Ein arabischer Kindergarten im Norden Israels: Hier engagiert sich der Dresdner Farid Galal ein Jahr lang als Freiwilliger.

Ein arabischer Kindergarten im Norden Israels:

Hier engagiert sich der Dresdner Farid Galal ein Jahr lang als Freiwilliger.


Hier engagiert sich der Dresdner Farid Galal ein Jahr lang als Freiwilliger.

Israel ist ein unglaublich facettenreiches Land und es ist immer wieder erstaunlich, wie die Menschen trotz unterschiedlicher Meinung und Kultur hier miteinander leben können. Ich habe mich ganz bewusst für die Arbeit in einer arabischen Stadt Israels entschieden. Zuvor hatte ich mich mit Hilfe von www.VoluNation.com über die Möglichkeiten weltweiter Freiwilligenarbeit informiert.

Ich lebe in einer arabischen Umgebung und da ich einen ägyptischen Großvater habe, war die Umstellung für mich nicht zu groß und auch in der Kultur fand ich mich relativ schnell zurecht. Shefa´ Amr ist eine arabische Stadt im Norden Israels. Ein Großteil der hier lebenden Bevölkerung sind arabische Christen. Es leben hier auch relativ viele Drusen, sunnitische Muslime und Beduinen. Das Zusammenleben dieser vier Gruppen ist wirklich sehr interessant und faszinierend. Wie überall gibt es zwar auch hier Konflikte zwischen den Gruppen, jedoch habe ich den Eindruck, dass das Zusammenleben hier sehr gut funktioniert und dass die unterschiedlichen Gruppen sehr viel Toleranz füreinander haben. Das sieht man auch daran, dass es zwar christliche und muslimische Schulen gibt, jedoch sind die Schüler in diesen Schulen meistens gemischt. Ein Nachbar von mir, der auf eine griechisch-katholische Schule geht, erzählte mir, dass auf seiner Schule auch viele Muslime sind und dass es eigentlich die Regel ist, dass die Schulen gemischt sind. Auch der Kindergarten, in dem ich arbeite, ist gemischt.

Viele Aufgaben im Kindergarten

Ab meinem ersten Arbeitstag wurde ich sowohl von den Kindern als auch von den Erzieherinnen unglaublich herzlich willkommen geheißen. Die Kinder stürmen sofort auf einen zu. Sie freuen sich unglaublich und begrüßen dich mit Geschrei und vielen Küssen.

Mein Tagesablauf sieht wie folgt aus: Ich stehe meistens gegen 7 Uhr auf. Nachdem ich etwas gegessen habe und 5 Minuten bis zu meiner Schule gelaufen bin, stehe ich schon in meiner Kindergartenklasse. Dort werde ich in der Regel stürmisch und laut von einer Horde Kinder begrüßt. Es ist jedes Mal eine kleine Freude, wenn ich die Tür zum Klassenzimmer öffne.

Sobald ich angekommen bin, trinke ich erst mal eine Tasse Kaffee oder Tee und führe einen kleinen Smalltalk mit den Erzieherinnen in meiner Klasse. Konversation und kleine Gespräche sind im arabischen Kulturkreis sehr wichtig und es ist eher unhöflich, wenn man sich bei einer Begegnung nicht die Zeit nimmt. Die Floskeln und Sätze, die man dafür braucht lernt man sehr schnell und selbst wenn man kein Arabisch spricht, kann man sich doch noch irgendwie verständigen. Man redet meistens über das Wohlbefinden des Gesprächspartners und die neusten Nachrichten in der Umgebung.

Nach diesem Ritual, beschäftige ich mich mit den Kindern aus meiner Gruppe. Wir basteln, backen, machen Salate und manchmal spielen wir einfach nur. Besonders letzteres bereitet den Kindern viel Freude. Sie involvieren mich immer ganz aufgeregt in ihre Spiele und so entstehen Häuser aus Stühlen, Restaurants aus Tüchern und Puppengeschirr und Zoos aus Bauklötzen und Spielzeugtieren. Danach singen die Erzieherinnen in einem Kreis mit den Kindern und machen kleine Spiele und wer die kleinen Aufgaben gemeistert hat, die sich die Erzieherinnen und ich jeden Tag ausdenken, darf sich an die Tür stellen und dort warten, bis es mit den anderen nach draußen geht.

Während die Kinder draußen spielen, bereite ich das Essen vor. Wenn danach noch etwas Zeit ist, gehe ich meistens auch nochmal schnell raus, um etwas frische Luft zu schnappen. Dann wird gegessen. Damit ist der Tag schon fast um, allerdings wird nach dem Essen noch eine Geschichte erzählt. Ich wasche in der Zeit meistens mit zwei Kindern ab. Das Abwaschen ist ein begehrter Job in meiner Gruppe, da jedes Abwaschen in einem großen Plantschen im Waschbecken endet. Wenn dann die ersten Eltern kommen, um ihre Kinder abzuholen, wird noch geputzt. Sobald die meisten Kinder abgeholt wurden, denken wir uns noch kleine Spiele aus, um den wartenden Kindern die Zeit zu vertreiben. Jeden Tag gibt es natürlich etwas Neues. Wir machen viele Ausflüge, musizieren an einigen Tagen und Feste und Feiertage werden auch gefeiert.

