Deutsche Medien und die Entführung der drei juüdischen Jugendlichen: ... dann lasst es doch ganz sein ...

Deutsche Medien und die Entführung der drei juüdischen Jugendlichen:

... dann lasst es doch ganz sein ...


... dann lasst es doch ganz sein ...

Was Deutsche Medien unter einer “ausgewogenen Berichterstattung” über den sog. Nahostkonflikt verstehen, zeigten sie im Laufe des letzten Wochenendes deutlich. Wie dort über die Verschleppung von drei israelischen Jugendlichen durch Terroristen berichtet wurde, führt nur zu einer einzigen Schlußfolgerung.

Am späten Sonntagabend twitterte der Nachrichtensender n-tv “#BringBackOurBoys: Hashtag befeuert Nahostkonflikt”. Die Hamas entführt drei israelische Jugendliche und Israel wird seit Tagen wieder aus Gaza mit Raketen beschossen, aber für die n-tv Redaktion befeuert ein Hashtag der Israelis den Nahostkonflikt.

#BringBackOurBoys: Hashtag befeuert Nahostkonflikt n-tv.io/60ZVtx—
n-tv (@ntvde) June 15, 2014

Das ist der vorläufige Tiefpunkt der Berichterstattung über die verschleppten israelischen Teenager in den Deutschen Medien. Was sich in den vergangen 72 Stunden für tiefe Abgründe aufgetan haben, hätte ich mir in meinen wildesten Träumen nicht ausmalen können. Fangen wir aber von vorne an.

Donnerstagabend wurden Gilad Shaar (16), Naftali Frenkel (16) und Eyal Yifrach (19) aus einer israelischen Siedlung nahe Hebron, mit großer Wahrscheinlichkeit, von Terroristen verschleppt. Israelische Medien berichteten über den Fall bereits am nächsten Morgen. Die internationale Presse übernahm die Story im Laufe des Freitags. Wobei “internationale Presse” in diesem Zusammenhang nicht ganz richtig ist. Es gab eine Ausnahme: die Deutschen Medien- und Pressevertreter.

Gab man bei Google News Deutschland die Suchbegriffe “Israel Entführung Westjordanland” ein, so spuckte die Suche exakt sieben(!) Meldungen in deutscher Sprache zu dem Thema aus. Über die Entführung konnte man auf solchen “besucherstarken” Seiten wie RP ONLINE, AZ München, DW.de und Ad-Hoc-News etwas lesen. Bei den populärsten Nachrichtenseiten der Republik wie SPON, SZ, ZEIT, taz, FR, FAZ, FOCUS oder STERN herrschte jedoch verdächtige Ruhe.

 

Foto: Screenshot

 

Google News Deutschland Freitagnacht: genau sieben deutschsprachige Artikel über die Entführung

Hingegen konnte man bei Google News USA mit den Suchbegriffen “Israel Westbank Abduction”, 322 Artikel zu der Meldung finden. Darunter ABC News, New York Times, Huffington Post, NBC News und die Washington Post. Wohlgemerkt, zur selben Zeit als in Deutschland ganze sieben Seiten eine Agenturmeldung der AFP übernommen hatten.

 

Foto: Screenshot

 

Woran lag es, dass die Deutschen Medien sich für diese Geschichte nicht interessierten? Warum berichteten die renommiertesten internationalen Medien über diesen Vorfall aber keines der Mainstreammedien in Deutschland? Lag es etwa daran, dass es sich bei den Verschleppten um Juden und nicht um Palästinenser handelte? Von Hamburg bis München sind die Redaktionen sonst so penibel und schnell jede Entwicklung im Nahostkonflikt prominent auf ihren Seiten zu featuren. Gilt das nur wenn es sich bei den vermeindlichen Opfern um Palästinensern handelt und die Täter Juden sind?

Seit Samstag – ca. 36 Stunden nach den ersten Meldungen – beantworten die Deutschen Medien diese Fragen mehr als deutlich.

Während in Gaza und der Westbank die Entführung mit Tänzen und der Verteilung von Süssigkeiten gefeiert wurde, titelte SPON:

“Israels Premier bezichtigt die Palästinenser der Entführung”

Inhaltlich stimmte die Schlagzeile, aber man hätte die Geschichte z.B. auch mit “Entführung im Westjordanland: drei israelische Jugendliche verschwunden” oder “Israel sucht nach entführten Jugendlichen” betiteln können. Stattdessen agiert bei den Al-Alster-Brigaden von SPON stets der Jude.

Im Artikel heisst es dann:

“Das Verschwinden der Jugendlichen belastet die ohnehin sehr angespannten Beziehungen zu den Palästinensern.”

Auch hier wird dem Leser erklärt, jegliche Aktion geht von Israel aus. Selbst wenn Israelis von Palästinensern entührt werden, werden nicht die Beziehungen der Palästinenser zu Israel belastet, sondern andersherum.

