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Als Hamas im Hörsaal stand: Warum eine jüdische Medizinstudentin Südafrika verlassen musste

Als Hamas im Hörsaal stand: Warum eine jüdische Medizinstudentin Südafrika verlassen musste


Die Universität von Kapstadt gilt als akademisches Aushängeschild Afrikas. Doch für jüdische Studierende wurde der Campus zu einem Ort, an dem Hass salonfähig wurde. Rotem Barashi entschied: Wer im Hörsaal Terror repräsentiert bekommt, hat dort keinen Platz mehr.

Als Hamas im Hörsaal stand: Warum eine jüdische Medizinstudentin Südafrika verlassen musste

Rotem Barashi war keine politische Aktivistin. Sie wollte Ärztin werden, so wie viele junge Menschen, die zwischen Pflichtgefühl und Neugier einen Weg ins Leben suchen. Doch auf dem Campus der University of Cape Town lernte sie schneller als geplant, dass Antisemitismus heute nicht mehr in dunklen Ecken gedeiht, sondern in Seminarräumen, auf Fakultätsfluren und im E-Mail-Verteiler des Dekanats.

Die Atmosphäre veränderte sich schrittweise und doch rasant. Woche für Woche verschickte der Dekan Nachrichten an tausende Studierende, in denen Israel als Ursache allen Übels beschrieben wurde. Kinder würden sterben, hieß es, und die Schuld liege bei Israel. In solch einem Klima muss man kein Israeli sein, um zu spüren, wie gefährlich einseitige Worte werden können. Aber für Rotem, die aus Jerusalem stammt, fühlte es sich an wie ein Angriff auf die eigene Existenz.

Der Wendepunkt kam während der sogenannten Apartheid Week. Es ist jene jährliche Kampagne, in der Aktivisten Israel ganz offiziell als Apartheidstaat darstellen, die Sprache des südafrikanischen Traumas instrumentalisieren und jeden Widerspruch als moralisches Vergehen deklarieren. Doch diesmal geschah etwas, das die Grenze überschritt: Die Universität lud Vertreter der Hamas ein. Nicht Kritiker Israels, nicht politische Gegner, sondern Vertreter einer Terrororganisation. Rotem saß im Unterricht, als sie in den Raum traten. In diesem Moment, sagt sie, wusste sie, dass sie nicht bleiben kann.

Es war nicht nur die politische Aufladung. Es war das tägliche Mobbing. Jede Frage, die sie im Gruppenchat stellte, wurde mit Beleidigungen beantwortet. Palästina-Flaggen. Baby killer. Du verdienst es nicht, Ärztin zu werden. Sie sah, wie Freundschaften zerfielen, wie Menschen, mit denen sie aufgewachsen war, keinen Kontakt mehr wollten. Kein theoretischer Streit, sondern ein persönlicher Schnitt.

Die jüdische Gemeinschaft in Südafrika ist stark, warmherzig und historisch fest verankert. Doch seit dem siebten Oktober rückt die Realität näher, die viele lange ausblenden wollten: Jüdisches Leben wird fragiler. Und wer sichtbar ist, wird leichter angreifbar. Die Entscheidung der Universität, die Sicherheitskräfte der jüdischen Gemeinschaft vom Campus zu verbannen, nachdem einer von ihnen attackiert wurde, war ein weiterer Beweis dafür, auf welcher Seite man institutionell stand. Während der Krieg tobte, gab es für jüdische Studierende keinen physisch geschützten Raum mehr.

Rotem versuchte durchzuhalten. Sie beendete ihr erstes Studium, begann ein Masterprogramm, träumte weiter von der Medizin. Doch der Alltag wurde unerträglich. Als die Proteste in ihr eigenes Klassenzimmer schwappten, wusste sie: Es gibt keinen Raum mehr zwischen Studium und Bedrohung. Der Ort, der sie bilden sollte, begann sie zu brechen.

Die Reise nach Israel, ursprünglich als zweiwöchiger Freiwilligendienst im Sheba Medical Center geplant, wurde zu einem Atemzug, den sie nicht mehr loslassen wollte. Zwei Monate blieb sie, und die Rückkehr nach Südafrika fühlte sich an wie ein Schritt zurück in eine Realität, die sie nicht länger tragen konnte.

Der Kontakt zu Professor Arnon Afek an der Reichman University eröffnete eine neue Möglichkeit. Sie schickte ihm Dokumente, Beweise, die Nachrichten des Dekans, die Beschimpfungen, die Bilder von Protesten im Hörsaal. Die Antwort kam schnell. Man würde sie nicht allein lassen. Man würde sie aufnehmen. Heute ist sie Erstsemester an der medizinischen Fakultät von Reichman, bereit, neu zu beginnen.

Ihre Entscheidung wurde von manchen in Südafrika nicht verstanden. Für viele ist Israel ein politischer Begriff. Für Rotem ist es der einzige Ort, an dem sie als Jüdin studieren kann, ohne dass sie sich für ihr Dasein rechtfertigen muss. Sie sagt, dass die Zukunft jüdischen Lebens in Südafrika ungewiss ist. Und dass immer mehr darüber nachdenken, zu gehen.

Rotem will Chirurgin werden. Sie will im Sheba Medical Center arbeiten. Und sie sagt, dass die Nachricht aus Israel, die sie als Studentin bestätigte, der Moment war, in dem sie wieder frei atmen konnte. Eine einfache Botschaft, die mehr bedeutet als jeder politische Kommentar: Du gehörst hierher.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Martin Hipangwa - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=174744943


Freitag, 12 Dezember 2025

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