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Der Hass der Hamas gilt nicht nur Juden

Der Hass der Hamas gilt nicht nur Juden


Wie ist die Stimmung in Israel und insbesondere im Süden des Landes, in der Nähe zum Gazastreifen? Unser Autor Chaim Noll, der dort lebt, berichtet.

Der Hass der Hamas gilt nicht nur Juden

Von Chaim Noll

Unser Ort liegt nur vierzig Kilometer von der Gaza-Grenze entfernt. Damit waren wir schon im Gaza-Krieg 2009 im Einschussbereich der iranischen Fadj-Raketen, mit denen die Hamas Israel beschoss, auch in den Kriegen 2012 und 2014. Es ist mittlerweile der vierte Krieg gegen die Hamas, den wir miterleben, auch wenn die früheren beschönigend „Militäroperationen“ genannt wurden. Es gab in allen westlichen Ländern eine Neigung, das Problem schon in der Sprache zu verharmlosen. Wir wohnen in unmittelbarer Nähe eines Militärflughafens, von dem Tag und Nacht die Kampfflugzeuge starten. Sie sind sehr laut, doch wir hören sie nicht mehr.

Rings um den Gaza-Streifen, von Landseite, wurden Bodentruppen zusammengezogen, Panzer, Artillerie und Infanterie, vor allem Reservisten der Elite-Einheiten, die speziell für Häuserkampf, Sprengungen, Kommandoeinsätze, Operationen in Tunneln und ähnliches ausgebildet wurden. Darunter sind zwei unserer Enkel. Auch ihre jüngere Schwester ist bei einer Kampfeinheit, freiwillig, nicht weit entfernt, an der ägyptischen Grenze, zum Missfallen ihrer Mutter und Großmutter, was zunächst zu leichten Spannungen in der Familie führte, von denen jetzt keine Rede mehr ist. Die Enkel betonen in ihren WhatsApp-Nachrichten, die mit Smileys, geflexten Bizepsen, Siegeszeichen zeigenden Händen und ähnlichen Hieroglyphen geschmückt sind, es ginge ihnen ausgezeichnet, ihre Stimmung sei gut. „Wir werden das Böse besiegen“, schrieb einer von ihnen. Doch wir Älteren, die wir sie noch als kleine Kinder in Erinnerung haben, wissen besser als sie, dass sie nicht unverletzlich sind. Deshalb schlafen wir in diesen Nächten nicht besonders gut.

Wem stehen sie dort gegenüber? Hamas. Das Wort steht für Gnadenlosigkeit, für Unmenschlichkeit schlechthin. Seit dem siebenten Oktober kann niemand mehr behaupten, er sei im Zweifel darüber, wer diese Leute sind und was sie vorhaben. Ihr Programm ist der geballte Hass gegen den Westen. Gegen alle, die anders sind als sie. Viele Menschen im Westen hoffen, sich diesem Hass entziehen zu können. Sie glauben, da sie weder Juden noch Israelis sind, nicht im Fokus der Hamas zu sein. Ein Irrtum: Der Hass der Hamas-Kämpfer gilt nicht nur Juden, sondern gleichermaßen Christen (worunter sie alle Menschen der westlichen Hemisphäre verstehen). Erstere werden in der Charta der Hamas „Zionisten“ genannt, Letztere „Kreuzfahrer“. Die Charta nennt „Zionisten“ und „Kreuzfahrer“ stets in einem Atemzug, sie gehören zusammen, bilden ein satanisches Paar, beiden geht es um „Okkupation“ von heiligem Land. Heilig ist alles Land, das irgendwann in der Geschichte muslimisch war (und sei es das Grundstück einer Moschee in Köln oder Berlin-Kreuzberg), es darf nie wieder an Nichtmuslime fallen - wo es doch geschehen ist, muss es im heiligen Kampf zurückerobert werden.

Die Vernichtung der Hamas würde auch die Palästinenser befreien

Die Hamas ist eine Tochter der Muslimbrüder, die wegen ihres Fanatismus und ihrer Grausamkeit sogar in arabischen Ländern verboten sind, in Saudi-Arabien, den Vereinigten Emiraten oder Ägypten. Diese Länder wünschen sich eine Beseitigung der Hamas, und man weiß dort, dass es nur eine Kraft in der Region gibt, die dazu imstande wäre: die israelische Armee. Diese Armee hat sich am siebenten Oktober vor aller Welt die Blöße gegeben, ihre eigene Landesgrenze, ihre eigenen Bürger nicht schützen zu können - vielleicht ist auch deshalb die Kampfbereitschaft so hoch, um möglichst schnell über diesen Augenblick der Schwäche hinwegzukommen. Zu den 300.000 Reservisten, die von der israelischen Armee zu den Waffen gerufen wurden, sollen sich weitere 60.000 freiwillig gemeldet haben, zwanzig Prozent mehr als vorgesehen. Sie sind zum Teil aus entfernten Orten eingeflogen, aus Florida, Griechenland, Berlin oder Südamerika.

