Die Lektionen von Bergen-Belsen bleiben ungelernt

Die Lektionen von Bergen-Belsen bleiben ungelernt


Der Geist des von den Nazis inspirierten Antisemitismus wurde aus der arabischen Welt nie ausgetrieben

Die Lektionen von Bergen-Belsen bleiben ungelernt

Von Lyn Julius, The Jerusalem Post

Am 15. April begeht die Welt den 70. Jahrestag der Befreiung des berüchtigten KZ Bergen-Belsen. Mehr als 50.000 Gefangene, hauptsächlich Juden, starben dort – an Hunger, Überanstrengung, Krankheiten oder infolge grausamer medizinischer Experimente. Anne Frank war das vermutlich berühmteste Opfer. Sie und ihre Schwester starben im Lager an Typhus, nur einen Monat vor der Befreiung.

Unter den befreiten Gefangenen an diesem herrlichen Apriltag gab es mehrere hundert libysche Juden, die über Italien nach Bergen-Belsen deportiert worden waren. Es gibt ein Foto dieser Überlebenden, die in einem Eisenbahnwagen saßen und die Beine herausbaumeln ließen, auf den sie gekritzelt hatten „Auf dem Weg nach Hause“ und „Zurück nach Tripoli“.

Nach Angaben der Juden aus Libyen seitens Professor Maurice Roumani wurden etwa 870 der 2.000 Juden in Libyen mit britischen Pässen als Teil der „sfollamlento“-Politik des Wegschickens von Ausländern nach Italien deportiert. Mitglieder derselben Familie konnten nach Marokko, Tunesien oder Algerien zerstreut werden – die unter der Kontrolle der nazifreundlichen Vichy-Regierung standen.

Zwei Transporte mit je 300 Juden sowie weitere 120 wurden von Libyen nach Neapel verschifft, dann mit Güterzügen nach Bergen-Belsen, wo sie am 25. Mai 1944 ankamen. Aus Libyen in Bologna ankommende Juden wurden im Juli 1943 mit dem Zug nach Innsbruck-Reichenau gebracht, einem Teil des Lagersystems Dachau.

Die libyschen Juden, die relativ spät im Krieg in Bergen-Belsen ankamen, überlebten. Einige wurden gegen deutsche Kriegsgefangene ausgetauscht. Sie erhielten Pakete des Roten Kreuzes und etwas erleichterte Arbeitsbedingungen. Sie schafften es sogar koscher zu leben, indem sie gekochtes Essen gegen trockenes Brot tauschten. Ein Jude, Zion Labi aus Bengazi, eröffnete eine Schule.

Die Deportation der Juden aus Libyen ans Nordufer des Mittelmeers straft das weit verbreitete Missverständnis Lügen, dass nur europäische Juden vom Holocaust betroffen waren.

Obwohl ihr Leiden nicht mit den Schrecken verglichen werden kann, die den Juden Osteuropas zugefügt wurden, wurden Juden in Nordafrika die Auswirkungen des Krieges nicht erspart. Rund 2.500 libysche Juden wurden vom faschistischen Regime Italiens ins berüchtigte Arbeitslager Giado befördert. Ein Fünftel starb an Typhus oder Hunger.

Das benachbarte Tunesien kam sechs Monate lang unter direkte Nazi-Kontrolle. Rund 2.000 tunesische jüdische Männer, die den obligatorischen gelben Stern trugen, wurden in Arbeitslager geschleppt. Juden wurden in algerischen und marokkanischen Arbeitslagern als Sklavenarbeiter benutzt. Und die ganze Zeit über starben tausende Juden bei Luftangriffen, als die alliierten und deutschen Armeen um die Kontrolle rangen.

Man kann vertreten, dass die nordafrikanischen Staaten, die noch nicht unabhängig waren, nicht für die antijüdischen Maßnahmen des Vichy-Regimes und der italienischen Faschisten verantwortlich waren. Aber abgesehen von Einzelpersonen, die Juden retteten, lagen die Sympathien der arabischen Massen weitgehend auf Seiten der Deutschen.

Der seit 1932 unabhängige Irak war 1941 Schauplatz eines nazifreundlichen Staatsstreichs, was unaufhaltsam zur Farhud, der irakisch-jüdischen Kristallnacht führte. In dieser zweitätigen Orgie aus Mord, Vergewaltigung, Verstümmelung und Plünderung wurden bis zu 600 Juden getötet, geben britische Archivquellen an. Die genaue Zahl werden wir nie erfahren.

Der palästinensische Großmufti von Jerusalem spielte eine zentrale Rolle bei der Planung des nazifreundlichen Umsturzes im Irak. Von November 1941 bis zum Ende des Kriegs sendete er aus dem Exil in Berlin antijüdische Propaganda in die arabische Welt.

Er erwies sich bei der Unterstützung der „Endlösung“ der Judenfrage als eifriger als die Nazis. Vom Mufti glaubt man, dass er für die Ermordung von 20.000 europäischen Juden im Nazi-Holocaust direkt verantwortlich war.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sollte der Mufti bei den Nürnberger Prozessen als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden.

