Wenn der Krieg endet, aber der Vorwurf bleibt

Wenn der Krieg endet, aber der Vorwurf bleibt


Die Waffen schweigen, doch der moralische Feldzug gegen Israel geht weiter. Medien suchen neue Begriffe, um Empörung zu verlängern – und machen aus Armut, Hunger und Bargeldmangel das nächste Kapitel ihres „Genozid“-Narrativs.

Wenn der Krieg endet, aber der Vorwurf bleibt

Israel zieht seine Soldaten zurück, die Schüsse verstummen — und doch bleibt das Land auf der Titelseite: nicht wegen Gefechten, sondern wegen neuer Begriffe, die Medien erfinden, um Empörung zu produzieren. Aus dem Krieg wird eine Metapher, aus einer Blockade ein Verbrechen, aus wirtschaftlichen Problemen ein „Genozid“. Wer gewinnt daran? Gewiss nicht die Opfer auf beiden Seiten.

Kurz und unbequem: Journalismus sollte beschreiben, nicht moralisieren. Doch wenn aus langen Warteschlangen an Bankautomaten plötzlich ein „Cash-Genozid“ wird, ist das weniger Analyse als Agitation — und schadet letztlich allen, die echte Verantwortung tragen müssten.

Die Bilder aus Gaza sind real: Menschen stehen Schlange, Kinder folgen Erwachsenen, die Blicke sind leerer als vor einem Jahr. Das Elend ist unbestritten. Doch die Frage, wer die Schuld trägt, lässt sich nicht seriös beantworten, indem man jedem Mangel automatisch Israel anlastet. Die Realität ist komplexer — und sie zwingt uns, nüchterner zu fragen, statt sprachlich zu eskalieren.

Hamas hat das öffentliche Leben im Gazastreifen jahrzehntelang monopolisiert. Sie dirigiert Ressourcen, sie entscheidet über Geldflüsse, sie kontrolliert, wer wohin gelangt. Wenn Banken wieder öffnen, heißt das nicht automatisch, dass humanitäre Hilfe ungehindert ankommt oder dass Bargeld gleichmäßig verteilt wird. Es bedeutet nur: die Infrastruktur existiert noch — und genau das führt zu neuen Machtkämpfen zwischen denen, die reparieren wollen, und denen, die profitieren.

Israel trägt Verantwortung für seine Sicherheit; das ist unbestritten. Gleichzeitig hat Israel kein Interesse daran, zivile Leidtragende zu sehen. Doch Medienberichte, die aus Geldknappheit ein Strafdelikt formen, übergehen, dass die Verwaltung von Geldern in einem Gebiet, das seit Jahren von einer Terrororganisation kontrolliert wird, mit systemischer Korruption und Prioritätensetzungen verbunden ist — nicht allein mit Blockaden von außen. Wer diese Zusammenhänge ausblendet, liefert Propaganda, keine Aufklärung.

Zwischen Erbarmen und Instrumentalisierung

Es ist menschlich, Mitleid zu empfinden. Es ist journalistisch geboten, Mitleid in Kontext zu setzen. Wenn die Erzählung jedoch von vorneherein festlegt, wer Täter und wer Opfer ist, werden Fakten nach der Moral zurechtgestutzt. Das schadet denjenigen, die wirklich leiden: den Angehörigen der vermissten Israelis, den Familien, die ihre Häuser verloren haben, und auch den Palästinensern, deren Alltag seit Jahren von den Entscheidungen ihrer eigenen Führung bestimmt wird.

Die Sprache, mit der Medien berichten, hat Macht. Begriffe, die bewusst zugespitzt werden — ob „Genozid“ oder neuere Wortschöpfungen — schaffen ein Klima, in dem differenzierte Politik unmöglich wird. Wer politisch handeln will, braucht Klarheit: Wer behindert Hilfslieferungen? Wer lenkt Gelder in Tunnel statt in Krankenhäuser? Wer verhindert internationale Kontrolle? Solche Fragen verlangen Antworten, keine rhetorischen Bomben.

Die Pflicht der Berichterstattung muss also lauten: prüfen, einordnen, belegen. Kritik an Israel ist legitim, wenn sie auf überprüfbaren Fakten beruht. Kritik, die Narrative nach dem Geschmack bestimmter Meinungsmacher formt, ist gefährlich — weil sie die echten Ursachen verdeckt und die Suche nach Lösungen behindert.

Zum Schluss ein nüchterner Appell: Wenn nach dem Ende der Kämpfe erneut die Debatten über Begriffe gewinnen, sollte die Redaktion zweimal innehalten. Solidarität mit Leidenden darf nicht blind machen für politische Verantwortung und für die Macht der Sprache. Wer Leiden benennt, muss es auch erklären — und wer Konflikte lösen will, darf nicht zuerst die Empörung zünden.


Autor: Bernd Geiger
Bild Quelle: Symbolbild KI generiert


Freitag, 31 Oktober 2025

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