Rückschlag für Den Haag: Israels juristischer Gegenschlag bringt internationale Strafjustiz ins Wanken

Rückschlag für Den Haag: Israels juristischer Gegenschlag bringt internationale Strafjustiz ins Wanken


Die Entscheidung des ICC-Berufungsgerichts könnte die gesamte Grundlage für Haftbefehle gegen Israels Premierminister kippen – ein juristischer Wendepunkt mit geopolitischer Sprengkraft.

Rückschlag für Den Haag: Israels juristischer Gegenschlag bringt internationale Strafjustiz ins Wanken

Es ist mehr als nur ein juristischer Etappensieg – es ist die erste wirkliche Wende in einem Verfahren, das Israel jahrelang politisch, moralisch und diplomatisch unter Druck gesetzt hat. Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag hat am Donnerstag die Entscheidung seiner Vorinstanz aufgehoben, mit der Israels Einwand gegen die Zuständigkeit des Gerichts abgewiesen wurde. Damit wird der Fall zurück an die Vorverfahrenskammer verwiesen – mit der unmissverständlichen Anweisung: Diese Grundsatzfrage muss endlich beantwortet werden.

Im Zentrum steht die wohl entscheidendste Frage des ganzen Verfahrens: Hat der ICC überhaupt das Recht, über Israel zu richten? Israel sagt nein – aus gutem Grund. Der jüdische Staat ist kein Mitglied des Gerichts, hat das Römische Statut nie ratifiziert. Eine „palästinensische“ Staatlichkeit, die der ICC als Grundlage für seine Zuständigkeit konstruiert hat, existiert völkerrechtlich nicht. Und Israels Justiz verfolgt etwaige Kriegsverbrechen selbst – das sogenannte Komplementaritätsprinzip wäre also erfüllt.

Trotzdem hatte das ICC im November 2024 mit einer historisch beispiellosen Entscheidung die Weichen für Haftbefehle gegen Premierminister Benjamin Netanjahu und Ex-Verteidigungsminister Yoav Gallant gestellt – und damit eine rote Linie überschritten. Die Anklage wegen angeblicher Kriegsverbrechen im Gazakrieg war ein politischer Akt, kein juristischer.

Jetzt jedoch keimt Hoffnung. Die Berufungskammer hat klar gemacht: Israels Einspruch hätte nicht einfach abgetan werden dürfen. Der Versuch, die Zuständigkeit erst in späteren Phasen wie etwa bei einer Anklage zu klären, sei ein rechtlicher Fehler gewesen. Ein solcher Einspruch nach Artikel 19(2)(c) des Römischen Statuts müsse jetzt geprüft werden – nicht irgendwann.

Bis die Vorinstanz über diese Frage entschieden hat – ein Prozess, der Monate oder sogar Jahre dauern kann – ist das gesamte Verfahren gegen Israel de facto eingefroren. Die Haftbefehle sind zwar formal weiter gültig, verlieren aber international an Gewicht. Staaten, die dem ICC angehören, dürften mit der Umsetzung zögern – wohlwissend, dass die Grundlage der Haftbefehle rechtlich auf tönernen Füßen steht.

Der Schritt ist historisch. Seit Israels kleinerem Erfolg 2012 hatte sich das ICC über Jahre hinweg in seinem Vorgehen gegen den jüdischen Staat verhärtet. Niederlagen 2019, 2021 und zuletzt im November 2024 zementierten ein Bild: Ein Gericht, das Israel zum Angeklagten macht – während echte Kriegsverbrecher aus Syrien, dem Iran oder Russland kaum Konsequenzen zu fürchten haben.

Mit dem aktuellen Urteil erhält Israel die Chance, diesen Kurs zu korrigieren. Die Argumente liegen auf dem Tisch: Es gibt keinen Staat Palästina. Und wer wie Israel eigene Soldaten und Einsätze überprüft, braucht keinen internationalen Gerichtshof als Ersatzinstanz.

Dass drei Richter der Berufungskammer sogar eine weitere Beschwerde Israels – etwa zur Informationspflicht der Anklagebehörde – als nicht zulässig einstufen, zeigt jedoch, dass der Kampf noch lange nicht vorbei ist. Zwei Richterinnen widersprachen dem sogar. Der Riss geht nicht nur durch die Weltpolitik, sondern auch durch das Gericht selbst.

Die Entscheidung des ICC mag juristisch korrekt sein – sie ist vor allem eines: ein Eingeständnis. Ein Eingeständnis, dass das Verfahren gegen Israel politisch voreilig, juristisch zweifelhaft und moralisch brandgefährlich war.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von justflix - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=119867103


Donnerstag, 24 April 2025

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