Mexiko startet Militäroperation gegen Drogenkartelle – Präsidentin Sheinbaum unter DruckMexiko startet Militäroperation gegen Drogenkartelle – Präsidentin Sheinbaum unter Druck
Nach der Ermordung eines Bürgermeisters im Bundesstaat Michoacán hat Mexikos Regierung eine großangelegte Offensive gegen die Kartelle angekündigt. Präsidentin Claudia Sheinbaum verspricht „Frieden und Gerechtigkeit“ – doch viele Mexikaner trauen ihren Worten nicht mehr.
Mexiko reagiert mit Härte – und vielleicht auch Verzweiflung. Nach einer Welle brutaler Gewalt und dem Mord an einem Bürgermeister in der westlichen Region Michoacán hat Präsidentin Claudia Sheinbaum am Sonntag den Beginn einer umfassenden Militär- und Polizeioffensive verkündet.
Die sogenannte „Plan Michoacán por la Paz y la Justicia“ („Plan für Frieden und Gerechtigkeit“) sieht den Einsatz von über 10.500 Soldaten, Luftwaffenkräften und Angehörigen der Nationalgarde vor. Das Ziel: die Zerschlagung krimineller Netzwerke, die Bekämpfung von Erpressung, Drogenproduktion und Waffenschmuggel – sowie die Vernichtung von Drogenlaboren und Ausbildungslagern der Kartelle.
Der Schritt folgt unmittelbar auf den Mord an Carlos Alberto Manzo Rodríguez, Bürgermeister der Stadt Uruapan, der am 1. November während der Feierlichkeiten zum „Tag der Toten“ erschossen wurde. Das Attentat auf einen populären Lokalpolitiker erschütterte das Land und entfachte landesweite Proteste gegen die anhaltende Gewalt – und gegen die Untätigkeit der Regierung.
Eine Region im Griff der Kartelle
Michoacán gilt seit Jahren als einer der gefährlichsten Bundesstaaten Mexikos. Zwischen rivalisierenden Gruppen wie dem Cártel de Jalisco Nueva Generación und lokalen Milizen herrscht ein permanenter Machtkampf um Schmuggelrouten und lukrative Exportgüter wie Avocados und Limetten. Entführungen, Schutzgelderpressung und politische Morde gehören längst zum Alltag.
Verteidigungsminister Ricardo Treviña Terjo erklärte, dass zusätzliche 1.000 Soldaten in die Region entsandt werden sollen. Der Einsatz soll vor allem verhindern, dass bewaffnete Gruppen in die Nachbarstaaten – insbesondere nach Jalisco – ausweichen. „Wer Gewalt sät, wird zur Rechenschaft gezogen“, sagte Terjo.
Innenminister Omar García Harfuch kündigte an, dass neben Bodentruppen auch Drohnen, Aufklärungsflugzeuge und moderne Überwachungssysteme eingesetzt werden sollen. Die Operation werde „konzentriert, präzise und langfristig“ sein, versicherte er.
Sheinbaums Balanceakt
Präsidentin Sheinbaum präsentierte sich entschlossen, aber unter Druck. Seit ihrem Amtsantritt steht sie in der Kritik, der organisierten Kriminalität zu zaghaft zu begegnen. Nun versucht sie, militärische Härte mit sozialpolitischer Symbolik zu verbinden.
Ein erheblicher Teil des 57-Milliarden-Peso-Programms (rund drei Milliarden US-Dollar) soll in Bildungs- und Infrastrukturprojekte fließen: Stipendien für Studierende, Unterstützung für Bauern, Investitionen in Tourismus und Beschäftigung. „Wir bekämpfen nicht nur die Gewalt, wir bekämpfen ihre Ursachen“, sagte Sheinbaum. „Niemand in Michoacán steht allein – die Regierung ist an eurer Seite.“
Doch in der Bevölkerung stößt der Plan auf Skepsis. Viele sehen in der plötzlichen Mobilisierung vor allem eine Reaktion auf öffentlichen Druck und mediale Empörung. „Sie handeln nur, wenn Kameras auf sie gerichtet sind“, klagte eine Einwohnerin von Uruapan im Sender Televisa.
Symbolischer Kampf um Vertrauen
Der Mord an Bürgermeister Manzo Rodríguez steht für ein tieferes Problem: das schwindende Vertrauen in den Staat. Der Politiker war ein scharfer Kritiker der Bundesregierung, forderte mehr Schutz und Transparenz – und bezahlte dafür mit dem Leben. Seine Witwe García Quiroz, die inzwischen als neue Bürgermeisterin vereidigt wurde, versprach, „den Kampf ihres Mannes fortzuführen“.
Mexikos Geschichte ist reich an Anti-Drogen-Kampagnen, die mit großem Pomp starteten und mit wenig Ergebnis endeten. Schon unter Präsident Felipe Calderón hatte der Einsatz des Militärs im Inneren tausende Tote gefordert, ohne die Macht der Kartelle zu brechen. Nun setzt auch Sheinbaum auf ein Rezept, das in der Vergangenheit oft scheiterte.
Ob der neue „Plan Michoacán“ mehr sein wird als ein symbolisches Manöver, bleibt abzuwarten. Doch eines ist klar: Mit jedem ermordeten Bürgermeister, jedem erschossenen Journalisten und jeder Familie, die zwischen die Fronten gerät, verliert Mexiko ein Stück seiner demokratischen Substanz.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Eneas De Troya - https://www.flickr.com/photos/eneas/54070528525/, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=154190572
Dienstag, 11 November 2025