versagen der Arabisch sprechenden Welt die Moderne, Wissenschaften, wahre Demokratie und anderes zu begrüßen. In dieser Hinsicht ist jeder Tag eine Nakba und 2011 war nicht das Jahr des „Arabischen Frühlings“, sondern das Jahr der Erneuerung der Nakba-Strategie. Es handelt sich um eine selbst zugefügte Nakba und die Opfer sind die Arabisch sprechenden Menschen selbst.

Wie so vieles, das über den arabisch-israelischen Konflikt gesagt wird, ist es bemerkenswert, wie absurd dies in weniger als 150 Worten aufgezeigt werden kann. Hier sind sie:

Weil ein syrischer Schriftsteller ein Buch produzierte, dessen Titel von den Palästinensern bis vor ein paar Jahren ignoriert wurde, ist der Westen schuldig seinen Titel Jahrzehnte lang nicht aufgegriffen zu haben und den Palästinensern zuvorzukommen! Und weil ein liberaler Modernisierer die Niederlage als internes Versagen der arabischen Staaten analysierte, sollte dies den nationalistischen Diktatoren und Islamisten nutzen, die diese Staaten heute regieren.

Was dachte Zurayk über den Zionismus und seinen Triumpf? Er schrieb dies hier:

Der Grund für den Sieg der Zionisten bestand darin, dass die Wurzeln des Zionismus in modernem, westlichen Leben gründen, während wir zum größten Teil weiter weit entfernt von diesem Leben und ihm feindlich gesinnt sind. Sie leben in der Gegenwart und für die Zukunft, während wir weiter die Träume der Vergangenheit träumen und uns mit seinem verschwindenden Ruhm betäuben.

„Die Träume der Vergangenheit träumen und uns mit seinem verschwindenden Ruhm betäuben.“ Ist das nicht genau das, wozu das Konzept der Nakba heute benutzt wird? Zu sagen: Wir können keinen Kompromissfrieden eingehen, weil diese fürchterlichen Israelis vor mehr 60 Jahren so gemein zu uns waren. Wir sind die Opfer. Wir wollen Rache. Wir träumen vom totalen Sieg.

Und diese Träume und dieses Betäuben garantieren den Arabern und den meisten Palästinensern heute das Versagen.

Würde Zurayk heute leben, dann wäre er ein arabischer Liberaler, der gegen den radikalen Islamismus kämpft. Zurayk wollte, dass die Araber aus ihren Fehlern lernen. Wie steht das im Kontext von 2012 da? Wie bald werden wir von der ägyptischen, libanesischen, libyschen, syrischen und tunesischen „Nakba“ hören? Oder wie wäre es mit der palästinensischen Nakba, als die Hamas ihren Coup im Gazastreifen durchführte? Eines Tages könnten wir sogar von dem vielfachen „Nakba“-Muster hören, das von der Ablehnung der PLO und der PA verursacht wurde, die eine Kompromissvereinbarung mit Israel einzugehen ablehnte, die zu einer Zweistaatenlösung und vollem Frieden führt.

 

Übersetzung: Heplev



Autor: haolam.de
Bild Quelle:


Freitag, 10 Februar 2012

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