„Amerika zuerst – nicht Israel“: JD Vance verteidigt Trump und den Druck auf Jerusalem„Amerika zuerst – nicht Israel“: JD Vance verteidigt Trump und den Druck auf Jerusalem
US-Vizepräsident JD Vance sorgt mit klaren Worten für Aufsehen: Der Frieden in Gaza sei nicht Ergebnis israelischer Diplomatie, sondern das Resultat von Donald Trumps Druck auf Jerusalem. In Israel reagieren Beobachter gespalten – zwischen Dankbarkeit und Unbehagen.
Washington feiert die Waffenruhe in Gaza als diplomatischen Erfolg des Präsidenten, Jerusalem dagegen ringt um die Deutung. Während Premierminister Benjamin Netanjahu die Vereinbarung als „schwierigen, aber notwendigen Schritt zur Stabilität“ beschreibt, machte US-Vizepräsident JD Vance in einer Rede in Mississippi unmissverständlich klar, wem dieser Erfolg zu verdanken sei: nicht der israelischen Führung, sondern dem Druck aus dem Weißen Haus.
„Der Präsident hat diesen Waffenstillstand erreicht, indem er Druck auf Israel ausgeübt hat“, sagte Vance bei einer Veranstaltung der konservativen Bewegung Turning Point USA von Aktivist Charlie Kirk. Und weiter: „Solange Donald Trump Präsident ist, kann niemand – auch Israel nicht – ihn manipulieren oder kontrollieren.“
Eine Aussage, die in Jerusalem zugleich Respekt und Irritation ausgelöst hat.
Zwischen Allianz und Abhängigkeit
Die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Israel sind so eng wie komplex. Kaum ein anderer Staat genießt eine ähnlich verlässliche militärische und politische Unterstützung durch Washington. Zugleich ist Israel seit Jahrzehnten Ziel antisemitischer Unterstellungen – es kontrolliere die US-Außenpolitik oder manipuliere amerikanische Entscheidungen.
Genau gegen diese Vorstellung wandte sich Vance. Auf die Frage, ob Israel die amerikanische Nahostpolitik „übermäßig beeinflusse“, entgegnete er: „Das ist nicht die Realität unter Präsident Trump. Unsere Außenpolitik orientiert sich ausschließlich an amerikanischen Interessen.“
Für Vance ist „America First“ keine Floskel, sondern der neue Maßstab für das Verhältnis zu Verbündeten – auch zu Israel. „Wir werden mit Ländern zusammenarbeiten, wenn unsere Interessen übereinstimmen. Wenn nicht – dann nicht“, sagte er.
In Israel wird diese Formulierung doppeldeutig verstanden: einerseits als Beweis, dass die US-Regierung eine klare Linie verfolgt, andererseits als Erinnerung daran, dass die Solidarität Washingtons keine Selbstverständlichkeit ist.
Ein Frieden mit Preisetikett
Der Waffenstillstand in Gaza, der nach monatelanger Gewalt und beiderseitigen Verlusten zustande kam, gilt in Washington als außenpolitischer Triumph. Hinter den Kulissen jedoch war es eine schwierige Operation: Die USA setzten Israel unter starken diplomatischen Druck, um Zugeständnisse zu erzwingen – insbesondere bei der Freigabe humanitärer Korridore und der Koordination mit Katar und Ägypten.
Vance bestätigte indirekt, dass dieser Druck zentral war. Damit stellt er den bisherigen israelischen Narrativ infrage, wonach die Entscheidung zum Waffenstillstand ausschließlich Ergebnis israelischer Überlegung und militärischer Bewertung gewesen sei.
„Wenn der Präsident sagt, wir brauchen eine Pause, dann geschieht das nicht aus Schwäche, sondern weil wir wissen, wann ein Krieg endet und wann Diplomatie beginnen muss“, so Vance.
Neue Allianzen – auch gegen israelische Einwände
Brisant ist vor allem Vances Seitenhieb auf „pro-israelische Stimmen“ in den USA, die sich gegen engere Beziehungen zu Staaten wie Katar oder der Türkei ausgesprochen hatten. Vance erklärte, Washington werde künftig Allianzen ausschließlich nach gemeinsamen Interessen bewerten – unabhängig von israelischer Zustimmung.
„Wir haben Stimmen gehört, die uns davon abraten, mit bestimmten Ländern im Nahen Osten zusammenzuarbeiten“, sagte er. „Aber die Linie des Präsidenten ist klar: Wir bauen Beziehungen zu jedem Land auf, mit dem wir Interessen teilen – auch wenn manche pro-israelische Kreise dagegen sind.“
Damit bricht Vance bewusst mit dem Eindruck, Israel könne die amerikanische Nahostpolitik mitbestimmen. Seine Aussage zielt nicht gegen Israel selbst, sondern gegen das Bild einer ungleichen Abhängigkeit, das in der amerikanischen Öffentlichkeit immer wieder genährt wird.
Zwischen Vertrauen und Machtbalance
Für Israel ist diese Klarstellung zwiespältig. Einerseits betont Vance, dass die Allianz mit Jerusalem unerschütterlich bleibt. Andererseits verweist er auf eine Hierarchie, in der die USA bestimmen, wann und wie sie eingreifen.
Noch vor wenigen Tagen hatte Vance bei einem Besuch in Jerusalem erklärt: „Israel ist keine Protektoratsmacht der Vereinigten Staaten. Wir wollen keine Abhängigkeit – wir wollen eine Partnerschaft.“
Doch die Realität dieser Partnerschaft bleibt ein politisches Spannungsfeld. Washington erwartet, dass Israel amerikanische Interessen in der Region berücksichtigt, insbesondere bei der Koordination mit arabischen Staaten, bei humanitären Zugeständnissen in Gaza und bei der Eindämmung des Konflikts mit dem Iran.
Jerusalem wiederum hofft, dass die US-Unterstützung auch in Momenten bestehen bleibt, in denen militärische Notwendigkeiten keine diplomatischen Rücksichten erlauben.
Trumps Pragmatismus – Vances Sprache
Vances Auftritt markiert eine neue Phase im transatlantischen Diskurs: Er übersetzt Trumps außenpolitischen Pragmatismus in klare Worte. Für Israel bedeutet das: mehr Ehrlichkeit, aber auch weniger Automatismus.
Trumps Linie bleibt freundlich, aber fordernd – ein Präsident, der die Freundschaft zu Israel hochhält, aber keine blinde Gefolgschaft duldet. Sein Vizepräsident Vance verkörpert diese Haltung mit einem Satz, der in Jerusalem nachhallt:
„Israel kann Donald Trump nicht manipulieren. Er handelt, weil es richtig ist – nicht, weil es jemand von ihm erwartet.“
Autor: Redaktion
Bild Quelle: GPO
Donnerstag, 30 Oktober 2025