Bericht des UN-Menschenrechtsrats: Das nächste Stück im absurden Theater

Bericht des UN-Menschenrechtsrats: Das nächste Stück im absurden Theater


Eine vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzte Untersuchungskommission hat ihren Bericht zum `Großen Rückkehrmarsch´ der Palästinenser und der israelischen Reaktion darauf vorgelegt.

Bericht des UN-Menschenrechtsrats: Das nächste Stück im absurden Theater

Von Alex Feuerherdt

Wie nicht anders zu erwarten, wird der jüdische Staat schwerster Verbrechen bezichtigt, während die Dominanz von Terrorgruppen bei den Ausschreitungen in Abrede gestellt wird. Schon die Grundlagen des Dokuments sind in vielerlei Hinsicht mehr als zweifelhaft.

Zeichnen sich die Vereinten Nationen in ihrer Gesamtheit durch eine grundlegende Voreingenommenheit gegenüber Israel aus – wie zuletzt beispielsweise wieder einmal die Resolutionen der UN-Generalversammlung gezeigt haben –, so gilt dies für ihren Menschenrechtsrat in besonderem Maße. Dieses Gremium, in dem die Autokratien, Despotien und Diktaturen tonangebend sind und das seinem edlen Namen schon deshalb nichts als Hohn spricht, verurteilt den jüdischen Staat nicht nur häufiger als alle anderen Länder dieser Welt zusammen, es widmet ihm als einzigem Land auch auf jeder seiner Sitzungen einen eigenen Tagesordnungspunkt. Setzt der Menschenrechtsrat eine Untersuchungskommission ein, die sich mit Maßnahmen der israelischen Armee gegen palästinensischen Terrorismus beschäftigen soll, dann steht faktisch immer schon vorher fest, dass deren Abschlussbericht nichts anderes sein wird als eine Anklageschrift gegen Israel. Der Goldstone-Report vor knapp zehn Jahren etwa hat das genauso gezeigt wie der Bericht zum Gaza-Krieg im Sommer 2014.

Im Mai des vergangenen Jahres beschloss der Rat mit 29 Ja-Stimmen, 14 Enthaltungen und den Gegenstimmen von Australien und den USA, „unverzüglich eine unabhängige, internationale Untersuchungskommission zu entsenden, […] um alle Verstöße und Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der internationalen Menschenrechtsnormen in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalems, insbesondere im besetzten Gazastreifen, im Zusammenhang mit den militärischen Angriffen auf die großen zivilen Proteste, die am 30. März 2018 begonnen haben, zu untersuchen“. Mit dem Euphemismus „große zivile Proteste“ waren die monatelangen, von der Hamas dominierten Ausschreitungen von Palästinensern im Gazastreifen gemeint, die unter dem Label „Großer Rückkehrmarsch“ liefen. Mit dem Begriff „militärische Angriffe“ wiederum wurde Israel a priori die Rolle des Aggressors zugewiesen, der überdies den Gazastreifen besetzt halte, was bekanntlich schon seit vielen Jahren nicht mehr der Wirklichkeit entspricht.

Zahl der Terroristen heruntergerechnet

So tendenziös und einseitig, wie das Mandat formuliert war, ist dann auch der vor wenigen Tagen veröffentlichte Bericht der dreiköpfigen Untersuchungskommission unter der Leitung von Santiago Canton ausgefallen. Der Argentinier hatte im August den ursprünglichen, aus nicht näher bezeichneten „persönlichen Gründen“ zurückgetretenen amerikanischen Kommissionsvorsitzenden David Crane ersetzt. Gleich zu Beginn des Dokuments heißt es, Israel habe die Zusammenarbeit mit der Kommission verweigert, sie nicht in die palästinensischen Gebiete einreisen lassen und ihr auch keine Informationen zur Verfügung gestellt. Ägypten genehmigte den Zutritt zum Gazastreifen zwar ebenfalls nicht, wie dem Papier zu entnehmen ist. Dennoch wird der Regierung des Landes ausdrücklich für die Kooperation gedankt. Worin diese bestanden haben soll, geht aus dem Dokument nicht hervor.

