Liebe Leserinnen und Leser,
in dieser festlichen Zeit - nach Chanukka und kurz vor Weihnachten - möchten wir unsere Arbeit für 2026 sichern.
Bis Jahresende müssen wir mindestens 6.000 Euro erreichen, ideal wären 10.000 Euro.
Viele Leserinnen und Leser haben uns bereits gestärkt - jeder Beitrag hilft. Kontakt bei Fragen: kontakt@haolam.de
Zwischen Washington, Peking und Jerusalem: Wie Kasachstan zur neuen Drehscheibe wird

Zwischen Washington, Peking und Jerusalem: Wie Kasachstan zur neuen Drehscheibe wird


Kasachstan rückt in rasantem Tempo vom geopolitischen Rand ins Zentrum der internationalen Ordnung. Mit einer klug austarierten Außenpolitik, wachsender wirtschaftlicher Bedeutung und einem überraschenden Tourismusboom positioniert sich das Land als neutraler Knotenpunkt zwischen Ost und West – und wird bereits als „neue Schweiz“ Zentralasiens bezeichnet.

Zwischen Washington, Peking und Jerusalem: Wie Kasachstan zur neuen Drehscheibe wird

Lange galt Kasachstan als riesiger, rohstoffreicher Staat mit geringer internationaler Ausstrahlung. Doch diese Wahrnehmung beginnt sich spürbar zu verändern. Innerhalb kurzer Zeit hat sich das zentralasiatische Land diplomatisch, wirtschaftlich und touristisch neu positioniert. Internationale Akteure blicken zunehmend nach Astana, Investoren entdecken neue Chancen – und Reisende finden ein Land, das moderner, offener und vielseitiger ist, als viele erwartet hätten.

Ein sichtbarer Wendepunkt war die Entscheidung Kasachstans, sich den Abraham Accords anzuschließen. Damit wurde das Land zum ersten Staat Zentralasiens, der Teil dieser von den USA initiierten diplomatischen Plattform wurde, die Israel mit mehrheitlich muslimischen Ländern verbindet. Zwar bestehen zwischen Kasachstan und Israel bereits seit 1992 stabile diplomatische Beziehungen, doch der Beitritt sendete ein deutliches Signal: Astana will aktiv Brücken bauen und sich als neutraler Vermittler und verlässlicher Partner etablieren.

Der politische Kurs wird maßgeblich von Präsident Qassym-Schomart Tokajew geprägt. Er verfolgt eine sogenannte multivektorale Außenpolitik, die darauf abzielt, Beziehungen zu unterschiedlichen Machtzentren gleichzeitig zu pflegen, ohne sich einseitig zu binden. Für Kasachstan bedeutet das Dialog mit Washington, wirtschaftliche Nähe zu Peking, pragmatische Kontakte zu Moskau und zugleich eine wachsende Kooperation mit Israel und den Golfstaaten.

Gerade aus Sicht der USA gewinnt Zentralasien strategisch an Gewicht. Energiefragen, Lieferketten, kritische Rohstoffe und neue Transportachsen rücken die Region stärker in den Fokus. Kasachstan nutzt diese Aufmerksamkeit, um sich nicht nur als Rohstofflieferant, sondern als logistisches und technologisches Bindeglied zu präsentieren.

Verkehrsknotenpunkt zwischen China und Europa

Eine Schlüsselrolle spielt dabei der sogenannte Transkaspische Korridor, auch „Mittlerer Korridor“ genannt. Er verbindet China über Kasachstan, das Kaspische Meer und den Südkaukasus mit Europa. Die Transportmengen auf dieser Route steigen deutlich, und langfristige Prognosen gehen von einer Vervielfachung des Güterverkehrs aus. Durch zusätzliche Kooperationen mit israelischen Technologieunternehmen und Investoren aus den Golfstaaten könnte Kasachstan seine Position als infrastrukturelles Rückgrat Eurasiens weiter ausbauen.

