Wenn popkulturelle Moral zur Waffe wird: Das Benefizspektakel von Los Angeles und die neue Kulturfront gegen IsraelWenn popkulturelle Moral zur Waffe wird: Das Benefizspektakel von Los Angeles und die neue Kulturfront gegen Israel
Stars inszenieren Mitgefühl, während dieselben Bühnen Israel ausgrenzen. Der Gala-Abend „Artists for Aid“ zeigt, wie tief der kulturelle Boykott reicht – und wie unkritisch die Unterhaltungsindustrie Narrative übernimmt, die seit dem 7. Oktober jede moralische Proportion verloren haben.
Es wirkt wie ein vertrautes Ritual: Prominente, die mit ernsthaften Mienen auf der Bühne stehen, Spenden sammeln, politische Botschaften verbreiten. Doch die Veranstaltung, die im Januar in Los Angeles stattfinden soll, ist mehr als nur ein weiterer Wohltätigkeitsabend. Sie ist ein Symptom für eine Entwicklung, in der kulturelle Einflussnahme zu einem Ersatz für politische Wirklichkeit geworden ist. Und sie zeigt, wie bereitwillig ein Teil der weltweiten Kulturszene Israel aus der moralischen Gemeinschaft ausschließt, während dieselben Akteure keinerlei Distanz zu Organisationen, Netzwerken und Kampagnen zeigen, die antisemitische Denkmuster normalisieren.
Unter dem Titel „Artists for Aid“ versammeln sich im nächsten Jahr Namen, die auf den ersten Blick harmlos wirken: Shawn Mendes, Clairo, Dev Hynes, Omar Apollo, SZA-verwandte Acts, Indie-Favoriten aus Los Angeles, London und New York. Moderiert wird der Abend von Bella Hadid, die ihre antiisraelische Haltung längst zu einem zentralen Bestandteil ihrer öffentlichen Persona gemacht hat, und Pedro Pascal, der immer wieder an der Seite von Aktivistengruppen zu finden ist, die Israel in moralisch eindeutigen Kategorien verorten: Täter, Aggressor, Unterdrücker.
Dass einige der auftretenden Künstler sich dem Kampagnenbündnis „No Music For Genocide“ angeschlossen haben, ist kein Zufall. Diese Initiative sperrt Musik gezielt für israelische Nutzer – ein symbolischer Boykott, der die Logik von BDS in die Kulturindustrie verlängert. Die Botschaft lautet: Israel soll ausgeschlossen werden, nicht aus politischen Gründen, sondern aus moralischen. Die Etikettierung ist radikal, doch sie trifft auf erstaunlich wenig Widerspruch.
Es lohnt sich, den Kontrast zu betrachten. Während dieselben Künstler Israel kollektiv moralisch verurteilen, sind die Sorgen der Menschen im Gazastreifen oder im Sudan real und tragisch – und dennoch werden sie instrumentalisiert. Der Krieg in Gaza hat ein Bild reproduziert, das in westlicher Öffentlichkeit kaum hinterfragt wird: Israel als Zerstörer, als Verantwortlicher, als moralischer Outlaw. Die Schicksale der Zivilbevölkerung dienen dabei als Bühne, nicht als Thema ernsthafter Auseinandersetzung. Und Sudan, wo sich seit Jahren das schlimmste humanitäre Desaster der Welt abspielt, wird erst dann sichtbar, wenn man es in denselben Deutungsrahmen setzen kann: „Der Westen versagt – und Israel passt in die Erzählung.“
Die Kulturbranche macht sich damit zu einem Resonanzraum für einfache Narrative. Der 7. Oktober 2023, der brutale Überfall der Hamas, die systematischen Morde, Vergewaltigungen, Entführungen – all das verblasst für jene, die sich moralisch auf der richtigen Seite wähnen. Ausgerechnet in den Wochen, in denen israelische Musikerinnen erneut Morddrohungen erhalten, in denen jüdische Künstler in Europa Auftrittsverbote erleben, feiern Popstars einen Boykott, der sie nichts kostet, aber einer Minderheit weltweit signalisiert: Ihr gehört nicht dazu.
Das „Artists for Aid“-Event ist deshalb nicht harmlos. Es ist ein kulturelles Statement, das die Realität verdrängt und durch moralische Pose ersetzt. Wer Israel moralisch ächtet, aber gleichzeitig kein Problem damit hat, Gelder an Organisationen zu überweisen, die im Nahen Osten nicht selten Teil eines politischen Netzwerks sind, das Terror verharmlost oder verschweigt, betreibt keinen Humanismus, sondern politischen Aktivismus.
Die Unterhaltungsindustrie mag glauben, sie handle aus Mitgefühl. Doch Mitgefühl, das selektiv angewendet wird, verliert seine ethische Substanz. Die Kulturszene ist längst Teil der internationalen Kampagne geworden, Israel kulturell auszuschließen, und dieser Ausschluss wirkt nicht nur nach außen – er zersetzt auch im Inneren der westlichen Gesellschaften den konsensfähigen Begriff von Solidarität.
In Israel arbeitet man derweil weiter an Lösungen, die weit über symbolische Gesten hinausgehen – man heilt Blinde, entwickelt Medikamente gegen Krebs, schafft Sicherheit vor Terror, schützt Minderheiten und demokratische Strukturen. Währenddessen entsteht in Los Angeles ein Bühnenbild, das mit Realität wenig zu tun hat, aber perfekt ins ästhetische Selbstverständnis einer Szene passt, die ihren moralischen Kompass verloren hat.
Autor: Redaktion
Bild Quelle:
Donnerstag, 27 November 2025