Die gegen Israel gerichtete Tendenz des Berichts wird rasch erkennbar. In Absatz 15 zum Beispiel heißt es knapp: „Nachdem die Hamas im Jahr 2006 die palästinensischen Parlamentswahlen gewonnen hatte, erklärte Israel im Juni 2007 Gaza zum ‚feindlichen Gebiet‘ und verhängte im Zuge eines ‚Wirtschaftskrieges‘ eine Luft-, Land- und Seeblockade.“ Der Kontext wird hier einfach ausgeblendet. Kein Wort zum massiven Raketenbeschuss durch die Hamas, mithin zum Grund dafür, dass der jüdische Staat den Gazastreifen als feindliches Territorium betrachtet. Zudem ist die Blockade keine Form von Kriegsführung mit den Mitteln der Ökonomie, sondern sie soll vielmehr die Einfuhr von Kriegsgerät verhindern und ist völlig legitim, wie die UN in ihrem Palmer-Bericht selbst festgestellt hat. Humanitäre Hilfsgüter hingegen finden sehr wohl ihren Weg in den Gazastreifen – und zwar von israelischer Seite, während Ägypten den Zugang zumeist komplett abgeriegelt hat, was im Bericht jedoch nicht erwähnt wird.

Höchst zweifelhaft ist auch die in Absatz 37 zu findende statistische Angabe, dass lediglich 29 der 183 Getöteten „organisierten bewaffneten palästinensischen Gruppen“ angehört hätten. Dabei hatte die Hamas keinen Hehl daraus gemacht, dass es sich bei deutlich mehr Toten um Mitglieder ihrer Organisation gehandelt hatte. Nach einer Erhebung des israelischen Meir Amit Intelligence and Terrorism Information Center, die unter anderem auf den Angaben der betreffenden palästinensischen Vereinigungen basiert, wurden insgesamt 187 Palästinenser bei den Ausschreitungen getötet, davon zählten 150 zu verschiedenen bewaffneten respektive terroristischen Organisationen. Dass die Untersuchungskommission von Santiago Canton zu niedrigeren Ergebnissen kommt, liegt auch daran, dass sie Getötete teilweise falsch zuordnet, wie der australische Blogger Dave Lan recherchiert hat. Demnach wird beispielsweise Musa Abu Hassainen (Absatz 69) im Bericht zum medizinischen Personal gezählt, obwohl es deutliche Hinweise darauf gibt, dass er ein Hamas-Terrorist war. Yasser Murtaja (Absatz 73) wird als Journalist geführt, allerdings gehörte er auch der terroristischen PFLP an.

Verdrehung von Rechtsgrundsätzen

Womöglich ahnte die Kommission, dass ihre Zahlen in Zweifel gezogen werden könnten, jedenfalls versucht sie im Bericht, argumentativ vorzusorgen: Es gebe „unterschiedliche Auffassungen darüber, ob Mitglieder bewaffneter Gruppierungen jederzeit oder nur bei direkter Beteiligung an Feindseligkeiten ins Visier genommen werden können“, ist in Absatz 98 zu lesen. Man selbst sei zu dem Schluss gekommen, dass es in diesem Fall unzulässig gewesen sei, „Personen ausschließlich auf der Grundlage ihrer Zugehörigkeit zu einer bewaffneten Gruppe und nicht aufgrund ihres Verhaltens anzugreifen“. Wer keine unmittelbare Gefahr für das Leben dargestellt habe, hätte in keinem Fall getötet werden dürfen. Hier erklärt die Kommission also par ordre du mufti, es müsse eine Ausnahme vom internationalen Recht gemacht werden und Kombattanten dürften nicht wie Kombattanten behandelt werden.