Er wurde von Jugoslawien wegen Verbrechen gegen die Menschheit angeklagt und verurteilt, die mit seiner ausschlaggebenden Rolle in den SS-Divisionen Handschar und Skandeberg zu tun hatten, die Balklan-Juden aus dem Kosovo, Mazedonien und Thrakien deportierten. Aber die Allierten scheuten davor zurück die Araber vor den Kopf zu stoßen. Der Mufti blieb für Zehntausende ein Held.

Nazi-Deutschland überhäufte die arabische Welt mit Geld und Propaganda in der Hoffnung einen antikolonialen Aufstand anzufachen. Es finanzierte die 1928 in Ägypten gegründete Muslimbruderschaft. Deren Gründer, Hassan al-Banna, machte das Nazi-Konzept der Juden als Inbegriff des allumfassenden Bösen, überzogen mit traditionellen judenfeindlichen Vorurteilen aus dem Koran zum Kern der Ideologie der Bruderschaft. Gegen Ende des Krieges hatte die Bruderschaft ein Million Mitglieder.

Kurz nachdem die Überlebenden von Belsen nach Libyen zurückgekehrt waren, erlitten die Juden von Tripoli und den umliegenden Dörfern ein grausames, dreitägiges Pogrom, das 130 Todesopfer forderte und tausende Juden obdachlos machte.

Wie war das möglich, kaum sechs Monate nachdem die Nachrichten über die furchtbare Vernichtung der Juden Europas die arabische Welt erreichten? Die libyschen Krawalle vom November 1945 schwappten aus den Unruhen in Ägypten über, bei denen fünf Juden ermordet wurden. Manche machen zwar den Zusammenstoß von Zionismus und arabischem Nationalismus verantwortlich, aber Historiker berichten, dass die Randalierer in Libyen keine antizionistischen Parolen riefen. Der Mob wusste nicht einmal, was Zionimus ist, hieß es in einem Bericht der Jewish Agency. Es ist bemerkenswert, dass die ägyptischen Randalierer, aufgehetzt von der Muslimbruderschaft, koptische, griechisch-orthodoxe und katholische Institutionen genauso angriff wie Juden.

Der Massenexodus und die Plünderung einer Million Juden aus der arabischen Welt gelten allgemein als Rache für die Vertreibung palästinensischer Araber 1948. Eine plausiblere Erklärung lautet, dass nazi-inspirierter Blut-und-Boden-Nationalismus sowie fremdenfeindlicher Islamismus, der sich in der arabischen Welt das vorhergehende Jahrzehnt über festgesetzt hatte, darauf abzielte nichtmuslimische Minderheiten zu vernichten oder – bestenfalls – aus dem öffentlichen und politischen Leben auszugrenzen.

1947 entwarf die Arabische Liga einen Plan um mit ihren jüdischen Bürgern als feindliche Ausländer umzugehen, noch bevor auch nur ein einziger palästinensischer Araber geflohen war.

Kaum drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ahmten Mitgliedstaaten der Arabischen Liga den Nationalsozialismus mit Gesetzen der Art der Nürnberger Gesetze nach; damit wurde der Zionismus kriminalisiert, jüdische Bankkonten eingefroren, Quoten eingeführt, Einschränkungen zu Arbeitsstellen und Reisefreiheit verhängt. Gewalt und die Drohung mit Gewalt erledigten den Rest. Das Ergebnis war die ethnische Säuberung Jahrhunderte alter jüdischer Gemeinden innerhalb einer einzigen Generation.

Der Geist des von den Nazis inspirierten, judenfeindlichen Fanatismus wurde nie ausgetrieben: Nach dem Zweiten Weltkrieg gab die arabischen Welt Nazi-Kriegsverbrechern eine sichere Zuflucht, in die sie flüchten konnten. Sie wurden Militärberater und Tatsachenverdreher für Judenhass.

Adolf Eichmann, der Nazi-Architekt der „Endlösung“, hoffte, seine „arabischen Freunde“ würden seinen Kampf gegen die Juden fortsetzen, die immer die „Haupt-Kriegsverbrecher“ und „Hauptaggressoren“ waren. Er hatte es nicht geschafft seine Aufgabe der „totalen Vernichtung“ zu vollenden, also konnten die Muslime sie immer noch für ihn vollenden.

Der Virus des nationalsozialistischen Antisemitismus hat die arabische und muslimische Welt nicht nur nie verlassen, er hat exponentiell zugelegt. Muslimische Zuwanderer haben den Virus des Judenhasses in europäische Länder zurückgetragen. Saudische Petrodollars haben die weltweite Verbreitung mit seinem impliziten Antisemitismus finanziert.

Eichmann wäre zufrieden gewesen zu sehen, dass die arabische Welt praktisch judenrein ist: Es gibt heute in Libyen keine Juden mehr und nicht mehr als 4.000 im Rest der arabischen Welt. Die Muslimbruderschaft und ihre lokalen palästinensischen Zweige Hamas, al-Qaida, Islamischer Staat und allerlei islamistische Gruppen tragen die Fackel einer Ideologie weiter, die in der Nazi-Ära geboren wurde.

 

Übersetzt von Heplev - Foto: Großmufti Hussein zusammen mit Hitler


Autor: Heplev
Bild Quelle: לשכת העיתונות הממשלתית / Public domain


Donnerstag, 23 April 2020