Wenn Hollywood Israel boykottiert – wie Stars zum Sprachrohr einer radikalen Agenda werdenWenn Hollywood Israel boykottiert – wie Stars zum Sprachrohr einer radikalen Agenda werden
Mehr als 1800 Filmschaffende haben sich einem Aufruf angeschlossen, israelisches Kino zu boykottieren. Hinter der Petition steht jedoch kein offenes Netzwerk, sondern ein anonym agierendes Institut, das mit BDS-Vorgaben arbeitet und Israels Existenz pauschal delegitimiert.
Die Nachricht hat Schlagzeilen gemacht: Hollywood-Größen wie Emma Stone, Mark Ruffalo, Javier Bardem oder Olivia Colman haben einen Brief unterzeichnet, in dem sie feierlich versprechen, künftig nicht mehr mit israelischen Filmfestivals, Kinos oder Produktionsfirmen zusammenzuarbeiten. Mehr als 1800 Filmschaffende – darunter auch Regisseure, Autoren und Produzenten – haben sich dem Aufruf angeschlossen. Auf den ersten Blick wirkt der Schritt wie eine spontane, moralische Reaktion prominenter Künstler auf den Krieg in Gaza. Doch wer genauer hinsieht, stößt auf ein anderes Bild: Der Appell ist Teil einer sorgfältig orchestrierten Kampagne, die weit über den konkreten Konflikt hinausreicht.
Denn hinter der Petition steht die Initiative „Film Workers for Palestine“, die wiederum eng mit dem „Palestine Film Institute“ (PFI) verbunden ist. Dieses Institut hat im vergangenen Jahr ein Dokument veröffentlicht, das den programmatischen Hintergrund der aktuellen Boykottaufrufe bildet: das sogenannte „Industry Protocol in Times of Genocide“. Dort finden sich nicht nur Schlagworte wie „Apartheid“ oder „Völkermord“, sondern ein detaillierter Katalog von Maßnahmen, die Kulturschaffende weltweit umsetzen sollen, um Israel systematisch zu isolieren.
Ein „Protokoll“ als Anleitung für den Boykott
Das Palestine Film Institute beschreibt in dem Papier Israels Existenz seit 1948 als „ethnische Säuberung“ und „fortwährenden Genozid“. Die gesamte israelische Kulturproduktion – von Filmfestivals bis zu Vertriebsfirmen – wird als „komplicit“ mit angeblichen Verbrechen gebrandmarkt. Ziel ist es nicht, einzelne politische Entscheidungen zu kritisieren, sondern Israel als Staat und als kulturellen Akteur komplett zu delegitimieren.
Das „Protokoll“ ruft Filmschaffende weltweit dazu auf:
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Boykottieren: Keine Zusammenarbeit mit israelischen Institutionen.
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Abbrechen: Bereits bestehende Kooperationen sollen gekündigt, Filme von Festivals zurückgezogen werden.
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Protestieren: Künstler sollen Festivalauftritte nutzen, um Solidaritätsbotschaften zu verlesen oder Aufführungen gezielt zu stören.
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BDS-Richtlinien umsetzen: Explizit wird auf die Vorgaben der Kampagne „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) und PACBI (Palestinian Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel) verwiesen.
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Finanzierung verweigern: Gelder von Stiftungen oder Organisationen, die irgendwie mit Israel verbunden sind, sollen abgelehnt werden.
Das Dokument ist kein unverbindliches Manifest, sondern ein Handbuch für Aktivismus. Es listet detailliert auf, wie Filmschaffende ihre internationale Sichtbarkeit in politische Aktionen umwandeln können – bis hin zu „koordinierten friedlichen Störungen“ bei Filmfestivals.
Anonyme Strukturen, klare Sprache
Auffällig ist, dass die Kampagne selbst keine transparenten Strukturen offenlegt. Die Webseite von „Film Workers for Palestine“ verzichtet auf ein Impressum, es gibt keine Verantwortlichen, keine namentlich bekannten Initiatoren. Die Sprache dagegen ist eindeutig: Israel wird pauschal als „imperialistisches, faschistisches Projekt“ bezeichnet, die gesamte Filmindustrie des Landes als Teil eines „Systems der Apartheid“.
Während also Stars wie Emma Stone oder Tilda Swinton ihre Namen unter einen moralisch klingenden Appell setzen, unterstützen sie faktisch eine radikale Agenda, die nicht nur den israelischen Staat kritisiert, sondern seine gesamte kulturelle Existenz infrage stellt.
