Taipeh: Israeli ermöglicht Flucht vor Messerangreifer und verhindert weitere OpferTaipeh: Israeli ermöglicht Flucht vor Messerangreifer und verhindert weitere Opfer
Mitten im Chaos eines Terrorangriffs entscheidet sich ein Israeli für das Naheliegende. Er öffnet seine Tür und rettet Leben. Was für ihn selbstverständlich war, macht ihn in Taiwan zum Symbol von Mut.
Als am vergangenen Wochenende Panik durch die Straßen von Taipeh raste, entschied sich Schagi Jehudai nicht für Flucht. Er entschied sich für Verantwortung. Der Israeli, der seit zwei Jahren in Taiwan lebt und arbeitet, befand sich in seinem Geschäft, als ein bewaffneter Angreifer mit Messer und Rauchgranaten drei Menschen ermordete und mehr als zehn weitere verletzte. Der Täter wurde später tot aufgefunden, nachdem er sich während einer Polizeiverfolgung von einem Gebäude gestürzt hatte.
In diesen Minuten der Ungewissheit tat Jehudai etwas, das für viele in Israel fast instinktiv wirkt, in Taiwan jedoch alles andere als selbstverständlich ist. Er schloss sein Geschäft nicht. Er öffnete es.
Zunächst war unklar, was überhaupt geschah. Sirenen, Einsatzfahrzeuge, Gerüchte. Jehudai erkannte, dass etwas Außergewöhnliches im Gange war, doch das Ausmaß offenbarte sich erst, als eine Frau in sein Geschäft stürzte. Sie berichtete von leblosen Körpern, von Blut auf dem Boden. Da wurde klar, dass sich ein Angreifer noch frei bewegte.
Während umliegende Geschäfte ihre Rollläden herunterließen und Menschen fluchtartig den Bereich verließen, ließ Jehudai die Tür offen. Innerhalb weniger Minuten suchten rund zehn Menschen Schutz in seinem Laden. Verängstigt, schockiert, orientierungslos. Für sie wurde dieser Raum zum sicheren Ort.
Jehudai beschreibt sein Handeln nüchtern. Kein Heldentum, keine große Geste. Es sei ein israelischer Reflex gewesen, sagt er. Eine Haltung, geprägt von Erfahrungen aus einem Land, in dem Terror nicht abstrakt ist, sondern Teil der Realität. Er habe Bilder im Kopf gehabt, die ihn an frühere Situationen in Israel erinnerten. Er habe einfach menschlich reagiert.
Der Anschlag traf Taiwan unvorbereitet. Gewalt dieser Art ist dort selten. Die Menschen vor Ort seien völlig überfordert gewesen, erzählt Jehudai. Die Reaktion der Sicherheitskräfte sei aus seiner Sicht langsam gewesen, die Lage lange unübersichtlich. Umso größer war die Angst derjenigen, die bei ihm Schutz suchten.
Was folgte, überraschte ihn selbst. Eine der Geretteten veröffentlichte einen Beitrag in den sozialen Netzwerken. Die Geschichte verbreitete sich. Am nächsten Tag standen Journalisten in seinem Geschäft. Passanten bedankten sich auf der Straße. Jehudai wurde zu einer bekannten Figur, ohne es je gewollt zu haben.
In den Berichten wurde ausdrücklich erwähnt, dass er Israeli ist. Viele wollten verstehen, warum ausgerechnet er offen blieb, während andere schlossen. Seine Antwort war einfach. Wer aus Israel komme, wisse, wie man in solchen Momenten handle. Nicht aus Mut, sondern aus Erfahrung. Jeder seiner israelischen Kollegen hätte genauso reagiert.
Der Anschlag selbst bleibt in vielen Punkten ungeklärt. Über das Motiv des Täters ist bislang nichts bekannt. Für die Opfer und ihre Angehörigen ist das zweitrangig. Drei Menschen verloren ihr Leben. Eine Stadt verlor ein Stück ihrer Unschuld.
Doch mitten in dieser Gewaltgeschichte steht ein Gegenbild. Ein Mann, der nicht wegschaut. Der nicht kalkuliert. Der nicht fragt, ob es seine Aufgabe ist. Sondern handelt. Still, pragmatisch, ohne Pathos.
Für Israel ist diese Geschichte vertraut. Für Taiwan ist sie neu. Für die Geretteten wird sie unvergesslich bleiben. In einer Situation, in der Sekunden über Leben und Tod entschieden, war eine offene Tür der Unterschied.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot
Freitag, 26 Dezember 2025