Alaska Airlines und die Juden des Jemen

Alaska Airlines und die Juden des Jemen


Calgary, Alberta (Kanada) – Die Geschichte des modernen Exodus der “Beta Israel“ , der Juden Äthiopiens, durch die Operationen Moses und Salomon, bei denen rund 22.000 äthiopische Juden nach Israel geflogen wurden, ist recht bekannt. Weniger bekannt ist der dramatische Exodus von mehr als 48.000 Jude aus dem Jemen. Fast unbekannt ist die Rolle, die Alaska Airlines dabei spielte.

Alaska Airlines und die Juden des Jemen

Von Joe Spier, San Diego Jewish World

Niemand weiß genau, wann die ersten Juden in den Jemen kamen. Die lokale Legende bezeichnet sie als Händler, die von König Salomo geschickt wurden. Wie auch immer, Juden leben viele Jahrhunderte lang im Jemen. Diesem rückständigen und von Armut geschlagenen Land waren die Juden die ärmsten und niedrigsten der in Verachtung lebenden Bürger und litten als Dhimmis. In ihren Synagogen und Schulen jedoch lehrten sie ihre männlichen Kinder Hebräisch lesen und schreiben. Sie vergaßen nie ihren Glauben, schützten ihre Traditionen, hielten des Sabbat und gaben Thora und Talmud an jede folgende Generation weiter. Als der Jemen nach dem Ersten Weltkrieg unabhängig wurde, wurde das Leben für die Juden in diesem muslimischen Land unerträglich. Antisemitische Gesetze wurden wiederbelebt; Juden war nicht erlaubt auf Bürgersteigen zu gehen; vor Gericht wurde die Zeugenaussage eines Juden gegen die eines Muslims nicht zugelassen; jüdische Waisen mussten zum Islam konvertiert werden. Einigen Juden gelang die Flucht nach Palästina, aber die meisten saßen in der Falle.

1947, nach der Abstimmung über die Teilung Palästinas in der UNO, verschlechterte sich die Lage der Juden im Jemen von Verzweiflung zu physischer Gefährdung. Arabische Randalierer in benachbarten Hafen von Aden, damals britische Kronkolonie und jetzt Teil des Jemen, töteten 82 Juden und zündeten das jüdische Viertel an. Die Gründung des Staates Israel am 13. Mai 1048 und Israels Unabhängigkeitskrieg gefährdete die jemenitischen Juden weiter, wie in allen arabischen Ländern. Es dauerte jedoch bis Mai 1949, als der Imam des Jemen unerwartet zustimmte, dass alle Juden sein Land verlassen, dass sie in der Lage waren zu fliehen. Sie sehnten sich nach Zion zurückzukehren, wenn sie nur die Mittel hätten. Damals lebten etwas mehr als 49.000 Juden im Jemen.

Als der Unabhängigkeitskrieg Anfang 1949 endete, war Israel verwüstet und praktisch bankrott. Dennoch befahl David Ben-Gurion, Israels erster Premierminister, entgegen aller Logik und den Rat seiner Wirtschaftsberater, die sofortige und schnelle „Sammlung der Exilanten“. Woher sollte Israel das Geld dafür bekommen? „Geht zu den Juden in der Diaspora und bittet sie um Geld“, antwortete David Ben-Gurion den Skeptikern.

Für die Juden des Jemen hatte Ägypten den Suezkanal gesperrt und daher mussten sie auf dem Luftweg nach Israel transportiert werden. Das American Jewish Joint Distribution Committee (JDC), die internationale jüdische humanitäre Hilfsorganisation, stimmt zu den jemenitischen Exodus zu finanzieren und die Luftbrücke zu organisieren, aber sie brauchte Flugzeuge.

Alaska Airlines wurde 1932 gegründet, als Mac McGee eine gebrauchte dreisitzige Stinson kaufte und einen Luftcharter-Service in Alaska begann. Mit der Ankunft von James Wooten als Präsident im Jahr 1947 begann die Fluggesellschaft überschüssige Flugzeuge der US-Regierung zu kaufen und wurde innerhalb eines Jahres die größte Charter-Airline der Welt.

