Durch Corona mit Karacho in die Krise: Internationale Luftfahrt im Sturzflug

Durch Corona mit Karacho in die Krise:

Internationale Luftfahrt im Sturzflug


Die weltweiten ökonomischen und gesellschaftlichen Krisen, die der Virus Corona/Covis19 ausgelöst hat, treffen die internationale Luftfahrt besonders schwer. Das sagen Zahlen aus, die geradezu erschreckend klingen.

Internationale Luftfahrt im Sturzflug

Von Wolfgang Will

So beförderten sämtliche Fluggesellschaften der Welt 2019 - also vor Corona – etwa 4,5 Milliarden Passagiere. Dafür waren mehr als 100 000 Flugzeuge in der Luft. Das wiederum schafften etwa 10 Millionen Menschen, die in der entsprechenden Industrie fest angestellt waren. 6 Millionen dieser Personen verdienten ihr Einkommen an Flugplätzen, u.a. in den Restaurants und Geschäften der Airports oder auch als Abfertigungspersonal einschließlich Gepäck“trägern“. Zwei Millionen Menschen waren 2019 mit der Produktion von Flugzeugen befasst.

Das alles resultierte in Umsätzen von 170 Milliarden Dollar an den Flugplätzen und von 838 Milliarden Dollar bei den Airlines. Die Industrie ging 2019 davon aus, dass sich die Anzahl der Passagiere – wie stets seit 1988 – alle 15 Jahre verdoppeln würde.

Der Virus macht all das zunichte. Statt eines erwarteten Steigens der Einkünfte um 4 Prozent im Jahr 2020 werden sie um wenigstens 50 Prozent zurückgehen. Nach zehn Jahren außergewöhnlich hoher Gewinne dürften der internationalen Luftfahrt 2020 und 2021 rund 100 Milliarden Dollar Verluste drohen.

Diese und noch folgenden Zahlen basieren auf einem halben Dutzend Statistiken und Veröffentlichungen, wobei diese Quellen – etwa der Air Transport Action Group, der Flugplatzvereinigung ACI World, Cirium oder The Economist – keineswegs immer übereinstimmen. Der Trend jedoch ist eindeutig: Der/das Corona-Virus schickt die internationale Luftfahrt in den Sturzflug!

(Ja – der Duden lässt bei „Virus“ sowohl „das“ als auch „der“ zu).

Die Fluggesellschaften der ganzen Welt hatten um die Jahreswende 2019/2020 rund 25 000 Passagiermaschinen im Einsatz. Davon sind zwischen 30 und 35 Prozent irgendwo „geparkt“ - kein Bedürfnis für sie, wegen Reisewarnungen oder, schlimmer noch, wegen eingestellter Strecken. Selbst wenn sich der Passagierbetrieb auf 80 Prozent des Volumens von 2019 „erholen“ würde, blieben 4 000 Maschinen am Boden – absolut „kein Bedarf“, urteilt dazu die Citibank Group.

Die Auswirkungen auf die Hersteller von Passagierflugzeugen lassen sich überhaupt noch nicht einschätzen. Airbus verzeichnet zwar mehr als 6 000 Bestellungen für seine Bestseller-Reihe A320, aber die Produktion wurde von erwarteten 70 Maschinen auf 40 pro Monat gedrosselt. Noch schlimmer trifft es Boeing – auch wegen der zusätzlichen Probleme mit der 737, von deren Modell Max ja binnen kurzer Zeit wegen fehlerhafter Software zwei abgestürzt waren.

Oliver Wyman Consultants sagt voraus, dass es um 2030 weltweit 12 Prozent weniger Passagiermaschinen geben wird als noch in Vor-Corona-Zeiten für diesen Zeitpunkt erwartet worden waren. Das dürfte für Airbus und Boeing sehr schmerzlich sein, denn das bedeutet, dass 4 700 Maschinen weniger zu verkaufen sind. Finanzieller Verlust für die beiden Produzenten: rund 300 Milliarden Dollar.

Die IATA, weltweiter Branchenverband der Luftfahrt, sagt voraus, dass der Gesamtverlust aller Fluggesellschaften 2020 rund 84 Milliarden Dollar betragen wird. Das wäre dann das schlechteste Jahr in der Geschichte der Luftfahrt. Eine Rückkehr zu „Normal“ wird erst für 2024 erwartet. An den europäischen Flughäfen übrigens fiel die Zahl der Passagiere im Juni 2020 von 217 auf 4 Millionen.

Die Fluggesellschaften werden wegen einer gewaltigen Fehlerwartung zusätzlich „gebeutelt“, denn die Großraummodelle Boeing 747 und Airbus A380 werden viel früher außer Dienst gestellt als ursprünglich geplant. Solche Vierstrahler sind zu unwirtschaftlich – neueste Modelle mit nur zwei Triebwerken haben die gleiche Reichweite und befördern eben so viele Passagiere wie die Jumbo-Spritfresser“.

Viele Fluggesellschaften überleben nur, weil der Staat ihnen unter die Flügel greift – mit Zuschüssen oder Krediten. Nicht wenige werden pleite gehen. Das droht auch vielen Flugplätzen. Und: Waren Piloten in den letzten Jahren „Mangelware“, gibt es sie jetzt im Überfluss.

Es heißt ja generell, dass „Nach-Corona“ grundsätzlich anders sein wird als „Vor - Corona“. Was vor allem auf Tourismus, Restaurants und Hotels zutreffen soll. Für die Luftfahrt gibt es immerhin e i n e prominente positive Stimme: Warren East, Chef des Triebwerkherstellers Rolls Royce, erwartet nach Corona „ein schnelleres Comeback als erwartet“.

 

Wolfgang Will arbeite jahrelang als Auslandskorrospodent für den Axel-Springer-Verlag und als Chefredakteur u.a. in New York.


Autor: Wolfgang Will
Bild Quelle: Slick / CC0


Montag, 31 August 2020