Ein Pranger im Weißen Haus: Wie der neue Medien-Prüfmechanismus des Trump-Teams zum Eigentor wurdeEin Pranger im Weißen Haus: Wie der neue Medien-Prüfmechanismus des Trump-Teams zum Eigentor wurde
Der Versuch, kritische Journalistinnen und Journalisten an den Pranger zu stellen, endete für das Weiße Haus in einer Blamage. Eine neue Seite, die angeblich Falschmeldungen entlarven sollte, verbreitete selbst eine falsche Behauptung – und zeigte damit, wie dünn der Boden geworden ist, auf dem die amerikanische Öffentlichkeit informiert werden soll.
Der politische Ton in Washington war selten so scharf wie in diesen Monaten. Präsident Donald Trump arbeitet seit Jahren daran, die Grenzen der politischen Auseinandersetzung zu verschieben. Doch was sich an diesem Wochenende abspielte, markiert eine neue Eskalationsstufe im Umgang der Exekutive mit der Presse. Auf der offiziellen Webseite des Weißen Hauses wurde ein eigener Bereich freigeschaltet, der als eine Art öffentlicher Pranger fungieren sollte: Medienhäuser, die den Präsidenten kritisieren oder aus Sicht seiner Mitarbeiter falsch berichten, wurden dort namentlich genannt, kategorisiert und beschämt.
Der Anspruch: Aufräumen mit angeblicher Desinformation.
Die Realität: Eine staatliche Plattform, die selbst Desinformation verbreitete.
Ein Pranger, der sofort stürzte
Der neue Bereich trug die Überschrift, amerikanische Medien hätten getäuscht oder manipuliert. Neben dem Boston Globe fanden sich CBS und der Independent auf einer Liste vermeintlicher „Übeltäter“, die den Präsidenten falsch zitiert hätten. Die Botschaft war unmissverständlich: Wer den Präsidenten kritisiert, läuft Gefahr, öffentlich vorgeführt zu werden.
Als besonders aggressiv wirkte der sogenannte „Hall of Shame“, in dem große Redaktionen wie die Washington Post, CNN, MSNBC und CBS dauerhaft als Wiederholungstäter aufgeführt wurden. Jedes Medium wurde mit Artikeln, Namen von Reporterinnen und Reportern sowie Rubriken wie „Lüge“, „Verzerrung“ und „linke Fantasie“ versehen. Es war eine Darstellung, die gezielt persönliche Angriffe mit institutioneller Abwertung verband.
Doch kaum war der Pranger online, offenbarte sich seine eigene Schwäche. Eine der präsentierten „Falschmeldungen“ beruhte auf einem Fehler des Weißen Hauses selbst: Ein Fox-News-Reporter wurde wegen einer angeblichen Frage bloßgestellt – die er nie gestellt hatte. Der Fehler stammte nicht aus dem journalistischen Bereich, sondern aus dem Regierungsapparat. Fox News intervenierte, und die Seite wurde hastig vom Netz genommen.
Es war ein entlarvender Moment. Anstatt Transparenz zu schaffen, demonstrierte die Regierung, wie bereitwillig sie selbst zur Verzerrung greift, wenn es ihrer Erzählung dient.
Personalisierte Angriffe – besonders gegen Frauen
Der neue Pranger ist nur ein Baustein einer breiter angelegten Konfrontation zwischen Präsident und Presse. Seit Wochen greift Trump Journalistinnen mit Worten an, die weit jenseits politischer Kritik liegen. Eine Reporterin von Bloomberg wurde beschimpft, sie solle „still sein“ und als „Schwein“ tituliert. Eine Korrespondentin von ABC nannte er „furchtbar“ und „schrecklich“. Eine Journalistin der New York Times diffamierte er öffentlich als „hässlich, innen wie außen“. Es sind Beschimpfungen, die gezielt erniedrigen sollen – und die im mächtigsten Amt der Welt eine besondere Schwere besitzen.
Diese Wortwahl ist kein Ausrutscher. Sie ist Teil einer Strategie, die Kritiker nicht argumentativ entkräftet, sondern entmenschlicht. Die jüngste Episode auf der Regierungswebsite fügt sich nahtlos ein: Der Präsident versucht, durch Einschüchterung zu führen. Doch in dem Moment, in dem die Regierung selbst falsche Informationen veröffentlicht, verliert die Argumentation jede Glaubwürdigkeit.
Eine demokratische Öffentlichkeit lebt davon, dass Kritik möglich ist – vor allem an der Regierung. Wenn das Weiße Haus anfängt, Journalistinnen und Journalisten als Feinde zu markieren, verschiebt sich die Grenze zwischen politischer Debatte und politischer Bedrohung.
Der Vorfall zeigt, wie fragil die Informationslandschaft in den USA geworden ist. Wenn ausgerechnet die Institution, die Wahrheit einfordern will, selbst die Unwahrheit verbreitet, entsteht ein Vakuum, in dem das Misstrauen weiter wächst. Darunter leidet nicht nur die Presse. Darunter leidet die Demokratie.
Dass der Pranger vom Netz genommen wurde, ist kein Sieg. Es ist ein Alarmzeichen. Und es stellt die Frage, ob eine Regierung, die bereit ist, Journalistinnen und Journalisten zu brandmarken, noch unterscheidet zwischen notwendiger Kritik und persönlicher Feindseligkeit.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot X
Montag, 01 Dezember 2025