Das JDC trat an Wooten heran und frage, ob Alaska Airlines zustimmt die Luftbrücke aus dem Jemen durchzuführen. Wooten wollte, dass Alaska Air den Barmherzigkeitsauftrag annimmt, aber Ray Marshall, der Vorstandsvorsitzende, war abweisend. Marshall hatte das Gefühl, der Deal sei eine Verschwendung der Zeit und des Geldes der Fluggesellschaft. Es brauchte Mindestens $50.000 um den Charterbetrieb in Gang zu setzen, Geld, das die Airline nicht hatte. Marshall bestand darauf, dass Wooten die Gelder selbst vorstreckte. Wooten brachte die $50.000 auf, indem er sie sich von Reisebüros lieh, die mit der JDC in Verbindung standen. Der Vertrag wurde unterzeichnet und die Operation On Wings of Eagles (Operation Auf Adlerschwingen), die besser unter ihrem Spitznamen Operation Fliegender Teppich bekannt wurde, konnte beginnen.

Da der Jemen nicht erlaubte jüdische Flüchtlinge aus dem Land zu fliegen, hatte Großbritannien der Einrichtung eines Transitlagers in der angrenzenden Kronkolonie Aden zugestimmt, von dem aus die Luftbrücke starten konnte. Alaska Airlines eröffnete seine Basis in Asmara in Eritrea; dort waren die Bodenmannschaft, Piloten und Flugzeuge – DC-4 und C-46 – stationiert. Die Abmachung lautete, dass man jeden Morgen von der Basis in Asmara nach Aden flog, die Passagiere in Aden aufnahm und auftankte. Dann flog man das Rote Meer und den Golf von Aqaba hinauf zum Flughafen von Tel Aviv, lud die Flüchtlinge aus, flog zur Übernachtung nach Zypern in Sicherheit und kehrte im Morgengrauen zur Basis in Asmara zurück, bevor alles wieder von vorne los ging. Die komplette Runde dauerte rund 20 Stunden.

So wie die Flugzeuge konfiguriert waren, konnten sie nicht genug Passiere oder Sprit mitführen. Also wurden sie modifiziert, indem die regulären Flugzeugsitze durch Reihen aus Bänken ersettz und zusätzliche Treibstofftanks entlang des Flugzeugrumpfs zwischen den Bänken eingebaut wurden. Flugzeuge, die für den Transport von 50 Fluggästen gebaut waren, konnten jetzt 120 plus Treibstoff mitnehmen, der eine magere weitere Stunde reichte.

Derweil wurde das Durchgangslager in Aden namens „Camp Geula“ (Erlösung) vom JDC organisiert und mit israelischen Ärzten und Sozialarbeitern unter der Leitung von Max Lapides ausgestattet, einem amerikanische Juden. Ebenfalls im Lager stationiert waren Abgesandte, die beauftragt waren verschiedenen jemenitischen Stammesführern eine „Kopfsteuer“ zu zahlen, die es jüdischen Flüchtlingen gestattete ihr Territorium zu passieren.

Als die Nachricht zur Evakuierung die Juden des Jemen erreichte, ließen sie ihre Habe zurück (mit Ausnahme ihrer Gebetsbücher und Thorarollen) und begannen wie der biblische Exodus aus der Sklaverei in die Freiheit zu wandern. Sie reisten in Familiengruppen, manche hunderte von Kilometern, durch Wind und Sandstürme, wehrlose gegen Räuber und feindselige lokale Bevölkerung, bis sie halb verhungert und mittellos die Grenze zu Aden erreichten, wo israelische Hilfskräfte sie in Empfang nahmen und ins Transitlager brachten. Dort begegneten sie zum ersten Mal Elektrizität, Medizin, fließendem Wasser, Toiletten und persönlicher Hygiene. Während der gesamten Operation kamen Juden des Jemen in einem steten Strom ins Camp Geula, Neuankömmlinge ersetzten die, die gerade ausgeflogen wurden.

Die jemenitischen Juden nach Aden zu bekommen war das eine Problem; sie in ein Flugzeug zu bekommen ein anderes. Als Nomaden, die nie zuvor ein Flugzeug gesehen hatten und nie irgendwo anders als in einem Zelt lebten, hatten sie Angst und lehnten es ab an Bord zu gehen. Dass man sie daran erinnerte, dass ihre Rettung nach Israel durch die Luft im Bush Jesaja vorhergesagt wurde – „Sie bekommen Flügel wie Adler“ – verstärkt durch das Bild eines Adlers mit ausgestreckten Flügeln über der Tür eines jeden der Flugzeuge, bewegte sie an Bord der Flugzeuge zu gehen. Drinnen zogen sie es vor sich auf den Boden zu setzen statt auf ungewohnt weichen Sitzen. Es war eine Aufgabe sie davon abzuhalten Feuer zum Kochen anzuzünden. Während des Flugs sollte etwa die Hälfte von ihnen sich über die Zusatztanks übergeben. Dennoch skandierten die Jemeniten bei der Landung in Israel Segensgrüße und sangen Lieder.

