Walter Frankenstein – Der Mann, der den Nazis trotzte und Israel mit aufbauteWalter Frankenstein – Der Mann, der den Nazis trotzte und Israel mit aufbaute
Walter Frankenstein, Holocaust-Überlebender, Kämpfer für Israel und leidenschaftlicher Hertha-Fan, ist im Alter von 100 Jahren verstorben. Sein Leben war ein Zeugnis von Mut, Widerstand und Liebe zu Berlin – eine Geschichte, die uns alle berührt und mahnt, niemals zu vergessen.
Er hat den Nazis getrotzt, sich mit seiner Familie in Berlin versteckt, seine Kinder in dunklen Verstecken zur Welt gebracht und später im Unabhängigkeitskrieg für den jungen Staat Israel gekämpft. Nun ist Walter Frankenstein, einer der letzten großen Zeitzeugen der Shoa, im Alter von 100 Jahren gestorben. Er starb am Ostermontag in Schweden – still, aber nicht vergessen.
Geboren 1924 in Flatow, aufgewachsen in Berlin, war Frankenstein kein Opfer, sondern ein Überlebender mit Haltung. Als Jude verfolgt, als Mensch gewürdigt, blieb er seiner Herkunft und seinen Idealen immer treu. Das Auerbach’sche Waisenhaus, in dem er als Kind lebte, wurde von den Nationalsozialisten gewaltsam geschlossen. Doch Frankenstein ließ sich nicht brechen. Mit seiner Frau Leonie und den gemeinsamen Söhnen überlebte er im Untergrund. Dass er beide Kinder – 1943 und 1944 – unter Lebensgefahr zur Welt bringen konnte, war ein Wunder. Dass er den Nazis entkam, war ein Triumph des Lebens über den Tod.
1947 verließ er Deutschland. In Palästina baute er ein neues Leben auf, wurde Kämpfer, wurde Israeli. Als der jüdische Staat seine Unabhängigkeit erklärte, kämpfte Frankenstein an der Seite seiner neuen Brüder und Schwestern für das, was viele nicht mehr zu hoffen wagten: Freiheit, Sicherheit, Zukunft. 1956 zog er nach Schweden – nicht aus Ablehnung, sondern um der Familie willen. Deutschland aber blieb für ihn mehr als nur ein dunkler Fleck der Erinnerung. Es blieb ein Teil von ihm. Er kam zurück, sprach, erinnerte, mahnte.
Walter Frankenstein war mehr als ein Zeitzeuge. Er war ein Mahner mit Wärme, ein Aufklärer mit Humor, ein Kämpfer für Wahrheit und Aufrichtigkeit. Seine Stimme wurde nicht lauter, aber eindringlicher, je mehr andere verstummten. Bis ins hohe Alter sprach er mit Jugendlichen, Schülerinnen, Studenten – nicht belehrend, sondern lebendig. Nicht aus Pflicht, sondern aus tiefer Menschlichkeit.
Er engagierte sich für das Gedenken an die ermordeten Kinder des Auerbach’schen Waisenhauses, für die Erinnerung an das Unvorstellbare, das doch geschah. Er war Träger des Bundesverdienstkreuzes und des Berliner Verdienstordens – doch seine größte Auszeichnung war die Achtung jener, die ihm begegneten.
Auch als Fan des Fußballvereins Hertha BSC blieb Frankenstein seiner Jugend treu – seine blau-weiße Ehrenmitgliedschaft trug die Nummer 1924, sein Geburtsjahr. Er war kein Mann der Pose. Er war ein Mann des Lebens.
Jetzt ist seine Stimme verstummt. Aber seine Botschaft bleibt: Verantwortung endet nie. Erinnerung ist kein Ritual, sondern Verpflichtung. Und Menschlichkeit beginnt da, wo wir uns nicht wegducken, sondern handeln.
Berlin trauert um einen der letzten, der erzählen konnte, wie es war. Israel verliert einen der ersten, die bereit waren, dafür zu kämpfen, dass es überhaupt ist. Die Welt verliert einen, der bewiesen hat: Würde kann man nicht vernichten.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Ingemar Lindmark - email message from photographer, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=77697396
Dienstag, 22 April 2025