Kultureller Boykott statt Dialog: Michel Gondry sagt Teilnahme am Filmfestival Sderot ab

Kultureller Boykott statt Dialog: Michel Gondry sagt Teilnahme am Filmfestival Sderot ab


Der französische Regisseur zieht seinen Berlinale-Gewinner aus dem Programm zurück – mit dem Hinweis auf die „geopolitische Lage“. Damit reiht er sich in eine wachsende Front internationaler Filmschaffender ein, die Israel kulturell isolieren wollen. Ausgerechnet eine Serie über jüdisches Leben im Holocaust eröffnet nun das Festival.

Kultureller Boykott statt Dialog: Michel Gondry sagt Teilnahme am Filmfestival Sderot ab

Der gefeierte Regisseur Michel Gondry, Oscar-Preisträger und Schöpfer von Klassikern wie Vergiss mein nicht oder The Science of Sleep, hat die geplante Israel-Premiere seines neuen Films Maya, t’en prie, donne-moi un titre beim kommenden Filmfestival im südisraelischen Sderot abgesagt. Offiziell heißt es, die Entscheidung stehe „im Zusammenhang mit der geopolitischen Lage“. Auf Nachfrage erklärte das Festivalteam, es gebe keinen Raum für ein Gespräch mit Gondry – er habe den Rückzug über seine Verleiher übermitteln lassen.

Die Absage ist kein Einzelfall. Mehrere internationale Filme wurden bereits aus dem Programm gestrichen, immer mit derselben Begründung. Der Boykott bleibt damit nicht abstrakt, sondern trifft direkt ein Festival, das seit dem Massaker vom 7. Oktober 2023 symbolisch für Widerstandskraft und kulturelle Vitalität im Süden Israels steht.

Israel als Zielscheibe einer weltweiten Kampagne

Gondrys Rückzug fällt in eine Zeit, in der ein wachsender Teil der westlichen Kulturszene Israel ächtet. Über 4.000 Filmschaffende – darunter Stars wie Emma Stone und Joaquin Phoenix sowie Regisseure wie Yorgos Lanthimos und Ava DuVernay – haben zuletzt eine Petition unterschrieben, in der sie eine „Kollaboration mit israelischen Institutionen“ kategorisch ausschließen. Israel wird darin ohne Differenzierung als „Apartheidstaat“ und „Genozidverantwortlicher“ diffamiert.

Dass viele dieser Unterzeichner gleichzeitig an europäischen oder amerikanischen Projekten mitwirken, die von Staaten gefördert werden, die selbst Kriege führen oder Menschenrechte verletzen, zeigt die selektive Empörung. Im Kern geht es nicht um Menschenrechte, sondern um eine politische Stigmatisierung Israels.

Ein anderes Signal aus Israel

Die Leitung des Festivals in Sderot musste das Programm bereits einmal verschieben – von Juli auf November – wegen des Kriegs mit dem Iran. Nun reagiert man mit einem starken Gegenzeichen: Eröffnet wird die Veranstaltung mit der Serie Etty von Haggai Levi, die das Leben und die innere Entwicklung der niederländischen Jüdin Etty Hillesum während der Schoa erzählt.

Damit rückt das Festival bewusst eine Geschichte ins Zentrum, die zeigt, wie ein Mensch in Zeiten der Verfolgung spirituelle Stärke und Menschlichkeit bewahren konnte. Levi betonte, sein Werk wolle nicht nur an die Schoa erinnern, sondern universell von der Kraft des Einzelnen erzählen, „auch im Angesicht von Gewalt und Unterdrückung menschlich zu bleiben“.

Boykott als Waffe – und seine Folgen

Die wachsende Distanzierung internationaler Kulturschaffender ist nicht nur ein symbolischer Affront. Sie soll Israel auch auf der weichen Ebene – Kunst, Wissenschaft, Sport – isolieren und so das Narrativ der Feinde Israels verstärken. Doch die Folge ist eine Entfremdung, die gerade jene Räume zerstört, in denen Austausch und Verständigung möglich wären. Wenn Regisseure, Musiker und Künstler ihre Arbeiten in Israel verweigern, trifft das nicht die Regierung, sondern das Publikum – die Zivilgesellschaft, die trotz Krieg, Trauma und Angst kulturelle Brücken sucht.

Wer Dialog verweigert, entscheidet sich bewusst für die Linie von Hamas und BDS, die seit Jahren auf Boykott statt Begegnung setzen. Gondrys Absage ist deshalb nicht nur eine individuelle Entscheidung, sondern Teil einer breiten Bewegung, die Israel kulturell ächten will – während dieselben Stimmen bei Diktaturen, Unterdrückung und echten Massakern oft schweigen.

Die Absage mag kurzfristig Schlagzeilen machen. Langfristig aber bleibt Israels Kultur lebendig – und gerade im Süden des Landes wird das Festival in Sderot trotz aller Angriffe zeigen: Freiheit der Kunst bedeutet hier nicht Distanzierung, sondern Beharren.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Boungawa - Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=168021115


Sonntag, 21 September 2025

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