Ist Trumps Kritik an amerikanischen Juden gerechtfertigt?

Ist Trumps Kritik an amerikanischen Juden gerechtfertigt?


Die Reaktion auf den Truth Social-Eintrag des ehemaligen US-Präsidenten ist nichts weniger als eine fast hysterische – zielgerichtete – Falschlesung seiner Worte, die weder drohend noch antisemitisch waren.

Ist Trumps Kritik an amerikanischen Juden gerechtfertigt?

Von Ruthie Blum, Israel haYom

Der jüngste Aufruhr um den früheren US-Präsidenten Donald Trump betrifft Kommentare, die er am Sonntag zu amerikanischen Juden machte – und die an sie gerichtet waren.

„Kein Präsident hat mehr für Israel getan als ich“, schrieb er auf seiner Plattform Truth Social. „Etwas überraschend jedoch erkennen das unsere wunderbaren Evangelikalen weit mehr an, als die Leute jüdischen Glaubens, besonders diejenigen, die in den USA leben.“

Stimmt alles, bis auf das „überraschend“. Die Mehrheit der Juden in den Vereinigten Staaten würde einen Republikaner nicht unterstützen, auch wenn ihr Leben oder das Israels davon abhängen würden. Ein passender Witz, der vor den Wahlen 2012 in Jerusalem kursierte, lautete: Wenn der damalige Präsident Barack Obama eine Atombombe auf Tel Aviv werfen würde, dann könnte der Anteil der ihn wählenden Juden auf 75% fallen.

Trump fuhr fort: „Die in Israel leben sind hingegen etwas ganz anderes; höchste Zustimmungsraten der Welt. Könnte ganz leicht Premier werden!“

Wieder ist das, was er so charakteristisch selbstgefällig sagt, auf den Punkt. Während seiner Amtszeit witzelten viele ihn bewundernden Israels darüber, sie würden ihn ins Premierminister-Amt wählen. Und aus gutem Grund.

Er stornierte den Joint Comprehensive Plan of Action, den Atom-Deal mit dem Iran. Er verlegte die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem, das er als Israels Hauptstadt anerkannte. Er stellte die Finanzierung für die den Terror unterstützende UNRWA ein. Er schloss die PLO-Mission in Washington. Er erkannte Israels Souveränität über die Golanhöhen an. Sein Außenministerium entfernte das Wort „besetzt“ aus Hinweisen zu Judäa und Samaria (der Westbank). Er bestimmte die Islamischen Revolutionsgarden des Iran als Terrororganisation. Und er vermittelte die historischen Abraham-Vereinbarungen.

Dennoch waren seine politischen und persönlichen Feinde wütend, dass er es wagte sich als bester Freund zu rühmen, den Israel je im Weißen Haus hatte. Was sie so richtig gallig machte, war seine Warnung: „US-Juden müssen sich am Riemen reißen und würdigen, was sie an Israel haben, bevor es zu spät ist!“

Die Reaktion ist geradezu hysterisch gewesen und das nicht im lustigen Sinne.

„Wir brauchen keinen ehemaligen Präsidenten, der sich bei Extremisten und Antisemiten anbiedert, der uns über die amerikanisch-israelische Beziehung belehrt“, twitterte Jonathan Greenblatt, CEO der Anti-Defamation League. „Es geht nicht um ein Quid pro quo; es geht um gemeinsame Werte und Sicherheitsinteressen. Dieses ‚Jewsplaining‘ ist beleidigend und abstoßend.“

Eigentlich ist Greenblatt derjenige, der nicht von „gemeinsamen Werten“ mit Israel reden sollte, dessen härteste Kritiker er regelmäßig verteidigt. Er ist es, der eine deftige Dosis „Jewsplaining“ brauchen könnte, um ihn daran zu erinnern, wie seine Rolle aussehen sollte.

Das Jewisch Democratic Council of America spie gleichermaßen abscheuliches Gift aus. „Weiterer unverfrorener Antisemitismus von Republikaner-Führer Donald Trump“, twitterte die Gruppe. „Seine Drohung gegen jüdische Amerikaner und seine ständige Verwendung des antisemitischen Sprachbilds der gespaltenen Loyalität schürt Hass auf Juden. Wir werden uns nicht von Donald Trump bedrohen lassen und jüdische Amerikaner werden GOP-Fanatismus im November zurückweisen.“

Das ist in seiner Idiotie besonders bemerkenswert. Trump äußerte keine „Drohung“ und er führte natürlich nicht „das Sprachbild der geteilten Loyalität“ an.