Um Operation Fliegender Teppich zu beginnen, schickte Alaska Airlines Bob Maguire aus Portland, einen Piloten mit Management-Erfahrung, in den Nahen Osten. Maguire flog zwischen 270 und 300 Stunden im Monat. In den USA wäre sein Limit entsprechend der Regeln dort 90 Stunden gewesen. Ben-Gurion nannte Maguire den „Irischen Moses“. Die Arbeit kostete Maguire seine Karriere. Er infizierte sich mit einem Parasiten, der sein Herz schädigte und deshalb verlor er in den frühen 1950-er Jahren seine Berufspilotenlizenz. Ein weitere Pilot war Warren Metzger, geboren in Lethbridge, der zwischen seinen Flügen die Zeit fand seine Flugbegleiterin zu heiraten. Mindestens ein Pilot, Stanley Epstein, war Jude.

Die Luftbrücke begann im Juni 1948; sie war hart für die Piloten, die 16-Stunden-Tage flogen und hart für die Flugzeuge, die weit über ihre planmäßigen Wartungszeiten hinaus flogen. Treibstoff war schwer zu bekommen, der Wüstensand wirkte sich verheerend auf die Motoren aus und geflogen wurde „mit dem Hintern“, navigiert mit Koppeln und Sehvermögen.

Die Arbeit war gefährlich. Viele Flugzeuge wurden beschossen. Ein Pilot, der etwas zu nahe an arabisches Territorium geriet, als er Israels anflog, sah Leuchtspurgeschosse auf sein Flugzeug zukommen. Einem anderen wurde bei einem Bombenangriff auf Tel Aviv ein Reifen zerstört. Bei einer Gelegenheit war Maguire gezwungen sein Flugzeug in Ägypten zu laden, als ihm der Treibstoff ausging. Die Israelis hatten alle Piloten gewarnt, wenn sie auf arabischem Territorium landeten, würden die jüdischen Flüchtlinge und vielleicht sogar die Besatzung vermutlich erschossen. Der geistesgegenwärtige Maguire erzählte den Vertretern des Flughafens, er brauche Krankenwagen, die seine Passagiere in ein Krankenhaus bringen. Als sie nach dem Grund fragten, antwortete er, seine Passagiere hätten Pocken. Die verängstigten Ägypter wollten ihn so schnell wie möglich loswerden. Maguire erhielt seinen Sprit und flog weiter nach Tel Aviv.

Als die Operation zur Hälfte durchgeführt war, zwang die US-Luftaufsichtsbehörde Alaska Airlines sein internationale Chartergeschäft einzustellen und eine Firma namens Near East Air Transport, deren Präsident James Wooten war und deren Piloten und Flugzeuge allesamt Alaska Air gehörten, beendete die Operation Fliegender Teppich. Near East Transport war einfach Alaska Airlines, die unter einem anderen Namen agierte.

Als Operation Fliegender Teppich im September 1950 endete, hatten 28 Piloten von Alaska Airlines rund 380 Flüge unternommen und 48.818 Flüchtlinge, fast die gesamte jüdische Bevölkerung des Jemen, nach Israel ausgeflogen. Wie durch ein Wunder hatte es nicht einen einzigen Toten oder Verletzten gegeben.

Operation Fliegender Teppich wurde aus Sicherheitsgründen und um Sabotage zu vorzubeugen geheim gehalten. Erst viele Monate später sollten die Öffentlichkeit und die Presse auf die bemerkenswerte Operation aufmerksam werden.

Später sollte Israel sich noch einmal an Alaska Airlines um Hilfe bei der Rettung von Juden wenden, diesmal aus dem Irak. El Al und Alaska Air bildeten in geheimer Partnerschaft eine neue Fluggesellschaft, für die wieder der Name Near East Air Transport verwendet wurde. Die israelische Eigentümerschaft wurde verheimlicht, so dass die Fluggesellschaft ein reines Alaska Airlines-Projekt zu sein schien.

Heute ist Alaska Airlines eine internationale Fluggesellschaft, die 60 Städte in 3 Ländern bedient. Passagiere, die mit Alaska Airlines fliegen, haben keine Ahnung, dass mit der Airline fliegen, die die Juden des Jemen rettete.

Anmerkung:
Auf YouTube gibt es Filmaufnahmen des The Spielberg Film Archive über die jemenitischen Juden, ihre Reise und Ankunft in Israel.

 

Übersetzt von Heplev


Autor: Heplev
Bild Quelle:


Samstag, 29 Juni 2019

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