Hollywood und die Macht der Symbole
Dass bekannte Schauspieler solche Briefe unterschreiben, ist kein Zufall. Der Protest lebt von den großen Namen, die Aufmerksamkeit erzeugen. Wenn Oscar-Preisträger öffentlich ankündigen, nie wieder mit israelischen Filmfestivals zusammenarbeiten zu wollen, wirkt das weit über die Filmbranche hinaus. Es entsteht der Eindruck einer weltweiten Bewegung, eines moralischen Konsenses gegen Israel.
Doch die Realität ist komplexer. Die Unterzeichner kennen die Hintergründe der Kampagne offenbar nur oberflächlich – oder sie nehmen bewusst in Kauf, Teil einer Initiative zu sein, die Israel das Existenzrecht abspricht. Denn im „Industry Protocol“ geht es nicht um eine Debatte über Grenzen oder politische Entscheidungen, sondern um die Totalverweigerung jeglicher kultureller Zusammenarbeit. Das ist kein Dialog, sondern eine Absage an jede Form von Austausch.
Die Strategie hinter BDS
Die Verbindung zur BDS-Bewegung ist entscheidend. Seit ihrer Gründung im Jahr 2005 verfolgt BDS das Ziel, Israel international zu isolieren – wirtschaftlich, politisch, kulturell. Unter dem Deckmantel „gewaltfreien Widerstands“ arbeitet die Bewegung mit Kampagnen, die Boykotte in Universitäten, Konzertsälen oder nun eben auch in der Filmindustrie organisieren. Kritiker sehen darin weniger einen Beitrag zum Frieden, sondern den Versuch, Israel dauerhaft zu delegitimieren und zu dämonisieren.
Das „Industry Protocol“ ist eine direkte Umsetzung dieser Strategie. Es verpackt die altbekannten Boykottaufrufe in die Sprache der Filmwelt, richtet sich gezielt an Festivals, Streamingplattformen und Produktionsfirmen. Damit wird der Kulturbereich zu einem politischen Kampffeld, auf dem nicht Meinungsvielfalt, sondern Ausschluss und Druck herrschen sollen.
Rückblick: Kultur als Kampfplatz
Die aktuelle Petition reiht sich ein in eine lange Serie von BDS-Kampagnen im Bereich Kunst und Kultur.
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Musik: Der Musiker Roger Waters, einst Mitbegründer von Pink Floyd, gehört seit Jahren zu den lautesten Stimmen der BDS-Bewegung. Seine Konzerte wurden in Europa und den USA zum Forum für anti-israelische Rhetorik. Nicht zufällig tauchen seine Auftritte immer wieder in Debatten über antisemitische Bildsprache auf.
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Festivals: Auch die Berlinale geriet in den vergangenen Jahren mehrfach in den Fokus. Künstler wie Tilda Swinton lobten dort BDS öffentlich, während israelische Stimmen oder Solidaritätsaktionen mit Geiseln der Hamas eher am Rand standen.
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Bildende Kunst: Auf der Biennale in Venedig kam es 2024 zu Protesten gegen den israelischen Pavillon, der zeitweise geschlossen bleiben musste. Internationale Künstler forderten, Israel auszuschließen – nicht wegen einzelner Werke, sondern aufgrund politischer Haltung.
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Akademischer Bereich: Universitäten in den USA und Großbritannien erlebten seit Jahren Resolutionen, in denen Studentengruppen oder Fakultäten für BDS eintraten. Auch hier ging es nicht um konkrete Projekte, sondern um die symbolische Ächtung Israels als Staat.
Dass Boykott und Ausgrenzung längst Realität sind, zeigen zahlreiche Beispiele aus Europa.
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Portsmouth: Die irische Band Mary Wallopers nutzte ihre Bühne beim Victorious-Festival für Parolen wie „Free Palestine“, ohne die Geiseln der Hamas oder deren Terror zu erwähnen. Die Veranstalter stoppten den Auftritt mit Hinweis auf diskriminierende Inhalte – die Band deutete es als Angriff auf Meinungsfreiheit.
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Gent: Das Flanders Festival sagte den Auftritt der Münchner Philharmoniker unter Lahav Shani ab. Begründung: Man könne nicht garantieren, dass der israelische Dirigent sich vom „Regime in Jerusalem“ distanziere. Künstler wurden nicht nach ihrer Kunst, sondern nach Herkunft beurteilt – ein Schritt, den Münchens OB Dieter Reiter als „Angriff auf europäische Werte“ verurteilte.