Dabei befindet sich Israel mit Terrororganisationen wie der Hamas im Krieg, und das bedeutet, dass deren Kämpfer bereits die bloße Mitgliedschaft in diesen Vereinigungen zu legitimen militärischen Zielen macht, auch und erst recht auf gewalttätigen Demonstrationen. Das Gegenteil zu behaupten, ist der Versuch einer Delegitimierung des israelischen Vorgehens unter eklatanter Verdrehung von Rechtsgrundsätzen. Doch das Recht wird im Untersuchungsbericht ohnehin arg strapaziert, so etwa auch, wenn in Absatz 100 ein weiteres Mal fälschlich behauptet wird, Israel sei die „Besatzungsmacht in Gaza“ und dort deshalb unter anderem für die medizinische Versorgung, das Trinkwasser, die Elektrizität und die Abwasserentsorgung zuständig.

Den Palästinensern hingegen empfiehlt die Kommission lediglich, keine brennenden Drachen und Ballons mehr auf israelisches Territorium fliegen zu lassen und „für eine rechtzeitige und effiziente Koordinierung bei der Einfuhr von Gütern in den Gazastreifen zu sorgen“. Sonst nichts, alle anderen Empfehlungen sind an die israelische Seite gerichtet. Zur Gewalt bei den Ausschreitungen, zu den versuchten Grenzstürmungen oder dazu, dass Kinder nicht nur mit zu den Aufmärschen genommen, sondern sogar in den vordersten Reihen platziert wurden, findet sich keine Silbe. Die entscheidende Rolle der Hamas und anderer Terrorgruppen bei der Inszenierung und Choreografie der Aufmärsche wird kleingeredet, ohnehin findet sich erst gegen Ende des Dokuments zumindest die Anmerkung, dass „nicht alle Demonstranten friedlich waren“ – allerdings nur, um sogleich wieder von der „übermäßigen Gewaltanwendung durch israelische Sicherheitskräfte“ zu schreiben, durch die „die Rechte von Tausenden von Menschen verletzt“ worden seien.

Anonyme, nicht überprüfbare Zeugenaussagen

Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Untersuchungskommission ihre Recherchen auf anonyme und darum nicht überprüfbare Zeugenaussagen stützt. 325 Interviews seien geführt worden, heißt es im Bericht, ohne dass deutlich gemacht wird, nach welchen Kriterien die Befragten ausgewählt wurden und wer dafür überhaupt in Frage kam. Etliche Angaben, vor allem zu den Getöteten, sind zudem einfach per Copy & Paste von palästinensischen NGOs übernommen worden, wie NGO Monitor berichtet und wie sich leicht verifizieren lässt. Ein Vorgehen, das für Untersuchungsberichte von Kommissionen des Menschenrechtsrates typisch ist – der Goldstone-Bericht etwa beruhte ebenfalls zu wesentlichen Teilen auf nicht überprüften und nicht überprüfbaren „Testimonials“, die Nichtregierungsorganisationen eingeholt hatten.

Eigentümlich mutet zudem an, dass die Kommission in ihrem Bericht immer wieder unterschiedliche Regeln, Normen und Rechtsvorschriften durcheinanderbringt. So schreibt sie beispielsweise, dass manche „Menschenrechtsverletzungen“ durch Israel auch „Kriegsverbrechen“ sein könnten, obwohl sie gleichzeitig verneint, dass eine Kriegssituation vorgelegen hat, was wiederum bedeuten würde, dass das Kriegsrecht gar keine Anwendung finden konnte. Im Zweifelsfall wird alles so hingebogen, dass der jüdische Staat einmal mehr maximales Unrecht verbrochen hat. So ist der Canton-Bericht nicht mehr als ein weiteres Beispiel für die absurde Dämonisierung und Delegitimierung Israels durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen – und ganz sicher kein ernst zu nehmendes Dokument einer unvoreingenommenen Untersuchungskommission. Herausgekommen ist am Ende ganz einfach das, was von Anfang an herauskommen sollte.


Autor: Lizas Welt
Bild Quelle: Screenshot


Montag, 04 März 2019