Im Gegenteil: Er rief die Juden dazu auf sich Israels Zukunft und Wohlergehen mehr, nicht weniger, anzunehmen. Und er warnte davor, dass diesbezügliches Versäumnis negative Konsequenzen für den jüdischen Staat haben könnte. Was ist daran falsch, geschweige denn antisemitisch? Die Antwort: Nichts.

Trotzdem plapperte Karine Jean-Pierre, Sprecherin des Weißen Hauses, die falsche Anschuldigungen nach, wobei „plagiatieren“ eine bessere Beschreibung wäre.

„Donald Trumps Kommentare waren sowohl antisemitisch, wie Sie alle wissen, als auch beleidigend für Juden  und unsere israelischen Verbündeten“, sagte sie am Montag gegenüber Reportern. „Aber sagen wir es deutlich: Seit Jahren hat Donald Trump sich in eine Reihe mit extremistischen und antisemitischen Personen gestellt. … Wir müssen Antisemitismus überall ausreißen, wo er seinen abstoßenden Kopf erhebt. Wir müssen das anprangern. Bezüglich Israel ist unsere Beziehungen eisern und wurzelt in gemeinsamen Werten und Interessen. Donald Trump begreift eindeutig beides nicht.“

Wirklich? Vielleicht sollte sie ihrem Boss sagten, dass er ihn aus der Demokratischen Partei und ihren Unterstützern in der akademischen Welt „ausreißen“ muss, wo er ganz gewaltig „seinen abstoßenden Kopf erhebt“.

Vielleicht sollte sie auch die Definition von „eisern“ überdenken. Sie wissen schon: Weil die Administration Biden palästinensische Terroristen und das israelische Militär als „beide Seiten“ bezeichnet, wenn sie auf Zurückhaltung und Deeskalation drängt.

Was die spitze Bemerkung des Komikers Jay Leno aus 2014 zum damaligen Präsidenten Barack Obama in Erinnerung ruft, der wusste „wie unzerbrechlich das Band zwischen den USA und Israel ist, weil er seit Jahren versucht es zu brechen“.

Es war Trump, der das umkehrte, zum Entsetzen genau dieser progressiven jüdischen Organisationen, die ihn wegen seines Eintrags bei Truth Social verleumdet haben. Sie und zahlreiche Medien sind so weit gegangen seine Äußerungen mit denen des Rappers/Designers Kanye West (alias Ye) gleichzusetzen, dessen jüngste Tiraden mit dreistem Judenhass in gewalttätiger Rhetorik angefüllt war.

Das ist ein geschickter Trick, weil West ein Pro-Trump-Konservativer ist. Aber vergleicht man Kim Kardashians Ex-Ehemann – der mit seiner Absicht prahlte „gegen jüdische Leute auf Death Con 3“ zu gehen – mit Israels erwiesenem Verbündeten, dann ist das nicht nur schlicht unredlich. Es ist auch durchsichtig.

Das dient nicht nur der Heraushebung der Vorladung an Trump, er solle vor dem Ausschuss zur Untersuchung des Sturm auf das Kapitol vom 6. Januar aussagen; es stellt auch einen Hail Mary-Pass[*] seitens all derer dar, die dafür beten, dass eine wahrscheinliche Wahlniederlage der Demokraten bei den anstehenden Midterm-Wahlen abgewendet wird. Zu den sich Sorgenden gehören auffälligerweise Juden.

Obwohl Trump nicht damit alleine steht ihr widersprüchliches Wahlverhalten zu beklagen, macht er den Fehler das uralte Phänomen persönlich zu nehmen. So stellte der verstorbene Soziologe Milton Himmelfarb bekanntlich 1973 im Magazin Commentary heraus: „Juden verdienen wie Episkopale, wählen aber wie Puertoricaner.“

Glücklicherweise gibt es zu dieser Regel Ausnahmen. Die Zionist Organization of America (ZOA) zum Beispiel verkündete am Freitag, dass sie Trump ihre Theodor Herzl-Medaille verleihen wird. Die Ehre wird dem „besten Freund, den Israel je im Weißen Haus hatte“ bei der Gala am 13. November in New York City verliehen.

Hut ab vor der ZOA, dass sie sich bei dem erkenntlich zeigt, wo es sich gehört.


[*] „Hail Mary-Pass“ ist ein Begriff aus dem American Football, bei dem der Quarterback kurz vor Spielende einen willden, sehr kaum kontrollierten, weiten Ball wirft, in der Hoffnung, dieser wird vielleicht – gegen alle Wahrscheinlichkeit – von einem Receiver gefangen und in einen Touchdown verwandelt.


Dieser Artikel wurde zuerst hier veröffentlicht.

Autor: Heplev
Bild Quelle: U.S. Embassy Tel Aviv, Public domain, via Wikimedia Commons


Freitag, 21 Oktober 2022

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