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Primavera (Barcelona): Die Band Fontaines D.C. projizierte auf Großleinwände: „Israel begeht Völkermord. Nutzt eure Stimme.“ Jubelndes Publikum, Palästina-Fahnen, keine Differenzierung. Kritiker betonen, dass der inflationäre Gebrauch des Wortes „Völkermord“ historische Verantwortung verhöhnt.
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Kneecap: Die irische Rapgruppe wurde aus deutschen Festival-Lineups gestrichen, nachdem sie Sympathien für Hamas und Hisbollah erkennen ließ. Festivals wie Hurricane und Southside zogen die Reißleine – ein seltener, aber notwendiger Schritt, um Hass nicht als „Kunstfreiheit“ zu legitimieren.
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Portugal: Zwei israelische Brüder wollten ein Elektrofestival organisieren. Aktivisten verbreiteten Lügen über angebliche „Massaker in Gaza“. Künstler sagten ab, Behörden gaben dem Druck nach – das Festival fiel aus, nur weil die Veranstalter Israelis waren.
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Tomorrowland: Der israelische DJ Skazi wurde ausgeladen. Offiziell hieß es „Sicherheitsbedenken“. Tatsächlich hatten Aktivisten Stimmung gemacht, weil er vor Soldaten aufgetreten sei. Skazi erklärte, seine Musik solle Menschen verbinden. Festivalbesucher berichteten trotzdem von Solidarität – ein Kontrast zum offiziellen Boykott.
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Deichbrand (Niedersachsen): Rapper Macklemore bezeichnete Israel als „Völkermörderstaat“. Applaus im Publikum, aber kein Wort über die Hamas. Der Vorfall zeigt, wie leicht Stars große Bühnen nutzen, um einseitige Narrative zu verstärken.
Gemeinsam ist all diesen Fällen, dass Kultur und Bildung instrumentalisiert werden, um politischen Druck aufzubauen. Statt Austausch und Debatte dominiert Ausgrenzung und Abschottung.
Gerade in Deutschland ist die Debatte um BDS besonders sensibel. 2019 hat der Bundestag die Bewegung mit breiter Mehrheit als antisemitisch eingestuft und beschlossen, ihr keine öffentliche Förderung zu gewähren. Zahlreiche Städte – von München bis Frankfurt – haben ähnliche Beschlüsse gefasst. Doch die Praxis zeigt: Ganz so eindeutig ist der Umgang nicht.
Immer wieder geraten Kulturinstitutionen in die Kritik, wenn sie Künstler einladen, die BDS-nahen Positionen vertreten. Oft folgt dann ein Hin und Her: erst eine Absage, dann eine Rücknahme, schließlich ein Kompromiss. So geschehen bei Festivals, Theatern oder auch bei kommunalen Kulturämtern.
Die Begründung lautet meist: Man müsse die „Freiheit der Kunst“ schützen, auch unbequeme Stimmen zulassen. Doch diese Argumentation übersieht, dass es bei BDS nicht um freie Debatte geht, sondern um gezielten Ausschluss. Wenn eine Bewegung fordert, sämtliche israelischen Kulturinstitutionen zu boykottieren, dann ist das Gegenteil von Offenheit – es ist eine gezielte Einschränkung.
Gerade Deutschland trägt hier eine besondere Verantwortung. Einerseits verpflichtet die historische Schuld dazu, jüdisches Leben und den Staat Israel zu schützen. Andererseits geraten Kulturinstitutionen unter Druck, wenn internationale Stars oder Bewegungen Boykottforderungen erheben. Dieses Spannungsfeld führt zu einer oft widersprüchlichen Praxis, in der klare Linien verschwimmen.
Die Petition, die nun durch Hollywood zieht, ist kein spontaner Hilferuf, sondern die Umsetzung einer lange vorbereiteten Strategie. Das „Industry Protocol in Times of Genocide“ liefert die Blaupause, BDS die Ideologie, und bekannte Schauspieler liefern die Schlagzeilen.
Die Debatte zeigt: Es geht längst nicht mehr nur um die Frage, wie man auf den Krieg in Gaza reagiert. Es geht um die Grundsatzfrage, ob Kultur ein Ort der Vielfalt und Begegnung bleibt – oder ob sie zum Schlachtfeld einer politischen Agenda wird.
Europa und insbesondere Deutschland stehen hier vor einer klaren Herausforderung. Wer BDS in Kulturinstitutionen Raum gibt, fördert nicht Debatte, sondern Ausgrenzung. Wer dagegen Haltung zeigt, verteidigt nicht nur Israel, sondern auch die Freiheit der Kunst.
Autor: Andeas Krüger
Bild Quelle: Von Thomas Wolf, www.foto-tw.de, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=43944121
Samstag, 13 September 2025