Wirtschaftlich attraktiv und investorenfreundlich

Auch wirtschaftlich unterlegt das Land seinen Anspruch. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 291 Milliarden US-Dollar und kumulierten ausländischen Direktinvestitionen von über 470 Milliarden Dollar seit der Unabhängigkeit ist Kasachstan der mit Abstand wichtigste Investitionsstandort Zentralasiens. Fast die Hälfte aller ausländischen Investitionen in der Region fließt dorthin.

Besonderes Augenmerk legt die Regierung auf das Internationale Finanzzentrum Astana, das nach Prinzipien des angelsächsischen Rechts arbeitet. Es dient als Plattform für internationales Kapital, grüne Finanzierungen und langfristige Investitionsprojekte. Parallel versucht das Land, seine enorme Rohstoffbasis – von Energie über Uran bis zu strategischen Mineralien – stärker mit moderner Technologie und nachhaltigen Produktionsmodellen zu verbinden.

Tourismusboom überrascht Beobachter

Am sichtbarsten zeigt sich der neue Aufschwung jedoch im Tourismus. Was lange ein Nischensegment war, entwickelt sich rasant. Besonders junge Reisende aus Indien entdecken Kasachstan als günstige Alternative zu klassischen Alpenzielen. Dramatische Landschaften rund um Almaty, der Tianshan und der Tscharyn-Canyon, einfache Visa-Regelungen und niedrige Preise haben dem Land den Beinamen „neue Schweiz“ eingebracht.

Ähnliche Entwicklungen zeigen sich in Südkorea, wo das Interesse an Kasachstan binnen kurzer Zeit massiv gestiegen ist. Auch aus den Golfstaaten wächst der Zustrom, nicht zuletzt dank verbesserter Flugverbindungen und dem Image eines sicheren, modernen Reiseziels mit kultureller Tiefe.

Neue Flugrouten und internationale Vernetzung

Diese Dynamik spiegelt sich in der Luftfahrt wider. Die kasachische Fluggesellschaft SCAT Airlines plant direkte Verbindungen nach Israel, die Tel Aviv mit Städten wie Schymkent und Almaty verbinden sollen. Solche Routen machen Zentralasien erstmals bequem erreichbar und vertiefen zugleich die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen.

Parallel stärkt Kasachstan seine Rolle als diplomatischer Gastgeber. Internationale Foren und Gipfeltreffen finden zunehmend in Astana statt. Das Land präsentiert sich als neutraler Boden für Dialoge zwischen unterschiedlichen politischen Lagern – ein Anspruch, der bewusst an das Modell der Schweiz erinnert.

Die „neue Schweiz“ mit offenen Baustellen

Der Vergleich mit der Schweiz ist ambitioniert, aber nicht unbegründet. Kasachstan setzt auf Neutralität, Stabilität, internationale Vernetzung und wirtschaftliche Offenheit – allerdings im Maßstab Eurasiens. Gleichzeitig bleiben Herausforderungen bestehen: ungleiche Infrastrukturentwicklung, Umweltfragen und geopolitische Risiken in der Nachbarschaft.

Doch der Trend ist eindeutig. Kasachstan nutzt seine Lage, seine Ressourcen und seine Diplomatie geschickt. Der Staat bewegt sich sichtbar aus dem Schatten und hinein in eine Rolle, die ihn dauerhaft zu einem zentralen Akteur zwischen Europa, Asien und dem Nahen Osten machen könnte.


Autor: Redaktion
Bild Quelle:


Dienstag, 23 Dezember 2025

haOlam via paypal unterstützen


Hinweis: Sie benötigen kein PayPal-Konto. Klicken Sie im nächsten Schritt einfach auf „Mit Debit- oder Kreditkarte zahlen“, um per Lastschrift oder Kreditkarte zu unterstützen.
empfohlene Artikel
weitere Artikel von: Redaktion
Newsletter


meistgelesene Artikel der letzten 7 Tage