Nach Bondi Beach Anschlag fordert jüdischer Rat Rücktritt eines US BürgermeistersNach Bondi Beach Anschlag fordert jüdischer Rat Rücktritt eines US Bürgermeisters
Nach dem Anschlag auf eine Chanukka-Feier am Bondi Beach richtet sich der Zorn nicht nur gegen die Täter. In Kalifornien gerät ein Bürgermeister ins Visier jüdischer Organisationen, weil er Verschwörungserzählungen verbreitete, die Juden erneut zu Tätern erklären.
Nach dem tödlichen Anschlag auf eine jüdische Chanukka-Feier am Bondi Beach in Sydney, bei dem 15 Menschen ermordet und Dutzende verletzt wurden, teilte der Bürgermeister der kalifornischen Stadt Richmond, Eduardo Martinez, Beiträge auf Linkedin, die den Angriff als angebliche Inszenierung Israels darstellten. Ein sogenanntes False-Flag-Narrativ, das Juden selbst für das Massaker verantwortlich macht.
Die Reaktion folgte ungewöhnlich deutlich. Der Jewish Community Relations Council of the Bay Area forderte öffentlich den Rücktritt des Bürgermeisters. Die Begründung ist klar und schwerwiegend. Wenn ein gewählter Vertreter mit seinen Worten Teile der Bevölkerung verunsichere und im Stich lasse, könne er sein Amt nicht mehr verantwortungsvoll ausüben. Die Aussagen seien gefährlich antisemitisch, zutiefst verletzend und nicht hinnehmbar.
Martinez, 76 Jahre alt und seit 2022 Bürgermeister, ist seit Jahren als radikaler Israel-Kritiker bekannt. Doch was er nach dem Anschlag verbreitete, ging weit über politische Kritik hinaus. Ein von ihm geteiltes Zitat behauptete, die Ursache von Judenhass liege im Verhalten Israels und der Israelis. Ein anderer Beitrag stellte jüdische Chanukka-Feiern auf eine Stufe mit provokativen Machtdemonstrationen an der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem. Chanukka, so hieß es dort, sei von zionistischen Organisationen missbraucht und zu einem politischen Werkzeug gemacht worden. Martinez kommentierte diese Inhalte mit der scheinbar harmlosen Frage, was andere darüber dächten. In Wirklichkeit war es eine Einladung zur Relativierung von Mord.
Diese Rhetorik traf auf eine jüdische Gemeinschaft, die ohnehin unter Schock stand. In Sydney legten Menschen Blumen nieder, unter ihnen auch der frühere australische Premierminister John Howard. Während vor Ort getrauert wurde, wurde online gestritten, relativiert und beschuldigt.
Australische Sicherheitsbehörden machten früh deutlich, dass die Täter von Ideologie des sogenannten Islamischen Staates motiviert waren. Dennoch verbreiteten sich in sozialen Netzwerken rasch Behauptungen, der Anschlag sei vom Mossad inszeniert worden, um Juden als Opfer darzustellen. Die Organisation CyberWell, die antisemitische Inhalte im Netz beobachtet, sprach von einem massiven Anstieg von Hass und Aufwiegelung. Besonders gefährlich sei die Leugnung der Tat und die Umkehr von Opfer und Täter.
Martinez reagierte erst nach wachsendem Druck. In einer Entschuldigung räumte er ein, unüberlegt gehandelt zu haben. Antisemitismus, schrieb er, habe es schon vor der Gründung Israels gegeben. Zugleich betonte er erneut, man dürfe Zionismus und Judentum nicht gleichsetzen. In einer weiteren Stellungnahme versuchte er, seine Aussagen als private Meinungen darzustellen, losgelöst von seinem Amt. Doch genau das überzeugt seine Kritiker nicht. Ein Bürgermeister kann seine Worte nicht ablegen wie einen Mantel. Seine Stimme hat Gewicht, immer.
Dass jüdische Organisationen offen den Rücktritt eines kommunalen Politikers fordern, ist selten. Umso deutlicher ist das Signal. Hier geht es nicht um Meinungsvielfalt, sondern um Verantwortung. Wer nach einem antisemitischen Anschlag Zweifel sät, Verschwörungen nährt und jüdisches Leben als Provokation darstellt, trägt zur Verunsicherung bei. Gerade in einer Stadt wie Richmond, in der mit Temple Beth Hillel eine Reformgemeinde existiert, wirkt das wie ein Schlag ins Gesicht.
Der Fall zeigt, wie schnell antisemitische Denkmuster salonfähig werden, wenn sie sich als Israelkritik tarnen. Und er zeigt, wie dringend klare Grenzen nötig sind. Trauer verlangt Anstand. Politik verlangt Verantwortung. Beides hat Eduardo Martinez aus Sicht vieler verloren.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von U.S. Army Corps of Engineers, photographer not specified or unknown - U.S. Army Corps of Engineers Digital Visual LibraryImage pageImage description pageDigital Visual Library home page, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2059124
Samstag, 20 Dezember 2025