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Ein Skandal mit Konsequenzen: Berkeley muss israelische Wissenschaftlerin entschädigen

Ein Skandal mit Konsequenzen: Berkeley muss israelische Wissenschaftlerin entschädigen


Die Soziologin Yael Nativ wurde nach dem siebten Oktober aus politischen Gründen ausgeladen. Nun zwingt ein Gericht die Universität Berkeley zur Entschädigung und zu einer öffentlichen Entschuldigung. Der Fall zeigt, wie brüchig akademische Freiheit wird, wenn Antisemitismus salonfähig erscheint.

Ein Skandal mit Konsequenzen: Berkeley muss israelische Wissenschaftlerin entschädigen

Der Fall der israelischen Wissenschaftlerin Yael Nativ ist weit mehr als eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung. Er ist ein Spiegelbild einer akademischen Welt, die sich seit dem siebten Oktober radikal verändert hat und in Teilen moralisch versagt. Dass ausgerechnet die Universität Berkeley, ein Symbol amerikanischer Liberalität und geistiger Offenheit, gegen eine israelische Dozentin diskriminierte, wäre vor wenigen Jahren kaum vorstellbar gewesen. Doch der Druck, der nach dem Massaker eines Terrorregimes auf viele Campus einsetzte, hat eine Atmosphäre geschaffen, in der jüdische und israelische Stimmen nicht einfach ignoriert, sondern aktiv ausgeschlossen werden.

Yael Nativ, Expertin für israelischen Tanz und dessen gesellschaftliche Bedeutung, hatte 2022 bereits erfolgreich an Berkeley gelehrt. Ihre Seminare waren gut besucht, die Studierenden kamen aus aller Welt, neugierig auf ein Thema, das Kultur, Identität und Geschichte miteinander verbindet. Die Universität wollte sie erneut verpflichten. Der Vertrag war vereinbart, die Einladung ausgesprochen. Dann kam der siebte Oktober. Und mit ihm ein Klima, das jede Differenzierung verdrängte.

Nur wenige Wochen nach dem Angriff der Hamas erhielt Nativ eine Nachricht, die sie fassungslos machte. Die Leiterin des Tanzdepartments teilte ihr mit, dass der Widerstand von Studierenden und Teilen des akademischen Personals gegen israelische Dozenten zu groß sei. Man könne sie nicht mehr empfangen. Die Begründung war nicht fachlich, nicht organisatorisch. Sie war ethnisch. Nativ wurde ausgeladen, weil sie Israelin ist. Dass diese Entscheidung ausgerechnet in dem Moment fiel, in dem Israel weltweit mit beispielloser Dämonisierung konfrontiert war, verstärkte die Demütigung.

Nativ schilderte später, wie schmerzlich das Ausmaß der persönlichen Kälte war. Niemand habe sie gefragt, wie es ihr gehe, wie ihre Familie den Terror erlebe, wie sie selbst die ersten Wochen nach dem Massaker durchgestanden habe. Stattdessen wurde sie zur Projektionsfläche eines Hasses, der längst den akademischen Raum erreicht hat. Die Universität, die sich gerne als moralisch vorbildlich präsentiert, wich zurück, sobald eine israelische Dozentin zum Ziel ideologischer Kampagnen wurde.

Doch Nativ schwieg nicht. Sie veröffentlichte einen Artikel über den Vorfall, woraufhin offizielle Beschwerden eingereicht wurden. Die Universität musste ermitteln. Ein halbes Jahr lang führte eine unabhängige Juristin Gespräche mit allen Beteiligten. Das Ergebnis war eindeutig: Die Ausladung war Diskriminierung aufgrund nationaler und ethnischer Zugehörigkeit. Berkeley stand vor einem Befund, der kaum deutlicher sein konnte – und tat dennoch nichts. Keine Entschuldigung, keine Wiedergutmachung, keine Einladung zurück.

Erst als Nativ sich an die jüdische Brandeis-Stiftung wandte und anwaltliche Unterstützung erhielt, änderte sich etwas. Unter dem Druck einer drohenden Klage akzeptierte die Universität schließlich alle Forderungen: eine öffentliche Entschuldigung, eine erneute Einladung zur Lehre und eine Entschädigung in Höhe von 60.000 Dollar. Es war nicht das Geld, das Nativ bewegte. Es war die Anerkennung dessen, was geschehen war. Das Eingeständnis, dass ihre Ausgrenzung kein Missverständnis war, sondern ein Fehler, der benannt werden musste.

Ihr Fall steht exemplarisch für eine Entwicklung, die jüdische Akademikerinnen und Akademiker weltweit erleben. Seit dem siebten Oktober haben massive Feindseligkeit, politisch motivierte Ausgrenzung und offene Bedrohungen an vielen Universitäten zugenommen. Was als Kritik an Israel beginnt, verwandelt sich oft in pauschale Ablehnung von Menschen, die mit ihrer Arbeit nichts anderes tun als Wissen zu vermitteln. Genau das, was Universitäten ausmachen sollte, gerät ins Wanken.

Nativ selbst wirkt gefasst, aber nicht unberührt. Sie spricht davon, wie wichtig die symbolische Anerkennung sei und dass sie erneut nach Berkeley gehen werde – wenn sie sich sicher fühlt. Ihre Entscheidung wird nicht nur von professionellen Erwägungen abhängen, sondern davon, ob eine Universität, die sich einst Türen öffnete, bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und jüdischen Lehrenden wieder geschützt gegenüberzutreten.

Der Fall Berkeley zeigt, wie schnell moralische Kompassnadeln verrutschen können, wenn politische Stimmungen den akademischen Raum bestimmen. Und er zeigt, wie notwendig es ist, Diskriminierung klar zu benennen, bevor sie erneut als legitim ausgegeben wird. Yael Nativ hat nicht nur für sich selbst gewonnen, sondern für alle, die nicht hinnehmen wollen, dass jüdische Identität ein Ausschlusskriterium wird.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Mx. Granger - Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=147749097


Mittwoch, 17 Dezember 2025

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