Jenseits von Uman: Die weltweiten Wallfahrten der Chassidim zu Rosch Haschana

Jenseits von Uman: Die weltweiten Wallfahrten der Chassidim zu Rosch Haschana


Nicht nur in Uman pilgern zehntausende Juden zum Neujahrsfest an die Gräber großer Zaddikim. Von Polen über Ungarn bis nach New York suchen Gläubige die Nähe zu ihren Rabbinern – und investieren Zeit, Geld und Energie, um ein neues Jahr mit Segen zu beginnen.

Jenseits von Uman: Die weltweiten Wallfahrten der Chassidim zu Rosch Haschana

Rosch Haschana ist für chassidische Gemeinschaften weit mehr als ein familiäres Fest. Seit Jahrhunderten gehört die Wallfahrt zu den Gräbern der großen Zaddikim – lebender wie verstorbener Rabbiner – zum Kern religiöser Praxis. Am bekanntesten ist Uman in der Ukraine, wo Rabbi Nachman von Breslau begraben liegt. Doch auch Medschibosch (Ukraine), Kerestir (Ungarn), Leżajsk (Polen) und selbst New York sind in den Tagen des Neujahrsfestes Zentren intensiver Spiritualität.

Uman – Symbol einer Bewegung

„Mein Rosch Haschana ist über allem“, versprach Rabbi Nachman seinen Anhängern. Wer an seiner Seite bete, brauche keine schweren Bußübungen mehr, um ein gutes Jahr zu verdienen. Dieser Satz wurde zum Gründungsmythos einer beispiellosen Bewegung. Heute reisen jedes Jahr zehntausende, längst nicht nur aus der Breslauer Gemeinschaft, in die ukrainische Stadt. Gesänge, Tänze, massenhafte Gebete – die Atmosphäre gleicht einem spirituellen Strom, der Gläubige aus aller Welt mitreißt.

Medschibosch und Kerestir – die Wurzeln des Chassidismus

Medschibosch, Grabstätte des Baal Schem Tow, des Begründers der chassidischen Bewegung, zieht an den Hohen Feiertagen ebenfalls tausende an. Hotels, koschere Restaurants und Gebetsräume schaffen eine Infrastruktur, die den Pilgern das Gefühl gibt, Teil einer lebendigen Tradition zu sein.

In Kerestir wiederum, wo Rabbi Jeschaja Steiner begraben liegt, lebt die Erinnerung an seine legendäre Gastfreundschaft fort. Sein Haus ist ein Symbol des Gebens, und noch heute kommen Chassidim aus der ganzen Welt, um dort Kraft und Inspiration zu schöpfen.

New York und Leżajsk – die Zentren in West und Ost

In Brooklyn, im legendären „770“ des Lubawitscher Rebben, sammeln sich jedes Jahr tausende, um gemeinsam zu beten und zu feiern. Auch nach dessen Tod bleibt der Ort ein spirituelles Zentrum. In Leżajsk in Polen wiederum ist das Grab von Rabbi Elimelech ein Magnet für fromme Juden – ein Ort, an dem Gesänge und Gebete den Ort in ein vibrierendes Zentrum der Erinnerung verwandeln.

Zwischen Glaube und Alltag

Die Reisen sind mit hohen Kosten verbunden. Manche Gemeinschaften ermutigen daher ihre Mitglieder, ohne Frauen und Kinder zu reisen, um Ausgaben zu senken. Andere, wie die Boyaner Chassidim in Jerusalem, appellierten an Anwohner, Wohnungen nicht zu Wucherpreisen zu vermieten, damit möglichst viele Gläubige teilnehmen können.

Trotz aller Herausforderungen – organisatorisch wie finanziell – bleibt die Faszination ungebrochen. Schätzungen zufolge reisen jährlich mehr als 150.000 Chassidim zu den Festtagen. Sie investieren nicht nur Geld, sondern auch ihr Herzblut, um an den Quellen der Bewegung neue Kraft für das kommende Jahr zu finden.

Rosch Haschana wird so für viele zu mehr als einem Feiertag: Es wird zu einem Moment tiefster spiritueller Erneuerung – getragen von der Hoffnung auf ein gutes, gesegnetes Jahr.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Nahoumsabban - Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8873305


Samstag, 20 September 2025

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