Frankreich scheitert mit Anerkennungs-Offensive – UN-Konferenz zeigt Europas Spaltung

Frankreich scheitert mit Anerkennungs-Offensive – UN-Konferenz zeigt Europas Spaltung


Hinter verschlossenen Türen versuchte Frankreich in New York, eine gemeinsame Erklärung zur Anerkennung eines Palästinenserstaates durchzusetzen. Doch der Versuch scheiterte. Zahlreiche Länder lehnten den Vorstoß ab oder zögerten – darunter auch viele europäische Partner. Ein diplomatisches Debakel, das die Illusion einer einheitlichen Nahoststrategie entlarvt.

Frankreich scheitert mit Anerkennungs-Offensive – UN-Konferenz zeigt Europas Spaltung

Der französische Vorstoß zur Anerkennung eines palästinensischen Staates ist vorerst gescheitert. In einem internen Treffen auf Ministerebene am Rande der UN-Konferenz zur „friedlichen Lösung der Palästinafrage“ in New York wollte Paris eine gemeinsame Erklärung durchsetzen – mit dem Ziel, noch vor der UN-Generalversammlung im September möglichst viele Staaten zur formellen Anerkennung Palästinas zu bewegen.

Doch statt eines Durchbruchs folgte ein ernüchternder Dämpfer: Weder Europa noch Asien schlossen sich der französischen Linie an. Mehr noch – der Versuch, innerhalb von 48 Stunden eine weitreichende Erklärung zu erzwingen, stieß bei zahlreichen Delegationen auf Widerstand. Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot, der die Initiative persönlich leitete, konnte zwar Staaten wie Norwegen, Irland, Slowenien und Island hinter sich vereinen – doch der Großteil der Teilnehmer lehnte den Vorstoß ab oder wich ihm aus.

„Israel versteht nur Druck“ – aber nicht alle wollen mitziehen

Besonders deutlich wurde Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel, der erklärte: „Israel versteht nur Druck – Macron darf nicht allein gelassen werden.“ Die französische Regierung befürchtet laut Bettel, isoliert zu wirken, sollte sie im Alleingang Palästina anerkennen. Auch Irlands Außenminister Simon Harris sprang Paris bei und nannte die Anerkennung einen wichtigen symbolischen Schritt zur Wiederbelebung des Friedensprozesses.

Doch diese Sichtweise teilt längst nicht jeder. Zahlreiche EU-Mitglieder – insbesondere in Mittel- und Osteuropa – erklärten, dass eine solche Entscheidung mehr Zeit benötige. Sie signalisierten zwar prinzipielle Offenheit für eine Zwei-Staaten-Lösung, lehnten aber eine spontane Erklärung ab, die innerhalb weniger Tage formuliert und abgestimmt werden sollte. Das Resultat: Frankreich stand am Ende mit einer bröckelnden Unterstützergruppe da – und ohne Konsens.

Asien winkt ab, Australien zögert

Besonders auffällig war das Fernbleiben asiatischer Staaten. Länder wie Japan, Südkorea und Singapur machten deutlich, dass sie die Vision eines palästinensischen Staates zwar grundsätzlich teilen, sich aber derzeit nicht an einer solchen Erklärung beteiligen wollen. Sie begründeten ihre Zurückhaltung mit dem Fehlen klarer politischer Strukturen auf palästinensischer Seite – und mit diplomatischen Rücksichten auf Israel.

Auch Australien erteilte der französischen Initiative eine faktische Absage. Außenministerin Penny Wong erklärte, dass eine Anerkennung derzeit ausgeschlossen sei, solange nicht eindeutig geklärt sei, ob Hamas in einer künftigen palästinensischen Regierung eine Rolle spielen werde. Eine solche Ungewissheit sei mit Australiens Grundwerten und Sicherheitsinteressen nicht vereinbar.

Frankreichs Plan für den September

Trotz des Rückschlags in New York kündigte ein westlicher Diplomat gegenüber der Jerusalem Post an, dass Frankreich die Bemühungen im September weiter intensivieren werde – dann bei der UN-Generaldebatte. Das jetzige Treffen sei nur der Auftakt gewesen, um das Thema strategisch zu platzieren und Allianzen zu sondieren. Paris strebt offensichtlich einen symbolträchtigen Moment im Herbst an: eine Welle internationaler Anerkennungen, angeführt von Europa, flankiert von progressiven Staaten auf anderen Kontinenten.

Doch schon jetzt zeigt sich: Der Weg dorthin ist lang und steinig. Frankreichs moralischer Druck auf die Staatengemeinschaft erzeugt bislang mehr Skepsis als Zustimmung. Die spontane Initiative mag idealistisch gemeint gewesen sein – sie offenbarte aber auch, wie realitätsfern manche außenpolitische Vorstellungen in Europas Hauptstädten geworden sind.

Israel warnt vor Illusionen

Der israelische UN-Botschafter Danny Danon kritisierte die Konferenz scharf. Sie sei kein Beitrag zur Lösung, sondern „Vertiefung einer Illusion“. Während Dutzende Geiseln weiterhin von Hamas festgehalten werden und die Terrororganisation unverändert in Gaza herrscht, diskutiere man in den Konferenzräumen über diplomatische Konstrukte, die mit den Tatsachen vor Ort nichts zu tun hätten. Statt auf eine Entwaffnung der Hamas und die Freilassung der Geiseln zu drängen, verliere sich die internationale Gemeinschaft in „symbolischen Gesten ohne Konsequenz“.

Danon warnte zudem davor, dass eine voreilige Anerkennung nicht zur Stabilisierung beitrage, sondern den Druck auf die Terrororganisationen mindere. Die Verwirrung in der internationalen Diplomatie – zwischen kurzfristiger Moral und langfristiger Realpolitik – könnte sich langfristig als verheerend erweisen.

Europa droht die Spaltung

Das Treffen in New York war kein gewöhnlicher diplomatischer Flop – es war ein Vorgeschmack auf die tiefen Risse, die sich in Europas Nahostpolitik auftun. Staaten, die in der Vergangenheit gemeinsam für Ausgleich und Dialog standen, divergieren inzwischen massiv in ihrer Bewertung des Konflikts. Während einige, wie Frankreich und Irland, bereit sind, den Schritt zur Anerkennung sofort zu gehen – bevorzugen andere Zurückhaltung, institutionelle Klarheit und strategisches Denken.

Der September wird zur Nagelprobe. Sollte Frankreich dann tatsächlich mit einem einseitigen Anerkennungsakt vorangehen, ohne breite Koalition, könnte dies Europa politisch spalten – und Israel vor eine neue Welle diplomatischer Isolation stellen. Aber es ist auch möglich, dass die nüchterne Realität auf dem Boden – inklusive des fortdauernden Hamas-Terrors – das moralische Pathos in den Fluren der UN bald wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von G.Garitan - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=60225777


Dienstag, 29 Juli 2025

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