Hamas: Bisher hat man diese bösartige, brutale Organisation immer überleben lassen, jeder bisherige Krieg endete mit einem von der „internationalen Gemeinschaft“ aufgenötigten Waffenstillstand, ehe die unterirdischen Nester ihrer feigen, grausamen Anführer ausgehoben werden konnten. Sie haben - durch internationale Hilfszahlungen jeder Sorge um ihren Lebensunterhalt enthoben - in ameisenhafter Geschäftigkeit ein Tunnelsystem gegraben, wie es die Welt noch nicht gesehen hat. Als Versteck. Zum Schmuggeln von Waffen und Rauschgift. Als Gefängnis für Geiseln. Diese Tunnel sind Symbol ihrer heimtückischen, schattenhaften, ganz auf Täuschung, taqiya, beruhenden Existenz.

Die Hamas ist so etwas wie ein Schatten über unserem Dasein geworden, für uns Israelis, doch zuerst für die bedauernswerten Araber in Gaza, die tagtäglich unter ihrer Schreckensherrschaft leben müssen. Gaza ist tatsächlich ein Gefängnis, wie Israel-Gegner weltweit behaupten, aber nicht durch Israel verantwortet, sondern durch die Hamas. Die aller Rechte beraubte Bevölkerung hat eine der höchsten Selbstmordraten in der Welt, obwohl diese angeblich zwei Millionen Menschen mit Milliarden Hilfsgeldern versorgt werden, von den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, vor allem aus Deutschlands schier unerschöpflichen Steuergeldern. Die Zerstörung der Hamas würde zuallererst eine Befreiung der Menschen in Gaza bedeuten, daher lügen all jene, die dem heutigen Regime in Gaza Geld zukommen lassen und es mit den Nöten der „Palästinenser“ begründen.

Mutige Großväter gelten derzeit als Vorbild-Figuren

Das Leben in unserem kleinen Ort ist äußerlich betont normal. Auch die Kinder und Enkel meiner Nachbarn stehen an der Gaza-Front - im Gespräch am Gartenzaun wird es kurz erwähnt, die Ängste und Sorgen behält jeder für sich. Gelegentlich hören wir den Einschlag einer oder mehrerer Raketen irgendwo in der Wüste - es sind die in unsere Richtung abgefeuerten, die Iron Dome durchgelassen hat, weil sie nach der Berechnung dieses phänomenalen Abwehrsystems nicht auf besiedeltes Gebiet treffen werden. Das Geräusch der Einschläge ist uns gleichfalls aus vorherigen Kriegen vertraut. Neuerdings gibt es im Ort neben dem durch monatlichen Obolus bezahlten professionellen Sicherheitsdienst (den offenbar die von den Hamas-Mördern heimgesuchten Kibbuzim an der Gaza-Grenze nicht hatten) noch eine Art zivile Bürgerwehr: bewaffnete Nachbarn, die in ihren durch gelbe Rundumleuchten gekennzeichneten Privatautos durch die Straßen fahren. Auch in unserer Synagoge sollen auf Anweisung des Chefrabbiners möglichst mehrere Männer während des Gottesdienstes bewaffnet sein. Im Gedränge im Supermarkt stoße ich mich an den Maschinenpistolen vorüberkommender Familienväter. Israel unter Waffen - zuletzt erinnere ich mich daran aus der Zeit der Intifada.

Nach der Intifada war das Gefahrenbewusstsein auch in Israel sukzessive geschrumpft, weltweit gepriesene Hightech-Waffen gaben uns ein Sicherheitsgefühl, das offenbar einschläfernde Wirkung hatte. Alle diese Fragen sind jedoch fürs erste zurückgestellt. Zuerst gilt es, die Hamas unschädlich zu machen - wir alle hoffen, dass es diesmal gelingt. Die Streitigkeiten zwischen einer nicht durchgehend akzeptierten Regierung und einer immer wütender auftretenden Opposition, wie sie sich um die Justizreform entzündeten, sind zeitweilig beigelegt. Einer der unerbittlichsten Gegner der derzeitigen Regierung, der Abgeordnete der linken Meretz-Partei Yair Golan, ein 61-jähriger pensionierter Generalmajor, holte am siebenten Oktober seine Pistole aus dem Panzerschank, zog seine Generalsuniform an und fuhr in seinem Privatwagen zur Gaza-Grenze, wo er Heldentaten vollbrachte, mehrere Terroristen erschoss und einigen Besuchern eines Musikfestivals, die sich vor den plötzlich auftauchenden Mordkommandos der Hamas in Gebüschen versteckt hatten, das Leben rettete. 

