Trump gegen Walmart: Wenn Wirtschaft zur Drohkulisse wird

Trump gegen Walmart: Wenn Wirtschaft zur Drohkulisse wird


Wie ein Präsident versucht, die größte Einzelhandelskette der USA öffentlich zu demütigen – und warum das mehr mit Macht als mit Preisen zu tun hat.

Trump gegen Walmart: Wenn Wirtschaft zur Drohkulisse wird

Die Worte, die Donald Trump am Wochenende auf seiner Plattform Truth Social veröffentlichte, waren alles andere als diplomatisch. „Walmart sollte aufhören, Zölle als Ausrede für Preiserhöhungen zu nutzen“, schrieb der US-Präsident. „Sie sollen die Zölle einfach schlucken – und ihren Kunden nichts in Rechnung stellen. Ich beobachte das. Eure Kunden auch!!!“ Was klingt wie der Ausbruch eines verärgerten Konsumenten, war in Wirklichkeit ein gezielter Angriff des mächtigsten Mannes der Vereinigten Staaten auf eines der wichtigsten Unternehmen des Landes. Und dieser Angriff ist alles andere als harmlos.

Ein Präsident diktiert Preise

Der Grund für Trumps Wutausbruch: Walmart hatte gewarnt, dass die von Trump verhängten Zölle auf chinesische Produkte unweigerlich zu Preiserhöhungen führen würden. Der Vorstandsvorsitzende des Konzerns, Doug McMillon, betonte in einem Investoren-Call, man werde zwar versuchen, die Preise stabil zu halten – doch angesichts der steigenden Importkosten sei das nur begrenzt möglich. Es war eine nüchterne, realistische Einschätzung. Doch Trump sieht darin einen Affront gegen seine Handelspolitik.

Er fordert, dass Walmart die wirtschaftlichen Konsequenzen seiner Politik auf eigene Kosten ausgleicht – ein Präsident, der einem privaten Unternehmen öffentlich zur Profitaufgabe rät, um seinen politischen Kurs zu stützen. Die Presse in den USA spricht von „Einschüchterung“, von einem „beispiellosen Versuch, Druck auf ein Privatunternehmen auszuüben“. Und sie hat recht.

Denn Trump geht es in dieser Konfrontation nicht primär um Preise. Ihm geht es um Macht, um Kontrolle über die öffentliche Wahrnehmung – und darum, keine Schwäche einzugestehen. Wer gegen die wirtschaftliche Realität argumentiert, demonstriert nicht ökonomische Kompetenz, sondern politischen Machthunger.

Wenn Walmart die Preise erhöht, spürt es ganz Amerika

Dabei ist die Sorge von Walmart keineswegs übertrieben. Die Supermarktkette ist nicht irgendein Konzern – sie ist mit Abstand der größte Einzelhändler des Landes, mit über 1,6 Millionen Beschäftigten allein in den USA und Filialen in Reichweite von 90 Prozent der Bevölkerung. Wenn Walmart die Preise erhöht, spürt das jede amerikanische Familie.

Und nicht nur das: Die Preispolitik von Walmart wirkt wie ein Seismograph der US-Wirtschaft. Studien belegen, dass Veränderungen bei Walmart häufig einen Welleneffekt auslösen – Wettbewerber passen ihre Preise an, Lieferanten geben Kosten weiter. Als Walmart während der Inflation 2021–2022 seine Preise nur um drei Prozent erhöhte – deutlich weniger als die Konkurrenz – galt das als preisdämpfender Faktor im gesamten Markt. Walmart dämpft die Inflation. Doch das geht nur, solange die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen es zulassen.

Trumps Forderung, Walmart solle die Zölle „essen“, ignoriert diese Realität. Unternehmen operieren nicht im luftleeren Raum. Sie müssen wirtschaftlich arbeiten – auch, um Arbeitsplätze zu sichern. Ein Präsident, der das ignoriert, spielt mit dem Feuer.

Ein gefährlicher Präzedenzfall

Noch beunruhigender ist die politische Dimension. Dass der US-Präsident einzelne Unternehmen öffentlich an den Pranger stellt, ist kein Novum – doch es ist eine gefährliche Entwicklung. Was, wenn das Schule macht? Was, wenn Konzerne künftig bei jeder wirtschaftlichen Entscheidung fürchten müssen, vom Weißen Haus öffentlich bloßgestellt zu werden? Das hat nichts mit Marktwirtschaft zu tun – das ist ökonomischer Populismus.

Auch andere Unternehmen – Microsoft, Mattel, Ford – haben bereits angekündigt, ihre Preise anpassen zu müssen. Doch nur Walmart wurde öffentlich zur Zielscheibe. Warum? Weil Walmart als Symbol funktioniert: Nah am Volk, omnipräsent, wirtschaftlich mächtig. Ein Angriff auf Walmart wirkt, als würde Trump das "Volk" selbst vor höheren Preisen beschützen. In Wahrheit aber schützt er nur seine eigene Handelsideologie vor Kritik.

Die soziale Schieflage

Am meisten betroffen von möglichen Preiserhöhungen wären Menschen mit niedrigem Einkommen. Genau die Amerikanerinnen und Amerikaner, die auf günstige Lebensmittel, Hygieneprodukte und Alltagswaren bei Walmart angewiesen sind. Dass Trump ausgerechnet ihnen indirekt höhere Preise zumutet – während er sich gleichzeitig als deren Fürsprecher inszeniert – ist zynisch.

Walmart wiederum hat in seiner Antwort betont, dass man alles tun werde, um die Preise niedrig zu halten. Doch auch das Unternehmen kann keine Wunder wirken. Wirtschaftliche Zwänge lassen sich nicht einfach wegwünschen – auch nicht von einem Präsidenten.

Trumps öffentlicher Angriff auf Walmart ist ein Beispiel dafür, wie politische Macht zur Einschüchterung wirtschaftlicher Akteure genutzt wird. Die Forderung, Zölle einfach zu „schlucken“, ignoriert die ökonomische Realität, verkennt die Folgen für Millionen Verbraucher und zeigt, wie gefährlich es ist, wenn ein Präsident sich über wirtschaftliche Logik hinwegsetzt.

Die USA brauchen eine Handelspolitik mit Weitblick – keine Twitter-Kommandos auf Truth Social. Und sie brauchen Unternehmen wie Walmart, die verlässlich, realistisch und verantwortungsvoll agieren. Wenn aus Wirtschaft Politik wird, steht am Ende nicht der Kunde im Mittelpunkt, sondern das Ego eines Mannes, der nicht verlieren kann.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Aaron F. Stone - Own workPreviously published: https://www.flickr.com/photos/22408aaron/49658584618, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=95831517


Montag, 19 Mai 2025

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