Ins gleiche Horn stieß man bei der Online-Redaktion der Deutschen Welle. Dem Leser wird erklärt, dass die Situation [die Entführung] “durch die jüngsten Spannungen zwischen Israel und der Palästinenserbehörde verschärft” wird. Denn “am Mittwoch wurde ein Bewohner des Gazastreifens bei einem Luftangriff der israelischen Armee getötet”. In einfachen Worten ausgedrückt: Israel hat die Entführung provoziert und trägt somit eine Mitschuld.

Da diese Opfer-Täter-Umkehr grenzdebil ist, werde ich erst gar nicht darauf eingehen. Viel interessanter ist die Formulierung “ein Bewohner des Gazastreifens” wurde “bei einem Luftangriff der israelischen Armee getötet”. Wer aber war dieser ominöse “Bewohner” dessen Identität uns DW.de vorenthält?

Dieser “Bewohner” Gazas war ein militanter Extremist und verantwortete mehrere Raketenbeschüsse auf den Süden Israels in den Tagen zuvor. Palästinensischen(!) Augenzeugen zufolge war der 25 Jährige Mitglied einer kleinen terroristischen Gruppe in Gaza mit Verbindungen zu Al-Qaida.

Dort wo man sonst so penibel zwischen “Israelis” und “Siedler” unterscheidet, macht man sich nicht die Mühe zwischen einem einfachen “Bewohner” und einem “Terroristen” zu differenzieren. Indem man bei DW.de diese (nicht unwichtigen) Details weglässt und aus dem Terroristen einen gewöhnlichen “Bewohner” konstruiert, kann der Narrativ vom bösen Israeli/guten Palästinenser weiter vorangetrieben werden.

Schließlich erbarmten sich am Sonntagabend auch die Hauptnachrichtensendungen von ARD und ZDF und berichteten auf ihre Art und Weise über den Fall. Die Tagesschau stach hier besonders hervor und erreichte einen vorher nicht vorstellbaren neuen Tiefpunkt. Der ARD-Korrespondent, Richard C. Schneider, erklärt:

“Premier Netanjahu versucht nun aus der Entführung politisches Kapital zu schlagen.”

Den Bericht schließt er mit folgenden Worten ab:

“Israels Premier Netanjahu wird mit allen Mitteln sein politisches Ziel weiterverfolgen, vor allem den Amerikanern zu beweisen, dass die Anerkennung der palästinensischen Einheitsregierung ein Fehler war. Sollte ihm dies gelingen, würden Präsident Obama und Aussenminister Kerry wohl keine Chance mehr haben Netanjahu zu neuen Friedensverhandlungen bewegen zu können.”

Es ist wohl nur in der Parallelwelt Deutscher Nahost-Korrespondenten möglich davon auszugehen, dass ein demokratisch gewählter Regierungschef von der Gefährdung der Sicherheit der eigenen Bevölkerung profitiert. Die einzigen die danach trachten politisches Kapital in der eigenen Bevölkerung zu schlagen, sind die Terroristen der Hamas.

Allein seit 2013 wurden 64 Entführungsversuche der Hamas durch Kräfte der IDF und ISA verhindert. Entführungen israelischer Bürger gehören zu einer breit angelegten Strategie der palästinenischen Terrorgruppen. Die Opfer dieser Verschleppungen sollen als Verhandlungsmaße dienen um in Israel verurteilte Palästinenser freizupressen und sich so Sympathien bei der eigenen Bevölkerung zu sichern. Diese Fakten dürften auch Richard C. Schneider hinlänglich bekannt sein.

Dennoch gelingt es ihm den Spieß umzudrehen und die Entführung auf niederträchtigste Art und Weise als etwas positives für die Netanjahu-Regierung darzustellen. Vielleicht sollte jemand Richard C. Schneider erklären, dass die Entführung von drei Jugendlichen nicht nötig sei um Präsident Obama und Aussenminister Kerry zu beweisen, dass die Anerkennung der Famas-Regierung ein Fehler war.

Die zehntausende auf Israel abgeschossenen Raketen aus Gaza seit 2006 sind Beweis genug. Ein Blick in die Charta der Hamas ist Beweis genug. Selbst das Durchlesen der eigenen Gesetzgebung, dürfte Präsident Obama und Aussenminister Kerry Beweis genug sein. Denn dort heisst es ganz klar, dass jede palästinensische Führung an der die Hamas direkt oder indirekt beteiligt ist, keine Finanzierungen aus den USA erhalten darf.

Aber das worüber sich Schneider am meisten echauffiert ist die Wahrscheinlichkeit, dass wenn Präsident Obama und Aussenminister Kerry sich davon überzeugen, dass die Famas-Regierung anzuerkennen ein Fehler gewesen sei, der “Hardliner” Netanjahu nicht mehr zu Friedensverhandlungen bewegt werden könnte. Wieder agiert der Israeli. Die Entführung von israelischen Kindern durch eine der beiden Parteien der Famas-Regierung, stellt hingegen für Schneider keinen Beweis für die Friedensunfähigkeit der aktuellen palästinensischen Führung dar.