Auch ein anderer Reserve-General, Noam Tivon, machte sich, nachdem ihn sein im grenznahen Kibbuz Nahal Oz lebender Sohn angerufen hatte, von Tel Aviv aus in seinem Auto auf den Weg, sogar in Begleitung seiner offenbar gleichfalls todesmutigen Ehefrau, um die im Bombenschutzraum versteckten Enkelkinder zu retten. Auf dem Weg versorgte er mehrere Verletzte, die von seiner Frau ins Krankenhaus gefahren wurden, er selbst schloss sich einer Gruppe junger Fallschirmjäger an, mit denen er den Kibbuz von den Hamas-Mördern befreite und fünf von ihnen tötete. Diese mutigen Großväter gelten derzeit als Vorbild-Figuren, nicht nur wegen ihrer persönlichen Tapferkeit, sondern wegen der Versöhnung der politischen Lager, für die sie stehen. Denn eigentlich kommen beide Veteranen aus eben den Kreisen, die in den überhitzten Debatten um die Justizreform mit einer Verweigerung des Reservedienstes gedroht hatten.

Köpfe werden rollen - nach dem Sieg

Am erstaunlichsten ist die Veränderung in den ultraorthodoxen Gemeinden, deren hartnäckige Verweigerung des allgemeinen Wehrdienstes eine der größten Schwächen der letzten Regierung Netanyahu darstellte. Da der angeschlagene Likud-Politiker ihrer Stimmen bedurfte, um eine Regierung zu bilden, gewährte er den ultraorthodoxen Rabbinern weiterhin das Privileg, ihre Yeshiva-Studenten vom allgemeinen Wehrdienst auszunehmen. Nun melden sich diese jungen Männer freiwillig zum Wehrdienst, offenbar zu Tausenden. Allein in der vergangenen Woche hätten, so Armee-Sprecher Daniel Hagari, mehr als zweitausend junge Ultraorthodoxe „ihr Verlangen zum Ausdruck gebracht, wegen des laufenden Krieges sofort in die Armee einzutreten.“ Gegenüber der Zeitung Times of Israel erklärte er: „We plan to draft them into the army in the upcoming week.“ Nach Angaben der Soziologin Dr. Nechumi Yaffe von der Universität Tel Aviv sei eine deutliche Mehrheit ultraorthodoxer Männer dafür, sich künftig am Wehrdiest zu beteiligen: „Recent data (…) revealed that 68% of haredim support military enlistment, while 60% believe that the haredi community should contribute to the state, especially during wartime.“

Auf der anderen Seite zeigt sich die israelische Linke bis zur Entfremdung enttäuscht von der latenten, nicht selten offen antiisraelischen Haltung linker Parteien westlicher Länder, vor allem Westeuropas. „All I Want to Say to the International Left Is - Go to Hell“, schrieb Kolumnistin Lilach Volach in der prononciert linken Tageszeitung HaAretz am 25.10.23. Am gleichen Tag nannte der gegenwärtige Oppositionsführer und frühere Premier Yair Lapid, Vorsitzender der zweitstärksten Partei Israels, Yesh Atid, in seinem Artikel Three Questions to the Global Left in der Times of Israel die europäische Linke „antisemitisch“. Vernichtende Kommentare linker israelischer Journalisten gelten der Ikone der europäischen Umwelt-Bewegung Greta Thunberg und ihren infantilen Auslassungen zum gegenwärtigen Krieg.

Andeutungsweise werden in den Medien auch die personellen Konsequenzen gestreift, die das Debakel vom Morgen des siebten Oktober unvermeidlich nach sich ziehen wird. In Israel wird das führende Personal möglichst nicht in Kriegszeiten ausgetauscht, dennoch haben Generalstabschef HaLevi und die Chefs der Geheimdienste mit der Formel, sie würden „die volle Verantwortung übernehmen“, bereits jetzt ihren Rücktritt post bellum angekündigt. Auch Premierminister Netanyahu kann seinen unvermeidlichen Abschied aus der Politik allenfalls ein paar Monate aufschieben wie weiland Golda Meir nach dem Yom-Kippur-Krieg. Die Hauptverantwortlichen für Israels zusammenbrechende Südgrenze haben damit die Chance, ihrem Abgang durch einen militärischen Sieg das Unrühmliche zu nehmen, das er sonst hätte. Seit dem Yom-Kippur-Krieg, schrieb Ariel Kahana kürzlich in der Zeitung Israel HaYom, sei es in Israel „allgemeine Übereinkunft (public’s convention), dass zuerst der Sieg kommt und hinterher die Köpfe rollen.“

 

Chaim Noll wurde 1954 unter dem Namen Hans Noll in Ostberlin geboren. Seit 1995 lebt er in Israel, in der Wüste Negev. Chaim Noll unterrichtet neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit an der Universität Be’er Sheva und reist regelmäßig zu Lesungen und Vorträgen nach Deutschland. In der Achgut-Edition ist von ihm erschienen „Der Rufer aus der Wüste - Wie 16 Merkel-Jahre Deutschland ramponiert haben. Eine Ansage aus dem Exil in Israel“.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei der Achse des Guten - Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors.


Dieser Artikel wurde zuerst hier veröffentlicht.

Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot YT


Freitag, 27 Oktober 2023

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