2 Gast-Ralf Pöhling - 24.01.2023 - 16:21
Ich komme selbst aus dem IT Umfeld. Ich weiß, dass es da bisweilen kuriose Geschäftsideen und Vorstellungen von angeblich "sinnvoller" Technologie gibt, die sich am Markt dann natürlich nicht durchsetzt. Kuriose Vorstellungen, die aus spontanen Brainstormings ;-) entstehen und die einfach keinen gesellschaftlichen Mehrwert erzeugen. Technologie muss den Menschen unterstützen und ihn erweitern. Sie muss dabei jederzeit beherrschbar und kontrollierbar bleiben. Und vor allem muss sie auch massenmarkttauglich(!) und sicher(!) sein. Nichts davon ist bei Gehirnimplantaten gegeben. Dieser Gedanke kommt definitiv nicht aus den Etagen der Ingenieure und Softwareentwickler und auch nicht aus implantieren CPUs ;-), sondern eher aus den Marketingabteilungen bzw. Businessabteilungen, weil die meist gar nicht abschätzen können, was wirklich geht und was sinnvoll ist und was nicht. Gehirnschrittmacher wie auch Herzschrittmacher gibt es ja bereits seit Jahrzehnten. Aber das sind vergleichsweise simple Geräte, die grobe elektrische Fehlsteuerungen in den genannten Organen, die dann zu epileptischen Anfällen oder Herzstillständen führen, kompensieren können. Das ist also eine "one-way" Steuerung von außen nach innen. Das geht auch mit Einschränkungen bei Blinden, die auf diesem Wege einen Teil ihres Augenlichtes zurückerlangen können. Ein Abzapfen von Gedanken oder eine Erweiterung der Denkleistung ist auf diesem Wege aber nicht möglich, weil eine direkte Verknüpfung von Nervenzellen und Halbleitern, genau wie auch eine wirklich funktionierende Interpretation von Denkvorgängen in Form von elektrischen und biologischen Abläufen im Gehirn, bisher nicht am lebenden Objekt wirklich funktioniert. Was auch damit zu tun hat, dass man bis heute nicht wirklich verstanden hat, wie das menschliche Gehirn überhaupt arbeitet. Das ist also eine Idee, an der man durchaus forschen sollte, um Menschen mit Einschränkungen von ihren Einschränkungen zu befreien. Das gleiche gilt natürlich auch für Prothesen von fehlenden Körperteilen, deren Steuerung mittels CPU und KI immer raffinierter und effizienter wird. Das hat aber seine Grenzen, die zuvorderst dort liegen, wo Fleisch und Silizium miteinander direkt verknüpft werden. Ich sehe da in der Zukunft eher Fortschritte auf Basis von künstlich angeregtem Zellwachstum und der Programmierung von Stammzellen, weil man dort nicht organisches Gewebe mit anorganischem Silizium verknüpfen muss und damit keine Abstoßungsreaktionen oder offene Zugänge zu internem Gewebe entstehen, was ja Infektionen begünstigt. Nebenbei: Meine Oma hatte zum Ende ihres Lebens einen Herzschrittmacher. Irgendwann muss das Kabel zwischen implantierter Batterie und Schrittmacher in ihrem Körper gerissen sein, was den Schrittmacher deaktivierte. Das ist dann erst aufgefallen, als sie umgekippt ist. Als sie dann Jahre später mit einer Lungenentzündung im sterben lag, hat sie der Herzschrittmacher unnötig lange am Leben gehalten und die Qual nur verlängert. Wie man sieht, hat derartige Technologie nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile. Man muss hier also realistisch bleiben.