Der Marsch der Schande – Australiens Behörden versagen vor offenem Judenhass

Der Marsch der Schande – Australiens Behörden versagen vor offenem Judenhass


Vor dem Parlament von New South Wales marschierten Dutzende australische Neonazis mit Bannern gegen Juden und gegen neue Gesetze gegen Hassverbrechen. Während die Polizei den Aufmarsch zuließ, wächst die Empörung über das Versagen des Staates, Antisemitismus entschieden zu bekämpfen.

Der Marsch der Schande – Australiens Behörden versagen vor offenem Judenhass

In schwarzen Uniformen, in starren Reihen und mit erhobenen Bannern, auf denen „Abolish the Jewish Lobby“ stand – so präsentierten sich am Samstag Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung White Australia vor dem Parlamentsgebäude in Sydney. Was an die dunkelsten Bilder des 20. Jahrhunderts erinnerte, geschah mitten im demokratischen Zentrum Australiens – genehmigt von der Polizei.

Die Kundgebung richtete sich offiziell gegen das neue Gesetzespaket des Bundesstaates New South Wales, das antisemitische und rassistische Hetze unter härtere Strafen stellt. Doch die Parolen auf den Transparenten und in den Reden ließen keinen Zweifel: Ziel war nicht die Verteidigung der Meinungsfreiheit, sondern der Angriff auf die jüdische Gemeinschaft selbst.

„Die jüdische Lobby zerstört unser Land. Sie kauft Politiker, sie indoktriniert sie in Israel, sie kontrolliert die Medien“, rief ein Redner der Bewegung in ein Megafon, während seine Anhänger mit verschränkten Armen danebenstanden. Das Video, das später auf dem Telegram-Kanal der Organisation verbreitet wurde, löste landesweite Empörung aus.

Hintergrund des Protestes ist ein Maßnahmenpaket, das im Februar verabschiedet wurde. Es sieht Gefängnisstrafen für die Verwendung von Nazi-Symbolen, Terror-Emblemen oder den Hitlergruß vor. Zudem verschärft es die Strafen für Aufrufe zu Gewalt oder Hass gegen Bevölkerungsgruppen. Die Gesetze waren eine Reaktion auf eine Welle antisemitischer Angriffe, darunter Brandstiftungen und Schmierereien, die Sicherheitsdienste teilweise iranischen Agenten zuschrieben.

Die Neonazis behaupteten hingegen, jüdische Organisationen hätten diese Vorfälle „erfunden oder übertrieben“, um neue Gesetze zu erzwingen – eine klassische antisemitische Verschwörungserzählung, wie sie seit Generationen in rechtsextremen Kreisen kursiert.

Die Empörung über den Aufmarsch ließ nicht lange auf sich warten. Der NSW Jewish Board of Deputies erklärte, es sei „unentschuldbar“, dass die Polizei eine solche Demonstration erlaubt habe. „Diese Bilder des Hasses haben keinen Platz in einer Demokratie – schon gar nicht vor dem Parlament unseres Staates“, so die Organisation.

Auch der Vorsitzende der australischen Judenvertretung, Alex Ryvchin, verurteilte das Geschehen scharf: „Verschwörungstheorien über jüdische Kontrolle sind heute weiter verbreitet als in den letzten 80 Jahren. Sie sind das geistige Gift, aus dem Extremismus wächst – von der radikalen Linken bis zur extremen Rechten. Unsere Aufgabe ist es, Anstand, Vernunft und Zivilität wiederherzustellen – das allein entzieht diesen Bewegungen ihre Grundlage.“

Die Polizei von Sydney verteidigte sich mit dem Hinweis auf das Recht auf freie Meinungsäußerung, kündigte aber eine interne Überprüfung an. Polizeichef Mal Lanyon erklärte, man habe zwischen Meinungsfreiheit und öffentlicher Ordnung abgewogen und „nach geltendem Recht gehandelt“. Premierminister von New South Wales, Chris Minns, sprach hingegen von einem „moralischen Versagen“ und kündigte an, die Gesetzeslage zu prüfen, um der Polizei künftig mehr Handlungsspielraum gegen extremistische Aufmärsche zu geben.

Ironischerweise nutzte auch die propalästinensische Gruppe Palestine Action Group Sydney die Gelegenheit, um auf eine angebliche „Doppelmoral“ hinzuweisen. Sie kritisierte, dass pro-palästinensische Demonstrationen regelmäßig eingeschränkt würden, während Neonazis marschieren dürften.

Doch diese Gleichsetzung verkennt den Kern des Problems: Hier marschierten keine Aktivisten für ein politisches Ziel – hier marschierten erklärte Feinde der Demokratie, die alte antisemitische Lügen wiederbelebten und damit den Nährboden für Gewalt legen.

Selbst innerhalb der jüdischen Gemeinschaft betonten Vertreter unterschiedliche Perspektiven auf das Gesetz: Während die Australian Jewish Association traditionell gegen Gesetze zur Einschränkung von Meinungsäußerung ist, rief ihr Vorsitzender Robert Gregory dennoch zur Einheit auf: „Wir lehnen übertriebene Einschränkungen der Redefreiheit ab, aber gegen rassistische Freaks wie diese müssen alle anständigen Australier geschlossen auftreten.“

Australien erlebt seit dem Gaza-Krieg einen deutlichen Anstieg antisemitischer Vorfälle – von Schmierereien an Synagogen bis zu körperlichen Angriffen. Dass Neonazis heute wieder öffentlich marschieren und die Polizei sie schützt, zeigt, wie brüchig die demokratische Abwehr geworden ist.

Ein Land, das die Erinnerung an den Holocaust stets als Teil seiner politischen Identität verstand, steht vor einer neuen Bewährungsprobe: Wird es die Freiheit verteidigen – oder den Hass dulden, der sie zerstört?


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot Telegram


Dienstag, 11 November 2025

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