Zwei Weltmächte, ein gefährlicher Streit: Wer entscheidet über Israels Sicherheit nach dem Gaza-Krieg?Zwei Weltmächte, ein gefährlicher Streit: Wer entscheidet über Israels Sicherheit nach dem Gaza-Krieg?
In New York ringen die USA und Russland um die Zukunft des Gazastreifens – doch beide Entwürfe im UN-Sicherheitsrat ignorieren zentrale israelische Bedürfnisse. Was als diplomatischer “Wiederaufbauplan” verkauft wird, droht zur Neuauflage alter Fehler zu werden.
Wenn sich in der New Yorker Glaszentrale des UN-Sicherheitsrats zwei Großmächte frontal gegenüberstehen, geht es selten nur um Worte. Es geht um Deutungshoheit, Machtprojektion – und im Fall Gazas um die Frage, wer die Region künftig prägen wird. Die USA legen ihren eigenen Entwurf vor, Russland kontert mit einer Gegenfassung. Beide sprechen von Stabilität, Wiederaufbau und einer “umfassenden Lösung”. Doch hinter den diplomatischen Formeln verbergen sich zwei grundverschiedene Visionen – und beide missachten zentrale Sicherheitsinteressen Israels.
Die amerikanische Initiative stützt sich auf Donald Trumps 20-Punkte-Plan, der seit der Scharm-el-Scheich-Konferenz im Oktober als mögliches Fundament für eine politische Lösung gilt. Ihr Kern ist einfach formuliert: Die Waffen sollen schweigen, die Region soll international verwaltet werden, und langfristig soll die palästinensische Führung in einer reformierten, technokratischen Form zurückkehren. Was freundlich klingt, bedeutet in der Realität eine weitreichende internationale Kontrolle über Gaza – mit einer neu geschaffenen “Missionsarchitektur”, die tiefer eingreifen würde als je zuvor.
Russlands Version dagegen verzichtet auf jeden konkreten Mechanismus, der den Terrorapparat der Hamas beseitigen könnte. In Moskau setzt man auf “kontinuierliche Beobachtung”, eine Formel, die in Krisengebieten dieser Welt oft nichts anderes als Untätigkeit bedeutet. Während Washington offen von der Demilitarisierung spricht, vermeidet Moskau das Wort konsequent. Der Name “Hamas” erscheint nicht als Problem, nicht als Hindernis, nicht einmal als Thema.
Eine Gemeinsamkeit bleibt jedoch – und sie wiegt schwer. Beide Entwürfe wollen die palästinensische Autonomiebehörde als legitime Herrscherin über Gaza einsetzen. In der amerikanischen Vorlage erst nach tiefgreifenden Reformen, in der russischen sofort und ohne Vorbedingungen. Für Israel bedeutet beides dieselbe Realität: eine Rückkehr der Strukturen, die jahrelang dabei versagt haben, Terror vorzubeugen, Hass zu verhindern und eine stabile Verwaltungsordnung aufzubauen.
Auch beim Thema Territorium wird der Unterschied klar. Russland legt in ungewöhnlicher Deutlichkeit fest, dass keinerlei “demografische oder territoriale Veränderungen” in Gaza stattfinden dürfen. Davon profitieren vor allem jene Player, die ein Interesse daran haben, die derzeitigen Machtverhältnisse zu konservieren, einschließlich der Hamas-Strukturen in abgeschwächter Form. Die USA hingegen formalisieren keinen solchen Passus, fokussieren aber stattdessen auf eine engere Zusammenarbeit mit Israel und Ägypten bei der Grenzsicherung. Doch auch hier bleibt offen, wie eine solche Kooperation praktisch aussehen soll, solange der Terroruntergrund nicht vollständig beseitigt ist.
Erschwerend kommt hinzu, dass beide Entwürfe den Weg zu einem palästinensischen Staat als politisches Endziel definieren. Eine Formel, die in Jerusalem parteiübergreifend abgelehnt wird – nicht aus ideologischer Starrheit, sondern aus bitterer Erfahrung. Jeder Versuch, politische Konstrukte vor die Sicherheitslage zu setzen, hat in der Vergangenheit Leid und Instabilität erzeugt. Ohne grundsätzliche Veränderung der Strukturen, der Ideologie und der Machtverhältnisse bleibt das Konzept eine gefährliche Illusion.
Was die USA vorschlagen, ist ein neu erfundener, kostspieliger internationales Verwaltungsaufbau, der auf dem Papier Ordnung schaffen soll. Was Russland anbietet, ist ein diplomatisches Nebelfeld, das die bestehenden Kräfteverhältnisse unangetastet lässt. Beide Wege aber rühren nicht an den Kern: Ohne eine nachhaltige Entwaffnung der Terrororganisationen in Gaza wird jede politische Lösung zur nächsten Eskalation führen.
Für Israel entsteht damit ein Dilemma: Einerseits erkennt man den diplomatischen Druck, eine langfristige Lösung zu präsentieren. Andererseits sieht man, wie in diesen Entwürfen zentrale Sicherheitsanliegen verwässert oder ignoriert werden. Während Washington zumindest versucht, die Realität des Terrornetzwerks zu adressieren, lässt Moskau genau diesen Punkt bewusst offen – ein Zugeständnis an Akteure, die kein Interesse an einer stabilen, friedlichen Zukunft haben.
In den kommenden Tagen wird sichtbar werden, ob der Sicherheitsrat überhaupt handlungsfähig ist. Ein russisches oder chinesisches Veto ist wahrscheinlich, die amerikanische Initiative könnte scheitern, und damit bleibt eine zentrale Frage unbeantwortet: Wird die Weltgemeinschaft aus den Fehlern der Vergangenheit lernen?
Und noch eine zweite Frage schwebt über allem, unausgesprochen, aber entscheidend: Welche internationale Initiative erkennt tatsächlich an, dass Israels Sicherheit nicht verhandelbar ist – und dass jeder Plan für Gaza scheitern wird, der diesen Grundsatz ignoriert?
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Kremlin.ru, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=70906985
Montag, 17 November 2025