Alltag, Gastfreundschaft und kulturelle Besonderheiten

Ich finde es stark, mit wie viel Mühe sich die Lehrerinnen und Erzieherinnen um die Kinder und uns Freiwillige kümmern. Noch immer treffen wir auf unglaubliche Gastfreundlichkeit und lauter kleine Nettigkeiten. Wir wurden sogar zu einem Kindergeburtstag von dem Kind einer Lehrerin eingeladen. Wir Freiwilligen aus Deutschland kamen natürlich viel zu früh, denn was wir nicht beachtet hatten war, falls eine arabische Familie um sieben Uhr zum Essen einlädt, will sie eigentlich, dass man frühestens um acht Uhr auftaucht. Es ist erst recht kein Problem, wenn man noch später kommt. Wir haben dies allerdings nicht bedacht und standen Punkt sieben auf der Matte. Uns war das zwar etwas unangenehm, aber die Gastgeber haben nur gelacht und sich über ein paar mehr helfende Hände gefreut. Als dann alles fertig und angerichtet war, bog sich der Tisch schon förmlich unter der Last des vielen Essens.

Ein weiteres Beispiel für die Gastfreundschaft: Wir waren in der Westbank (Palästina) und wollten über Nazareth mit dem Bus nach Schefa´ Amr. Es war schon sehr spät und wir sehr müde. Wir stiegen in einen Bus, von dem wir annahmen, dass er uns nach Nazareth bringen würde. Das tat er nicht. Stattdessen fuhr er in einen Vorort, der Nazareth Illit hieß. Wir waren todmüde und realisierten erst, dass wir falsch waren, als der Busfahrer verwirrt nach hinten schaute und uns fragte, wo wir denn eigentlich hin wollten. Als wir Nazareth sagten, schaute er uns verständnislos an und fing sofort an, sich wild mit dem letzten Fahrgast zu unterhalten, der außer uns noch im Bus saß. Sie unterhielten sich auf Arabisch. Es wurde sehr schnell klar, dass kein Bus mehr nach Nazareth oder Schefa´ Amr fuhr. Als wir ausgestiegen sind, waren wir schon drauf und dran, bis nach Nazareth zu laufen, um von da aus zu versuchen, zu trampen. Uns war klar, dass um diese Uhrzeit wohl kaum jemand noch nach Schefa´ Amr fährt. Wir machten uns schon auf eine sehr lange und extrem anstrengende Nacht gefasst, als uns der junge Mann, der außer uns noch im Bus war, auf uns zu kam und uns ansprach. Er fragte wo wir denn hin wollen und ob er uns helfen könnte. Wir erklärten unsere Lage und fragten ihn, in welche Richtung denn Nazareth liegt. Er antwortete nicht, sondern sagte nur: „Es ist zu spät, um noch nach Schefa´ Amr zu fahren. Kommt lieber mit in mein Haus, übernachtet dort und morgen früh könnt ihr mit dem Bus fahren." Wir zögerten und wollten uns eigentlich nicht dermaßen aufdrängen, vor allem, weil wir den jungen Mann nicht kannten. Bevor wir antworten konnten, fanden wir uns schon zusammen mit seinem Bruder in einem Auto wieder und waren geradewegs auf dem Weg in sein Haus. Es war für uns unfassbar.

Wir fuhren durch kleine arabische Ortschaften, bis wir uns auf einmal an einem Ort wiederfanden, der sich Kafr Kanna nannte. In der Bibel ist er als Kanaa bekannt. Wir wurden unglaublich freundlich mit Tee, Brot und kleinen Speisen empfangen. Es war 23 Uhr und wir waren wildfremde Leute für diese Familie. Die Familie, bei der wir Zuflucht fanden, war sehr religiös und lebte in einem einfachen, aber schönen Haus. Obwohl sie selber in schlichten und einfachen Verhältnissen lebten, bemühten sie sich, dass wir uns so wohl wie möglich fühlten. Das gelang ihnen auch und wir hatten ein wirklich schlechtes Gewissen, dass wir ohne eine Gegenleistung so umsorgt wurden. Die Mutter der Familie erzählte viel von ihren fünf Söhnen und dass sie in ihrem Haus schon oft Volontäre oder Gäste aus Europa hatte. Sie freute sich sehr über unseren nächtlichen Besuch und machte gleich klar, dass wir jederzeit wieder herzlich willkommen sind. Wir waren immer noch geschockt, wie plötzlich das alles passierte. Nach einem ausgiebigen schönen Essen gingen wir schlafen. Am nächsten Morgen tranken wir noch Tee, bedankten uns vielmals und gingen zum Bus. Auf dem Weg nach Hause waren wir noch ganz erfüllt von so viel Gastfreundlichkeit.

Über VoluNation
VoluNation ist Spezialist für weltweite Freiwilligenarbeit. Neben einem umfassenden Beratungsangebot bietet VoluNation kurzfristig buchbare Freiwilligenprojekte in mehreren Staaten Afrikas, Asiens und Südamerikas an. Weitere Informationen sind im Internet unter www.VoluNation.com erhältlich.

 

Foto: VoluNation

 

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Autor: fischerde
Bild Quelle:


Dienstag, 08 Juli 2014

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