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Albaneses Verteidigung verfängt nicht: Warum Australiens Regierung sich den Vorwürfen stellen muss

Albaneses Verteidigung verfängt nicht: Warum Australiens Regierung sich den Vorwürfen stellen muss


Der Versuch des australischen Premierministers Anthony Albanese, jede Verbindung zwischen seiner Anerkennung eines palästinensischen Staates und dem Massaker von Bondi Beach zurückzuweisen, mag politisch verständlich sein – aber er greift zu kurz.

Albaneses Verteidigung verfängt nicht: Warum Australiens Regierung sich den Vorwürfen stellen muss

Er beantwortet nicht die Frage, die Jüdinnen und Juden in Australien seit zwei Jahren stellen: Wie konnte ein Land, das sich sicher wähnte, in eine Lage geraten, in der ein antisemitischer Terroranschlag mitten in einer Chanukka-Feier möglich wurde?

Albanese betonte in einem Interview, die Anerkennung eines palästinensischen Staates sei international Konsens und politisch längst etabliert. Doch niemand behauptet, seine Entscheidung habe die Täter motiviert oder die Tat ausgelöst. Der Vorwurf ist ein anderer: dass die politische Atmosphäre, die diese Regierung zugelassen hat, den Hass normalisierte, vor dem jüdische Gemeinden seit Jahren gewarnt haben – und dass diese Warnungen zu oft als Überempfindlichkeit abgetan wurden.

Während Albanese nun beteuert, „Australien stehe an der Seite der jüdischen Gemeinschaft“, wirkt diese Formulierung wie ein spätes Eingeständnis der Realität. Jüdische Organisationen vor Ort hatten bereits vor zwei Jahren auf eine Eskalation hingewiesen. Sie hatten Sicherheitsmittel gefordert, geschildert, wie sich Drohungen, Angriffe und Verrohung der Sprache vervielfachten. Die Antwort der Politik blieb halbherzig. Das Ergebnis zeigte sich am Strand von Bondi.

Premierminister Benjamin Netanyahu formulierte es scharf: Antisemitismus breitet sich aus, wenn Führungsspitzen schweigen – oder, so sein Vorwurf, beschwichtigen. Seine Worte trafen einen wunden Punkt in der australischen Debatte. Denn lange bevor Schüsse fielen, war sichtbar, wie jüdische Studierende an Universitäten isoliert wurden, wie Veranstaltungen blockiert und Künstler ausgeschlossen wurden – nicht wegen politischer Positionen, sondern wegen ihrer Identität. Es ist diese Entwicklung, die David Ossip und Alex Ryvchin vom Dachverband der jüdischen Organisationen als „lange erwartete Folge“ bezeichnen. Der Anschlag war für sie kein Schock, sondern die düstere Konsequenz einer Entwicklung, die niemand ernst genug nahm.

Der Versuch, die Debatte nun auf die „Zwei-Staaten-Lösung“ umzulenken, wirkt wie ein Ausweichen. Die Frage ist nicht, ob diese Lösung eines Tages realistisch sein könnte. Die Frage ist, warum eine jüdische Minderheit in einem demokratischen Staat sich zunehmend unsicher fühlen musste, während eine Regierung den Anstieg des Antisemitismus zwar registrierte, aber politisch nicht beherzt entgegentrat.

Dass Albanese nun betont, es sei seine Aufgabe, „die Nation zu einen“, ist ein nobles Ziel. Aber Einheit entsteht nicht durch Appelle, sondern durch klare Grenzen gegenüber Hass. Und genau diese Grenzen wurden in Australien – wie in vielen westlichen Ländern – zu häufig verwischt. Wer antisemitische Parolen als legitime politische Kritik verharmlost, wer jüdische Bürgerinnen und Bürger auf offener Straße anbrüllt, bedrängt oder aus der Öffentlichkeit drängt, schafft ein Klima, in dem Gewalt denkbar wird.

Das Bondi-Massaker war der Moment, in dem die Folgen dieses Klimas blutig sichtbar wurden.

Albanese kann beteuern, es gebe „keinen Zusammenhang“. Die jüdischen Gemeinden Australiens erleben den Zusammenhang jeden Tag. Und genau deshalb werden sie sich mit allgemeinen Floskeln nicht zufriedengeben.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Australian Government - This photo is the same work as (https://www.transparency.gov.au/sites/default/files/styles/content_full_width/public/content_images/anthony_albanese_desk-1-1666573342750.jpg?itok=fjdZqXRH), which was published by the Australian Government under the CC-BY-4.0 licence on the web page https://www.transparency.gov.au/annual-reports/department-prime-minister-and-cabinet/reporting-year/2021-22-10 (copyright info), CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=118269502


Montag, 15 Dezember 2025

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