Frankreich erklärt neue „Staatsgründung“ im Pazifik – bleibt aber Herr im Haus

Frankreich erklärt neue „Staatsgründung“ im Pazifik – bleibt aber Herr im Haus


Macrons Plan für Neukaledonien: Ein Kompromiss zwischen Symbolik und Kontrolle

Frankreich erklärt neue „Staatsgründung“ im Pazifik – bleibt aber Herr im Haus

Frankreich hat am Samstag angekündigt, die Pazifikinsel Neukaledonien künftig offiziell als „Staat“ zu bezeichnen – jedoch ohne ihr die Unabhängigkeit zu gewähren. Präsident Emmanuel Macron präsentierte den Schritt als historischen Meilenstein, der nach jahrelangen Auseinandersetzungen, Referenden und zuletzt tödlichen Protesten zustande kam. Die französische Souveränität über das über 17.000 Kilometer entfernte Überseegebiet bleibt allerdings vollumfänglich erhalten.

Symbolische Staatlichkeit statt echter Unabhängigkeit

Der neue Status ist das Ergebnis intensiver zehntägiger Verhandlungen zwischen Paris und Vertretern der Inselregion. Frankreichs Überseeminister Manuel Valls nannte das Abkommen eine „intelligente Kompromisslösung“, die einerseits die historischen Bande zu Frankreich bewahre, andererseits aber auf die Forderungen der indigenen Bevölkerung nach mehr Selbstbestimmung eingehe.

Das Herzstück der Vereinbarung: „Der Staat Neukaledonien“ wird ausgerufen, aber unter französischer Kontrolle fortgeführt. Das bedeutet: keine volle Souveränität, kein Austritt aus dem französischen Staat, aber ein Höchstmaß an symbolischer Aufwertung.

Blutige Proteste nach Referendumsplänen

Der Weg zu diesem Kompromiss war lang – und blutig. Im Mai 2024 plante die französische Regierung, das Wahlrecht auf Neukaledonien für neu zugezogene Franzosen zu öffnen. Das hätte die kanakische Urbevölkerung langfristig zur politischen Minderheit gemacht und ihren Unabhängigkeitskampf de facto neutralisiert. Die Folge: heftige Proteste, bei denen 14 Menschen getötet wurden. Die ökonomischen Schäden sollen sich auf rund zwei Milliarden Euro belaufen, das Bruttoinlandsprodukt sank um zehn Prozent.

In Reaktion auf diese Eskalation enthält die neue Vereinbarung eine entscheidende Änderung: Nur Personen, die seit mindestens zehn Jahren auf Neukaledonien leben, erhalten künftig das Wahlrecht. Damit soll das politische Gleichgewicht zugunsten der angestammten Bevölkerung gewahrt werden.

Ein pazifischer Staat unter Pariser Verwaltung

Trotz des neuen Status bleibt der Inselstaat Teil der Französischen Republik – mit all ihren Institutionen, Gesetzen und außenpolitischen Zuständigkeiten. Premierminister François Bayrou bezeichnete die Einigung als „Entscheidung von historischer Tragweite“, betonte aber zugleich, dass eine vollständige Unabhängigkeit weiterhin nicht zur Debatte steht.

Rund 270.000 Menschen leben auf Neukaledonien, dessen Küsten nur wenige Flugstunden von Australien entfernt liegen. Seit dem 18. Jahrhundert ist die Insel unter französischer Kontrolle, doch der Wunsch vieler Einheimischer nach Autonomie ist nie erloschen. Macron selbst wurde bei einem Besuch 2024 wütend empfangen, Proteste begleiteten jeden seiner Schritte.

Kein Einzelfall: Frankreichs globales Erbe

Der Fall Neukaledonien verweist auf ein grundlegenderes Problem der französischen Weltpolitik: Noch heute besitzt Frankreich mehrere Überseegebiete, von der Karibik bis zum Indischen Ozean. Der aktuelle Deal deutet an, wie Paris mit wachsendem Autonomiestreben künftig umgehen will – mit kalkulierter Symbolik, aber ohne reale Machtabgabe.

Der „Staat Neukaledonien“ ist also eher ein Etikett mit nationaler Rückseite. Für die einen ein Schritt in Richtung Gerechtigkeit – für andere nichts weiter als ein geschickter Etikettenschwindel aus Paris.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Roman.b - Eigenes Werk, FAL, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25791409


Sonntag, 13 Juli 2025

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