Womit wir wieder bei n-tv und dem gefährlichsten Hashtag der jüngeren Nahost-Geschichte wären. Die vergangenen 72 Stunden haben mir sehr deutlich vor Augen geführt, was die deutsche Presse- und Medienlandschaft unter einer ausgewogenen Berichterstattung über den sog. Nahostkonflikt versteht. Über den israelisch-palästinensischen Konflikt “ausgewogen” zu berichten, bedeutet in Deutschland ausschließlich aus palästinensischer Sicht zu berichten. Die israelische Position wird nur dann interessant, wenn sie als ein Friedenshindernis (indem Häuser gebaut werden) oder Provokation (indem Häuser gebaut werden) gegenüber den Palästinensern dargestellt werden kann.

Die linke Tageszeitung Ha’aretz (Marktanteil unter 5%) wird in 99% aller in Deutschland erscheinenden Artikel über Israel als einzige vorhandene journalistische Quelle herangezogen. Der überwältigende Teil der Israelis, die von deutschen Medien interviewt werden, zählen sich selbst zum linken bzw. zum links-extremen Spektrum. Viele davon haben gar nur einen israelischen Pass oder sind schlicht (Alibi-)Juden, die noch nie länger als eine Woche in Israel verbracht haben. Diese Personen legtimieren jedoch die Positionen die in den Redaktionen Deutscher Presseoutlets vorherrschen und verleihen diesen somit mehr Glaubwürdigkeit. Der Narrativ böser Israeli/guter Palästinenser wird seit mindestens 20 Jahren dogmatisch in Deutschland verbreitet. Am besten lässt sich das nicht an den Inhalten der Artikel der letzten Tagen erkennen, sondern an der Bebilderung.

Wenn ein Kind entführt wird dann dauert es nicht lange und alle Meldungen, Artikel, Fernsehberichte eröffnen mit einem Bild des Kindes. Sie schaffen eine emotionale Bindung zwischen Story und Leser/Zuschauer. “Giving a face to the story” (der Geschichte ein Gesicht geben) heisst es im Fachjargon. Der Konsument soll emotional involviert sein um sich noch mehr für die Geschichte zu interessieren. Daher kennt auch jeder in Deutschland Peggy Knobloch und weltweit sogar jeder Maddie MacCan.

Für durch Terroristen entführte Israelis gibt es in Deutschland aber eine Ausnahmeregelung. Nicht eine einzige Deutsche Nachrichtenseite oder Nachrichtensendung zeigte Bilder von den drei verschleppten 16 bis 19 Jährigen. Bei SPON und DW blickt Netanjahu ganz niederträchtig und Böse auf den Leser herab. Bei einem anderen Artikel zum Thema auf SPON, bekommt der Leser das Bild eines IDF-Soldaten gezeigt, wie er einen palästinensischen Verdächtigen abführt.

Ebenso bei der Tagesschau. Hinter der Sprecherin füllt das Bild schwerbewaffneter IDF-Soldaten den gesamten Bildschirm aus. Im Bericht selbst werden ausschließlich die Aktionen der IDF in Hebron gezeigt. Auf eines der Bilder kann man eine verschreckte Frau mit Kopftuch erkennen. Von den Eltern der verschleppten Jugendlichen, die sich bereits am Samstag vor laufenden Kameras mit einem Appell an die Öffentlichkeit gewendet haben, war hingegen nichts zu sehen. Ob Fernsehen, Presse und Internet ebenso die Jugendlichen und deren Eltern ignoriert hätten, wenn es Palästinenser gewesen wären? Wohl kaum!

Da diese Art von Berichterstattung über den Nahostkonflikt ganz und gar nicht ausgewogen ist und man in sämtlichen Redaktionsstuben an diesem Wochenende klargemacht hat, dass man kein Interesse daran hat die Art und Weise wie darüber berichtet wird zu ändern, möchte ich allen Deutschen Medien einen Vorschlag unterbreiten um sich zukünftig jeglicher Kritik und Zweifel an der Objektivität solcher Berichterstattung aus dem Weg zu gehen: lasst es einfach ganz sein!

Berichtet weder über die Israelis noch über die Palästinenser. Holt alle Israel-/Nahost-korrespondenten wieder heim. Ignoriert dieses kleine Flecken Erde. Mit knapp 150 anderen Staaten tut ihr das doch auch. Denn wenn ihr nicht wollt oder in der Lage dazu seid diesen Konflikt objektiv, ethisch und mit Fakten unterlegt von beiden Seiten zu zeigen, dann lasst es einfach ganz sein!

 

Die Meshuggestan-Protokolle

 

Lesen Sie hierzu auch:

 

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Autor: fischerde
Bild Quelle:


Montag, 16 Juni 2014

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